STEREO GUIDE Testurteil
Die Cambridge Audio Melomania A100 klingen extrem ausgewogen und machen gerade Gesangstimmen zum Vergnügen. Und auch der Bass hat Punch und Tiefgang – allerdings nur bei aktiviertem ANC. Ohne Noise-Cancelling klingt der In-Ear etwas dünn.
Vorteile
- Hervorragend ausgewogener Klang
- Tiefer, sauberer Bass mit gutem Punch
- Feine Hochton-Auflösung
- Lange Spielzeit
Nachteile
- Die Ohr-Adapter passen nicht allen
- Noise-Cancelling nicht so effektiv
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Natürlichkeit / Transparenz9.3
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Bass / Dynamik9.3
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Praxis / Connectivity8.5
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Preis/Leistung9.8
Nachdem Cambridge Audio in das Segment der True-Wireless-Hörer mit Active Noise-Cancelling (ANC) mit dem Erstling Melomania M100 (hier geht es zum Testbericht) erstaunlich erfolgreich gestartet war, hatten viele auf einen günstigere Variante ohne aktive Geräsuchunterdrückung gehofft. Etwas überraschend kam aber das Testmuster des neuen Melomania A100 in die Redaktion, der mit rund 140 Euro eine ganze Kante erschwinglicher ist, den „britischen Klang“ aber weiterhin mit aktiver Lärmunterdrückung verbindet.
Größster Unterschied: Der Melomania A100 orientiert sich an der Lollypop-Form der Apple Airpods Pro und nicht am Earbud-Design der M100. Die Akkulaufzeit ist nicht mehr ganz so enorm, aber mit bis zu 11 Stunden (ohne ANC) immer noch vorbildlich. Neben verbesserten Mikrofon- und Spracheigenschaften versprechen die Briten einen Wasserschutz nach IPX5, der den A100 schon fast zum Sporthörer machen könnte.
Bei der klangrelevanten HiFi-Technik steht der Neue seinem Schwestermodell übrigens in nichts nach: analoger Class-A/B-Verstärker, hochwertige Codecs aptX Lossless und LDAC mit Auflösungen von bis zu 96 kHz und 24 Bit stehen in seinem Datenblatt. Wir machen uns mit Vorfreude an den Test.

Maximum an Klangtechnik
Die echten Class-A/B-Verstärker, wie man sie von Heim-HiFi-Komponenten der Briten kennt, verbrauchen traditionell mehr Strom als Schaltverstärker (Class D). Deshalb sinkt die Betriebsdauer der Melomania A100 mit aktiviertem ANC auf immer noch stolze 6,5 Stunden.
Die Micro-Amps treiben Membranen von 10 Millimeter Format an, also für einen kompakten In-Ear ziemlich große Treiber.
Für die Klangqualität relevant ist aber auch die Zuspielung entsprechend hochwertiger Streams, da bei vielen Standard-TWS der niedrigste Codec SBC traditionell einen Flaschenhals darstellt. Hier vermeldet Cambridge Vollausstattung aus audiophiler Sicht: LDAC für ausgewählte Smartphones, aptX Lossless für die aktuelleren Geräte mit Qualcomm-Chip sowie AAC für die Apple-Welt. Besser geht es nicht!
Praxis und das Case
Das Batteriecase ist gegenüber den M100 flacher, runder und ergonomischer geraten. Obwohl es ein wenig mehr in die Höhe baut, lässt es sich gut in der Hosentasche transportieren. Die beiden Lollypop-Hörer halten sich darin dank Magnetkraft ziemlich fest. Sie lassen sich aber trotzdem gut entnehmen. Der Akku liefert mehrfaches Nachladen, womit man auf bis zu 39 Betriebsstunden unabhängig von der Steckdose kommt. Für den Reiseeinsatz fast noch wichtiger: Mit nur 10 Minuten Ladezeit an einem USB-Netzteil gibt es bei leerem Case und leeren Hörern stolze 3 Stunden Musikgenuss.
Bei den mitgelieferten Gummiadaptern wurde wohl etwas der Rotstift angesetzt: Es gibt nur Silikonlippen in drei Größen. Und die „S“-Adapter werden wohl viele eher als „M“ empfinden, so dass Besitzern kleiner Ohrkanäle unbedingt eine Anprobe anzuraten ist. Das macht aber auch grundsätzlich Sinn, da die Schallkanäle bei den Cambridge Melomania A100 ellyptisch geformt sind, während der Rest der Earphones-Welt auf runde Kanäle setzt.
Bei Hörern mit kleinem Stick sollte man insbesondere auf einen sicheren Sitz achten, damit sich die Hörer nicht selbst aus dem Gehörgang drücken, sobald der Träger sich bewegt.

Bedienung und App
Hervorragende Praxisnoten gibt es bei der Bedienung, obwohl der Funktionsumfang auf das Sinnvolle beschränkt bleibt: Auch die Cambridge Melomania A100 werden über Touchflächen jeweils auf der linken und der rechten Kapsel gesteuert. Die Belegung lässt sich über die App gut individualisieren.
Die Cambridge Melomania Connect App muss zunächst im App Store oder Google Play Store gefunden werden, was aufgrund zweier unterschiedlicher Versionen für die alte und die neue Generation Melomania etwas verwirrend sein kann. Einmal installiert (Expertentipp: Die Version mit dem orangen Cambridge-Logo ist die richtige), gelang die Verbindung vorbildlich schnell und stressfrei. So wünschen wir uns das auch von anderen Herstellern!
7-Band-Equalizer mit Klang-Presets
Das Highlight der App ist der 7-Band-Equalizer, der mit ein wenig Vorwissen in tontechnischen Dingen eine perfekte akustische Anpassung an Ohrkanal und Hörgeschmack ermöglicht. Neben den sechs abrufbaren Presets kann man sich auch eigene Kurven speichern und benennen. Besser kann man das kaum umsetzen!
Ebenso vorbildlich lassen sich die Touch-Kommandos von linkem und rechtem Earbud frei programmieren oder einzelne davon deaktivieren. Noise-Cancelling und Transparenzmodus sind in der App auch umschaltbar, wobei man ersteren noch einmal in drei Stufen in der Intensität verändern kann. Wer mit seinen Freund*innen gemeinsam hören oder nur einen In-Ear verwenden möchte, kann den A100 auf Mono-Wiedergabe umschalten. Zudem gibt es einen Gaming-Modus für geringe Latenzen, was auch zum lippensynchronen Filmenschauen sehr praktisch ist.
Ansonsten bleibt die App auf Standardfunktionen wie Firmware-Update und Anzeige der Batteriestände beschränkt.






So gut sind Noise-Cancelling und Transparenzmodus
Das ANC lässt sich in der App zwischen drei Stufen umschalten. Dabei zeigt nur die oberste Stufe eine spürbare Wirkung im unteren und mittleren Frequenzbereich. Doch auch mit maximalem Noise-Cancelling fällt die Wirkung gegen Lärm durchschnittlich bis subtil aus. Immerhin muss man die Wiedergabe-Lautstärke nicht so weit aufdrehen, um normalen Umgebungslärm zu übertönen. Allerdings führt die geänderte Abstimmung mit aktivem ANC zu einem insgesamt satteren, volleren Klang. Und was das Noise-Cancelling wirklich gut ausblendete, war das Rauschen des zwei Meter entfernten Ventilators auf Stufe zwei, ohne den ich diese Zeilen bei Raumtemperaturen von über 32 Grad Celsius vermutlich erst im Herbst fertigbekommen hätte.

Sound-Test: So klingen die günstigen ANC-In-Ears von Cambridge
Schon nach wenigen Takten war ich im wahrsten Wortsinn bass-erstaunt. Die kleinen Earbuds mit den langen Stilen boten eine ebenso satte wie differenzierte Tiefton-Wiedergabe. Und nicht nur das. Was wäre ein punchiger, dabei ausgesprochen tiefreichender Bass ohne entsprechende Klanggüte im Mittel-Hochtonbereich wert? Und auch hier liefert der neue Bluetooth-In-Ear von Cambridge Audio. Stimmen konnten sich ohne das Gefühl von störenden Verfärbungen mit allem Flair entfalten. Das Gleiche galt für akustisch aufgenommene Instrumente wie Violine, Saxophon oder Klavier. Vor allem die beiden erstgenannten profitierten nicht nur von der sehr natürlichen Mittenwiedergabe, sondern auch von den feinen, gut aufgelösten Höhen, die sich harmonisch ohne den Hauch von Schärfe ins Klangbild einfügten.
Akustische Songs wie „Liberty“ von Anette Askvik, der Markenbotschafterin der High End Messe 2025 in München konnten sich mit einer wohligen Gänsehaut-Stimmung entfalten. Dabei kam auch ein abgrundtiefes Bass-Fundament zum Ausdruck, das so mancher Mitbewerber glatt ausblendet. Hier überzeugten einmal mehr sowohl Grob- als auch Feindynamik. Ebenfalls beeindruckte mich die hohe Transparenz und der vor allem zu den Seiten hin weite Raum, der dem natürlichen Hörempfinden im Konzert oder mit Lautsprechern mehr entgegen kommt, als die Raumdarstellung üblicher In-Ears.
Doch auch mit elektronischen Beats wie bei „Stylo“ von den Gorillaz bereitete der Melomania A100 richtig Spaß. Hier war vor allem Punch im Oberbass gefragt – was der Cambridge lässig lieferte. Ich könnte noch unzählige Musikbeispiele von unseren öffentlichen Hörtest-Playlists beim Streaming-Dienst Qobuz anführen, doch es würde das Urteil nur unterstreichen, dass dieser günstige In-Ear-Kopfhörer mit unterschiedlichsten Tracks aus allen möglichen Genres eine richtig tolle, emotional packende Performance ohne Misstöne ablieferte – und zwar sowohl mit dem Sound-Preset „Linear“ als auch „Natürlich“. Einen von diesen (oder einen per 7-Band-Schieber gewählten Mittelweg) werden die meisten HiFi-verwöhnten Ohren als Ideal empfinden, die anderen Presets sind eher Geschmacksache. Wie gut, dass man sich auch einige individuelle Klang-Setups speichern kann.
Ohne Ecken und Kanten
Nach langen und genussreichen Hörsessions war klar, dass der Cambridge Audio Melomania A100 ungeachtet seines günstigen Preises zu jener Kategorie von Kopfhörern aus unserem Vergleichsfundus zählt, mit denen ich auch mal nach Feierabend oder unterwegs Musik höre. Obwohl vom Konzept und vom Preis Welten zwischen beiden Konzepten liegen, erinnern mich die handlichen In-Ears an den kürzlich getesteten Sony WH-1000XM6 – einen Over-Ear-Bügel-Kopfhörer zum dreifachen UVP. Die beiden tragen sich gut, machen einen weiten Raum und begeistern durch eine Mischung aus großer Übertragungsbandbreite, feiner Auflösung und einer Abstimmung, die so homogen und spektakulär unspektakulär ist, dass ich auch mit meinen kritischen Tester-Ohren vergesse, einem Kopfhörer zu lauschen.
Cambridge Audio Melomania A100: Fazit und Alternativen
Im Segment der drahtlosen Hörer mit kleinem Stick gibt es ziemlich viel Konkurrenz: Die Melomania A100 können sich mit langer Akkulaufzeit, tollem Klang und hervorragender Sprachverständlichkeit selbst gegen die nächsthöhere Preisklasse behaupten. Ganz ehrlich: Wenn man nicht auf eine zur Schau gestellte Brillanz, pumpende Elektrobässe oder extrem isolierendes Noise-Cancelling steht, sind die Cambridge Audio Melomania derzeit konkurrenzlos. Allerdings sollte man sie unbedingt ausprobieren, denn mit ihrer Form und nur drei Ohradaptern passen sie nicht jedem, denn sie müssen für volle Bässe und ANC-Wirkung gut abdichten.
Technische Daten Cambridge Audio Melomania A100
- Preisempfehlung des Herstellers: 140 Euro
- Bauart: In-Ear
- Wandlerprinzip: dynamisch
- Gewicht: jeweils 6,6 Gramm
- Besonderheiten: Spritzwasserschutz nach IPX5, ANC, bis zu 11 Stunden Akku-Laufzeit Case-unabhängig (6,5 Stunden mit ANC), bis zu 39 Stunden mit Case
- Mehr unter www.cambridgeaudio.com