STEREO GUIDE Testurteil
Mit HDMI, Phono-IN und App bietet die Klipsch Heritage The Fives ein rundes Gesamtpaket. Leider hapert es bei Klang und Bedienung etwas.
Vorteile
- Transparent, räumlich und impulsgenau
- größenbezogen satter, punchiger (Ober-)Bass
- App-Steuerung mit EQ
- Sehr vielfältige Zuspielungsarten
Nachteile
- Bass kann dominant sein
- außerhalb der idealen Hörzone matt
- App läuft instabil
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Klang: Natürlichkeit / Transparenz8
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Klang: Bass / Dynamik8.6
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Klang: Räumlichkeit9.4
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Praxis / Connectivity9.2
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Preis / Leistung9
Die Klipsch Heritage The Fives sehen mit Echtholzfurnierung und gewobenem Gitter von weitem nicht wie Retro-Boxen aus, sondern fast wie historische Exemplare aus den 1940er Jahren. Ein Blick auf die Rückseite und die Bedienungsanleitung offenbart aber, dass es sich um moderne Speaker handelt. Von Bluetooth- und Hires-Digitalzuspielung bis zur App-Steuerung bieten sie erstaunliche Vielfalt. Besonders die Bedienung über zwei Drehräder für Quellwahl und Lautstärke ist den üblichen Tasten und Fernbedienungen anderer All-In-One-Sets einfach überlegen.
Trotz des unscheinbaren Aussehens unseres mattlackierten Exemplars haben wir eine der am besten ausgestattetsten und vielseitigsten All-In-One-Stereosets auf dem Markt vor uns. Das beginnt bei einer schier unglaublichen Spanne von Zuspielmöglichkeiten und endet bei der durchdachten App-Steuerung, die auch die Fernbedienung im Zweifel ersetzen kann, noch lange nicht.
Viele Möglichkeiten, viel Technik
Bluetooth-Zuspielung der neuesten Generation 5.0 ist bei Aktivsystemen heute schon fast Standard. The Fives bietet aber auch eine HDMI-Buchse (ARC) für den Anschluss an und die Steuerung durch den Fernseher. Dazu gibt es einen optischen Toslink für klassische Digitalquellen, und einen USB-B, der wie ein Soundkartenanschluss am Computer funktioniert.
Eine eigene Streamerfunktion haben die Heritage Boxen nicht, aber das können ja entweder TV, Computer oder Smartphone übernehmen. Entsprechend sind je nach Eingang auch hochwertige Streams zuspielbar, denn die interne D/A-Wandlung kann hochauflösende Audiosignale bis 192kHz/24Bit verarbeiten.
Auf der klassischen HiFi-Ebene bieten die Klipsch The Fives einen 3,5-mm-Klinkeneingang und ein Stereopaar Cinch. Letzteres lässt sich per Schalter in einen Phono (MM) Eingang verwandeln für den Direktanschluss von Plattenspielern ohne eigenen Vorverstärkern. Eine standesgemäße Erdung gegen Brummen ist ebenso vorhanden.
Vollaktiv mit Power
Der Tief-Mitteltöner mit 11 cm Membran aus verstärkter Pappe ist für Kompaktboxen-Verhältnisse eher klein geraten. Aber da die Box insgesamt nur 16,5 Zentimeter in der Breite misst, setzt das bei einem stabilen Holzgehäuse natürliche Grenzen. Damit trotzdem ausreichend Basskraft zur Verfügung steht, unterstützt ein rückwärtiges Bassreflexrohr die Bewegung größerer Luftmassen.
Ebenfalls dynamisch relevant ist die verwendete Aktiv-Technik, bei der alle 4 Chassis eines Stereo-Paars jeweils ihre eigene Endstufe besitzen. Die gesamte Elektronik inklusive ihrer vier Endstufen steckt in der sogenannten Masterbox. Deshalb gilt es, die sogenannte Slave-Box mit einem mitgelieferten vierpoligen Spezialkabel zu verbinden. Welche Box welchen Kanal spielt, lässt sich übrigens umschalten, was bei vielen „Master/Slave“-Kombinationen auf dem Markt nicht der Fall ist.
Alle Weichen- und Equalizerfunktionen sind zudem digital per DSP ausgeführt. Dazu zählt auch die Frequenz-Aufteilung zwischen Tief- und Hochtöner sowie der Subwooferweiche, die sich zuschalten lässt, wenn ein externes Bassmodul am entsprechenden Ausgang hängt. Damit lassen sich die Pegelreserven noch einmal deutlich erhöhen.
Bewährte Technik mit Booster: Das Horn
Seit dem Jahr 1946 hält Klipsch an der Horntechnik fest, um beim Hochtöner maximale Dynamik aus wenig Leistung zu holen. Das bei der Heritage The Fives verwendete Tractrix-Horn dient allerdings eher einer besseren Impulsverarbeitung und Kontrolle des Abstrahlverhaltens, was ein impulsgenaueres und trockeneres Klangbild ergibt. Hinter dem Horn arbeitet eine Titan-Kalotte fast ohne Druckkammer.
App-Steuerung ohne Netzwerkeinbindung
Eine eigene App zur Steuerung bieten mittlerweile viele aktive Boxen, besonders im Mobilbereich. Die Klipsch Connect App geht aber deutlich über das hinaus, was hier üblich ist. Die für Smartphones (iOS und Android) optimierte Anwendung hilft nicht nur beim Einrichten der Boxen. Dank Schritt-für-Schritt-Anleitung mit praktischen Skizzen geht das Verbindungsprozedur schnell von der Hand. Zumindest gilt das, wenn die aktuelle Firmware bereits auf den Boxen installiert ist, ansonsten geht man durch eine komplizierte und nicht immer auf Anhieb funktionierende Prozedur.
Die App selbst bietet redundante Funktionen zur mitgelieferten Fernbedienung der Klipsch Heritage The Fives, wartet aber auch mit positiven Überraschungen auf. Zum Beispiel einer akustischen Ortsanpassung: Mittels logischer Skizzen zu Aufstellungs-Varianten kann man den Tiefton dreistufig absenken, wenn die Boxenposition „Wand“ oder „Ecke“ ausgewählt wird.
Ein zusätzlicher Equalizer hilft bei der Anpassung an den akustischen Raumcharakter und ist inbesondere notwendig, wenn die Höhen entweder zu eindringlich oder zu stumpf klingen. Die Presets bringen dabei allerdings nicht viel. Hier sollte man sich auf Ausprobieren verlassen.
Leider brach die Verbindung zur App im Test ab und an mal zusammen. Dann hilft nur kurz Warten oder ein Neustart. Die zusätzlich mitgelieferte IR-Fernbedienung ist dann eine gute Alternative. Wirklich durchdacht: Wenn man einen zusätzlichen Subwoofer angeschlossen hat, lässt sich dessen Pegel mit der Fernbedienung regulieren. Das hilft ungemein bei der Einpegelung am Hörplatz!
So klingen die Klipsch Heritage The Fives
Auf die ersten Takte verblüffen die Klipsch mit einem derart fetten Bass, als wäre hier ein zusätzlicher, allerdings zu laut aufgedrehter Subwoofer am Werke. Des Rätsels Lösung: Der „Dynamic Bass“ war ab Werk aktiviert und die Ortsentzerrung in der App stand auf „Andere“, sprich freistehend. Gerade wer die Boxen auf dem Regal oder wandnah aufstellt, sollte das unbedingt in „Ecke“ ändern und die Bassbetonung deaktivieren. Sonst deckt der an sich sehr treibende und kickende Tiefton einfach alles zu.
Solchermaßen angepasst und im Equalizer noch weitere Bässe herausgenommen und die Höhen minimal betont, begeisterten die Fives mit einer relaxten Gangart. Der treibende Kickbass und eine spielfreudige, noch nie aufdringliche Direktheit in den Stimmen waren ihre offensichtlichen Stärken. Bei der Höhenauflösung hielten sie sich zugunsten eines homogeneren Klangbilds etwas zurück, klang deshalb zuweilen ein wenig, wie man sich einen Vintage-Lautsprecher vorspielt. Ansonsten spielte sie vorwärts, direkt und impulsgenau, ohne je scharf zu sein.
Steht auf Pop
Popmusik, gerade elektronische oder mit solche mit Stimmen, brachten die Heritage Fives mit einer enormen Lässigkeit zu Gehör. Doch auch HiFi-Qualitäten kamen nicht zu kurz. Gerade die Plastizität der räumlichen Abbildung und ihr Sinn für Räumlichkeit und Distanz vermag auch anspruchsvolle Hörer zu begeistern. Allerdings nur, wenn man die Boxen annähernd in Ohrhöhe platzierte, auf den Hörer einwinkelte und sich mehr oder minder im Stereodreieck befand. Zur kompletten Hintergrundbeschallung eines großen Raumes außerhalb des Sofabereichs sind die Klipsch nicht erste Wahl. Dann kann es eher muffig klingen und das räumliche Klangbild fällt in sich zusammen.
Dafür geht es auch näher am Hörplatz sehr gut, ohne dass es zu trocken klingt. Größere Hörabstände oder weniger bedämpfte Räume stellen The Fives im Hörtest ebenfalls kaum vor Probleme. Der Phono-Vorverstärker funktionierte problemlos und brummfrei. Allerdings verlangt er nach MM-Systemen mit hoher Ausgangsspannung, ansonsten klang er ziemlich müde und wenig dynamisch. Auch sollte man keine Wunder von der Höhenauflösung erwarten.
Testfazit: Einmaliges Konzept mit App und Bluetooth?
Die Anschlussmöglichkeiten von Phono bis HDMI und die reichhaltige App zu einer reinen Bluetooth-Box sind einmalig am Markt. Wem das wichtig ist, der könnte sich für die Klipsch Heritage The Fives entscheiden oder zugunsten von mehr Transparenz, Spielfreude und Höhenauflösung die deutlich teurere Sonderedition The Fives McLaren vorziehen.
Die Kombination aus HDMI (ARC) und Bluetooth in einem Stereo-Aktivset gibt es dagegen auch bei attraktiven Konkurrenten: Die von uns getestete Nubert nuPro SP-200 ist bassstärker und löst feiner auf, dafür aber auch sperriger und hat weder App noch Phono-Eingang. Die ebenfalls in unserer STEREO GUIDE Bestenliste verewigte Triangle AIO Twin hat keinen HDMI-Anschluss, dafür aber neben Phono-Input zusätzlich noch Streaming via LAN und einen etwas kräftigeren Klang als die Heritage The Fives bei ähnlichem Grundcharakter.
Technische Daten Klipsch Heritage The Fives
- Preisempfehlung des Herstellers: 800 Euro
- Abmessungen (B x H x T): 16,5 x 30,5 23,5 cm
- Gewicht: 5,4 kg
- Besonderheiten: HDMI-ARC, Bluetooth 5.0, USB, Phono/Line- und AUX-Eingang, optischer Digital-Eingang, Sub-Out, App-Steuerung, Ortsfilter
- Mehr unter: klipsch.com