STEREO GUIDE Testurteil
Der Marshall Kilburn 2 ist ein mobiler Bluetooth-Speaker in stilvollem Retro-Design, der einen gewissen Retro-Klang bietet.
Vorteile
- runder, satter, angenehmer Klang
- hohe Pegel- und Impulsreserven
- sehr gute Verarbeitung, stabil
Nachteile
- relativ wenig Feindynamik und Transparenz
- kein echter Wasser/Staubschutz
- wegen Analog-Lautstärkepotentiometer keine Pegel-Synchronisation mit dem Smartphone
- kaum Funktionalität
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Klang: Natürlichkeit6.5
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Klang: Bass/Dynamik7.5
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Praxis/Connectivity8
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Preis/Leistung8.5
Der Marshall Kilburn 2 sonnt sich im Lichte seiner legendären Verwandtschaft. Die Marshall Gitarrenverstärker haben unter Musikern Kultstatus und bildeten mit ihrem charakteristischen Sound die akustische Grundlage für viele Spielarten der Rockmusik. Eine HiFi-Tradition gab es bei Marshall aber bis dato nicht, dementsprechend skeptisch reagierten viele auf die vor einigen Jahren erfolgten Wiedergeburt der Marke mit schicken Inear-Hörern und Co. In Tests punkteten sie bisher meist durch hohe Anfassqualität und coolen Look.
Der Marshall Kilburn 2 lässt aber Zweifel an seiner Ernsthaftigkeit kaum aufkommen: Dazu ist das kunstlederbezogene Gehäuse im Retro-Design zu gut gemacht, mit Drehreglern, Kantenschutz, Metallgeflecht und einem stilechten Marshall-Schriftzug. Mit 2,5 kg ist er für einen echten Mobilspeaker ganz schön schwer, aber dank des (veganen!) Lederriemens auch tragar. Das erzeugt ein beruhigendes Gefühl, dass hier nicht an akustisch relevanten Teilen oder dem Akku gespart wurde. Letzterer verspricht über 20 Stunden Dauerbetrieb mit einer Ladung.
Das Gehäuse mit einem Look zwischen Gitarrenverstärker und Kofferradio macht jedenfalls einen stabilen Eindruck und erfüllt die IPX2-Norm (Schutz gegen leichtes Spritzwasser). Als akustische Besonderheit verspricht der Hersteller eine omnidirektionale Abstrahlung in alle Richtungen.
Technische Daten und Zutaten
Bei einem Marshall darf es natürlich nicht an Leistung fehlen, und so bietet der Kilburn 2 stolze drei Verstärkerkanäle: Watt für den Tieftöner und zwei mal 6 Watt zusätzlich für die Hochtöner. Die Trennung erfolgt aktiv. Ungewöhnlich dabei: es gibt keine Pseudo-Stereo-Anordnung mit jeweils einem Hochtöner links und rechts, sondern ein Mono-Signal nach vorn, dass zusammen mit dem Tieftöner abgestrahlt wird, sowie nach Differenzsignal nach hinten. Eine solche Anordnung, die von der Blumlein-Anordnung inspiriert ist, meint der Hersteller also mit omnidirektional. Als akustische Unterstützung im Tiefton dient ein Bassreflexrohr links auf der Rückseite.
Die bei mobilen Bluetooth-Speaker üblichen Bedienelemente findet man beim Marshall Kilburn 2 nicht. Dafür drei klassische analoge Drehregler für Lautstärke, Höhen und Bässe. Ersterer ist zeitgleich der Ein/Ausschalter, und regelt die Lautstärke unabhängig von der Smartphone-Einstellung.
Schick, aber etwas umständlich
Wenn es anfangs zu leise tönt, muss man wegen der fehlenden Synchronisation das via Bluetooth 5.0 verbundene Geräte erst einmal voll aufdrehen. Mehr dazu im Hörtest. Dieser Umstand ist dem altmodischen, aber hochwertig anzufassenden Drehpotentiometer geschuldet. Gewöhnliche Bluetooth-Boxen haben eine elektronische Pegelregelung, die sich leicht zwischen Lautsprecher und Smarttphone synchronisieren lässt. Eine eigene App-Steuerung gibt es ebenfalls nicht, so dass man auf die Bluetooth-Funktionen des Smartphones angewiesen ist.
Besonders praktisch fanden wir die LED-Anzeige für den Akkustand. So weiß man wirklich auf einen Blick, wieviel Ladung noch im Retro-Speaker steckt. Falls Nachladen notwendig wird, gewinnt man in nur 20 Minuten am Netz weitere 3 Stunden Spielzeit, und in 2,5 Stunden ist die Batterie ganz voll.




So kommt die Musik zum Marshall Kilburn 2
Mit Bluetooth 5.0 mit AptX für Wireless-Wiedergabe lässt der Marshall für einen Mobilspeaker keine Wünsche in punkto Verbindungsstabilität offen. Er schaltet auch zwischen zwei gleichzeitig verbundenen Mobilen Devices um.
Als Zusatzfunktion bietet er einen 3,5-mm-Klinkeneingang für analoge Quellen. Ansonsten gibt er sich wirklich puristisch, denn weitere Funktionen gibt es nicht.
Eigenwilliges Vergnügen im Hörtest
Bass- und Höhenregler des Marshall Kilburn 2 spielten im Hörtest schnell eine Rolle. In Neutralstellung blieb er ein bißchen auf der ruhigen und warmen Seite, manche Hörer vermissten Biss und den rechten Kick bei Impulsen. Ein Dreh nach rechts am Höhenregler hilft der tonalen Balance und der empfundenen Schnelligkeit, ohne dass der Kilburn 2 dann wirklich zum Transparenzwunder geworden wäre. Außerdem klingen die durch den Klangregler beflügelten Höhen dann in der Nähe der mechanischen Anschlags scharf.
Der Bass des Kilburn 2 war dabei in der Kontur etwas aufgeweicht, ohne aber allzu tief zu reichen. Der Bass-Poti betonte diesen Effekt noch einmal und haute den Hörern einen noch dickeren, dabei keinesfalls knackigeren Bass um die Ohren. Die eigentlich natürliche Stimmwiedergabe trat dann durch einen etwas matten Mitteltonbereich gegenüber den am Rechtsanschlag des Potentiometers aufgeblähten Bässen zu sehr in den Hintergrund.
Sound of the Sixties
Dass die Höhen im Hörtest nicht sonderlich brillant und etwas verwaschen klangen, merkt man vor allem in Innenräumen. Aber immerhin: Der Kilburn klingt mit seiner Blumlein-Stereophonie mit einer gewissen rückseitigen Schallabstrahlung größer, als er ist, ein Raumklang-Wunder ist er dennoch nicht.
Vor allem aber laut spielen, das lag dem Marshall wirklich ausgesprochen gut. Allerdings löste er weder gut auf noch bot er einen besonderen Punch oder Kontur im Bass. Für „neumodische Musik“ aus Sicht, der Rockbands, die Marshall vor 60 Jahren groß machten, sprich Electro oder Hip Hop taugt er damit nicht besonders. Seine eher dunkle Tonalität überzeugte am ehesten bei ruhiger, aber lauter Musik wie Blues, Jazz und klassischem Rock. Nostalgiker können dabei auch gerade mit elektrischen Gitarren Gemeinsamkeiten mit den legendären Marshall Amps aus den 70ern erkennen. Dabei fiel zusätzlich positiv auf, dass im das von den meisten anderen Bluetooth-Speakern bekannte „Pumpen“ DSP-gesteuerter Limiter auch bei hohen Abhörpegeln fremd war. Den Marshall stellt man sich eher auf einer von Jazz oder Gitarren-Rock untermalten Gartenparty als bei einer wilden Rave-Feier vor.
Ein Trick, um das Performance-Problem zu minimieren
Allerdings gibt es einen kleinen Trick, der den Marshall Kilburn 2 deutlich besser performen lässt. Nur dürfte ihn kaum jemand beachten, weil es genauso old fashioned wie das Design ist und eben auch überhaupt nicht praktisch: Man muss die virtuelle Lautstärke-Regelung des Smartphones auf „Vollgas“ drehen und dann mit dem Drehknopf am Bluetooth-Lautsprecher den gewünschten Pegel einstellen. Dann steht erstens für die Bluetooth-Übertragung die volle Bit-Auflösung zur Verfügung und der Marshall reagiert dann auch anders.
Offensichtlich besitzt er eine dynamische Loudness-Regelung, die Bässe und Höhen bei geringer Lautstärke anhebt, um die Gehörempfindlichkeit zu kompensieren. Wenn jetzt aber jemand den Pegelsteller am Kilburn weit oder gar voll aufdreht und den Pegel digital auf dem Handy herunter regelt, dann greift die Loudness nicht mehr und der Klang wirkt noch lahmer.
Test-Fazit und Alternativen zum Marshall Kilburn II
Der weniger partytaugliche, sanftere Sound dürfte den meisten potentiellen Käufern eines mobilen Party-Lautsprechers kaum liegen. Für sanfte Klanguntermalung ist der Marshall Kilburn 2 viel besser geeignet, aber eben auch recht schwer und teuer. Ein Teufel Boomster oder JBLXtreme 3 schlagen ihn in beinahe jeder objektiven Bewertung. Der JBL Charge 5 bietet nicht ganz die Klangsouveränität, ist aber preiswerter, leichter und dynamischer. So stilvoll und gut verarbeitet wie der Marshall sind aber alle vorgenannten nicht.
Technische Daten Marshall Kilburn 2
- Preisempfehlung des Herstellers: 270 Euro
- Abmessungen (B x H x T): 24,5 x 14 x 16,2 cm
- Gewicht: 2,5 kg
- Akkulaufzeit bis zu 20 Stunden
- Besonderheiten: Schutz gegen Spitzwasser gemäß IPX2, Analog-Eingang, Differenzstereophonie
- Mehr unter: www.marshallheadphones.com