Bisher musste ich bei Polestar vor allem an verschiedene Hybride denken, die in Österreich auf einer abgesperrten Schnee- und Eispiste beim Querfahren einen Heidenspaß machten. Klar, dass ich als Freund sportlicher Automobile mit der mittlerweile vollelektrischen Schwestermarke von Volvo auch die gelben Bremssättel vom italienischen Spezialisten Brembo aus Bergamo verbinde. Die markanten gelben Scheibenbremsen waren dann abgesehen vom zeitlos schönen Design die einzige Verbindung mit den bisher gefahrenen Tuning-Produkten von Volvo.
Der Polestar 3 fährt vollelektrisch, sieht noch hinreißender aus, als die früheren, ebenso schicken wie unaufdringlichen Verbrenner-Modelle der Schweden. Und er kommt ohne die, unter deutschen Premium-Herstellern abgesehen von Porsche offenbar obligatorische Kühlergrill-Attrappe aus.
Diese vornehme Zurückhaltung setzt sich beim Polestar 3 gleich noch bei dem mit Bowers & Wilkins entwickelten High Fidelity Sound System mit 3D Surround Sound und Dolby Atmos fort. Das erste auf STEREO GUIDE getestete BEV – der BMW iX – setzte dagegen außen noch auf mächtige XXL-Doppelnieren und innen auf 4D Sound von B&W mit Excitern in den Sitzen, deren Beitrag zum Musikerlebnis ich eher als verkappte Lendenmassage empfand.




Brücke zwischen zwei Welten
Um ehrlich zu sein, bin ich seit jeher ein Freund von schnittigen Zweisitzern und kompakten Coupés. Und wo der Trend zum Hochsitz auf vier Rädern geht, sitze ich wie eh und je am liebsten mit dem Popometer so dicht wie möglich am Asphalt. Doch der Polestar 3 ist aus dieser Perspektive so etwas wie eine vegane Wurst, die die Brücke zwischen beiden Welten schlagen will – und es im Gegensatz zu Fleischersatz-Produkten aus meiner Perspektive tatsächlich hinbekommt.
Man muss sich mal vorstellen: Als bekennender Spätaufsteher agiere ich früh morgens mindestens so weit außerhalb meines optimalen Arbeitsbereichs wie ein übliches Elektro-Auto bei klirrendem Frost. So gern ich auch das Steuer selbst in die Hand nehme, so froh war ich an diesem Morgen um Punkt 8.00 Uhr, dass kein geringerer als Polestar CEO Thomas Ingenlath die erste Etappe zum Dolby Atmos Studio außerhalb von Madrid durch den morgendlichen Berufsverkehr der spanischen 3,3-Millionen-Metropole übernahm. Auch danach hätte ich mich nicht unbedingt ans Volant vorgedrängelt.


Wenn man sich zu zweit mit einem Kollegen einen Testwagen teilt und nur einen halben Tag zum Er-Fahren Zeit hat, Bilder machen möchte und sich auf einem großen zentralen Touchscreen in die Menüs des Sound-Systems vorarbeiten muss, dann ist man auf dem Beifahrersitz eigentlich sehr gut aufgehoben.
Und mal unter uns: Will man als Sportwagen-Fan wirklich mit einem 4,9 Meter langen und vor allem 2,5 Tonnen schweren Elektro-SUV durch die spanischen Berge fegen? Vor allem, wenn man dort schon mal einen ganzen Tag lang alleine im wirklich famosen Audi R8 Spyder mit V10-Saugmotor bei deaktiviertem ESP im manuellen Getriebemodus mit offenem Verdeck herumgedüst ist? Eigentlich nicht. Umso größer die Überraschung: Auch das elektrische Allrad-SUV kann abseits breiter, gerader Straßen mächtig Fahrfreude bescheren. Von der musikalischen Untermalung gar nicht erst zu reden.




State of the Art
Achtung, Spoiler: Von der Räumlichkeit der Klangwiedergabe war nach wenigen Tracks klar: Das Bowers & Wilkins 3D Sound-System mit Dolby Atmos ist in diesem Punkt das Beste, das ich auf gut einer Million Kilometern mit diversen Automarken gehört habe. Und auch sonst kenne ich kaum Vergleichbares.
Es geht auch nichts über Kooperation der Medien-Vertreter. Der On-Board-DJ – ein netter Kollege von der amerikanischen CNet – sorgte vom Beifahrersitz dafür, dass ich die Hände am Lenkrad lassen konnte und trotzdem ein abwechslungsreicher Soundtrack ertönte.
Kampf um die Pole-Position
Als wir in den engen Serpentinen einen Polestar 4 einholten und gleich danach mit ihm gemeinsam auf einen Einheimischen im Toyota-Kleinwagen aufliefen, der in den zum Kurvenräubern einladenden Spitzkehren nicht einmal die erlaubten 50 fuhr, merkte ich an meinem Blutdruck: Dieses 2,5-Tonnen-SUV mit seinen beiden, gemeinsam 360 kW / 489 PS starken Elektro-Motoren (Version Long Range Dual Motor) und Torque Vectoring an der Hinterachse macht gerade auch im Kurvengeschlängel richtig Spass. Während der zuvor erwähnte Audi Spyder mit seinem Saugmotor und seinem leicht untersteuernd ausgelegten Allradantrieb, den man fleißig durch manuelle Gangwahl bei hohen Drehzahlen in den unteren Gängen zu willigem Einlenken verhelfen musste, vollen Einsatz verlangte, haftete dem perfekt ausbalancierten Polestar eine völlig relaxte Gangart an.
Irgendwann nutzten wir hinter dem vorausfahrenden Polestar 4 nach einer gefühlten Ewigkeit die erste gut einsehbare Gerade für ein konzertiertes Überholmanöver. Das geschah in Abwesenheit jeglicher Anspannung. Wo man sich mit Verbrennungsmotoren schon vorm Ausscheren Gedanken über Gang, Drehzahl und gegebenenfalls noch Turbo-Ansprechverhalten machen muss und dann in einem Bereich zwischen zu wenig Durchzugskraft und der maximal möglichen Drehzahl im gewählten Gang gefangen ist, zieht man hier einfach lässig durch. Das neutrale Kurvenverhalten und die überraschend direkte, leichtgängige Lenkung sorgten mit dafür, dass der Berg groovt.
Schlüsselmoment dank Drehmoment
Das Drehmoment unterliegt im Elektro-Auto eben nicht jenen Schwankungen, die man vom Verbrenner kennt und die gerade bei hochtourigen Saugmotoren bei Petrol-Heads den Puls analog zur Drehzahl beeinflussen. Trotz seiner angesichts des stattlichen Gewichts beachtlichen 5 Sekunden von null auf 100 Stundenkilometer macht das sportliche SUV keinesfalls aggressiv. Hier sind nur die beiden Elektromotoren des Allrad-Antriebs auf Grund ihrer Magnete permanent erregt – aber nicht der Fahrer. In einem Audi R8, Porsche Cayman oder BMW M3 der Vor-Turbo-Ära hätte ich hinter dem Toyota wahrscheinlich unentwegt geflucht und krampfhaft nach jeder noch so verwegenen Überholmöglichkeit gesucht.
Doch die zwangsweise Entschleunigung hatte auch etwas für sich. Bei gefühlter Schrittgeschwindigkeit konnte ich mich auch am Steuer etwas eingehender mit den Einstellungen des Sound-Systems von Bowers & Wilkins beschäftigen, dem ich als HiFi-Onkel diese Testfahrt letztlich verdankte. Dabei bin ich eigentlich ein Oktan-Junkie, der happy war, als einer der wenigen Journalisten den Ford GT, einen 650 PS starken Rennwagen mit Straßenzulassung für LowBeats unter der Rubrik „weitere Leidenschaften“ fahren zu können, ohne über das Sound-System auch nur eine Zeile verlieren zu müssen. Yeah!
Ein Blick auf das Umfeld des B&W-HiFi-Systems im Polestar
Zur Einordnung meiner Klangeindrücke aus der Testfahrt im Polestar 3 mit Bowers & Wilkins 3D-Sound sollte man wissen, dass ich im letzten Herbst auf den von AUDIO und stereoplay veranstalteten Deutschen HiFi-Tagen die Chance nutzte, einen Eindruck vom Bowers & Wilkins Sound-System des McLaren Artura zu erhaschen. Den britischen Supersportler hatte mein Freund und Kollege Dr. Ian Kuah für STEREO GUIDE getestet und ich war neugierig, wie sich die Anlage anhört, die wir an Hand von Ians Beschreibung gemeinsam eingestuft haben.
Und kaum zu glauben: Da saß ich im Foyer des Darmstadiums im Cockpit einer 680-PS-Flunder und mein einziger Gedanke war: Wow, das Auto müsste man eigentlich in der Garage haben – wegen des genialen Sound-Systems. Das lag vor allem an einem phänomenal trockenen und tiefen Kick im Bass sowie einer vorbildlichen Detailtreue und Neutralität.
Dolby Atmos vs Auro-3D
Der Vollständigkeit halber sollte ich noch erwähnen, dass mein seit Jahren am meisten geschätztes Car-Audio-Sound-System ab Werk Porsche Panamera fährt. Das Gran Coupé aus Zuffenhausen habe ich bisher für verschiedene Medien, darunter LowBeats im Jahr 2016 getestet. Mit seinen wieselflinken AMT-Bändchen-Hochtönern, sehr hochwertigen Treibern für den Mittel- und Tieftonbereich, kraftvollen Endstufen und einer sehr ausgewogenen Abstimmung war das Burmester-3D-Surround-System eigentlich das Highlight, der auf vier Rädern als Sonderausstattung erhältlichen HiFi-Systeme. Auch Burmester baute schon damals vorausschauend auf 3D-Sound, nutzte aber Auro-3D. Das Verfahren wurde von den belgischen Galaxy Studios entwickelt und war im Musik-Bereich besonders beliebt. Dolby Atmos war dagegen lange Zeit eher in Kinos und aufwendigen Home Cinemas anzutreffen.
Mittlerweile ist es ruhig geworden um Auro-3D, während Dolby Atmos auch den Musik-Bereich eroberte. Bei Tidal, Apple Music oder Amazon Music Unlimited können Abonnenten eine zunehmende Zahl von Dolby-Atmos-Tracks streamen. Auch unser Polestar-3-Testwagen bot die Möglichkeit, Songs über 5G-Mobilfunk direkt ins Fahrzeug zu streamen. In Spanien funktionierte das verblüffend stabil mit toller Klangqualität. Unterbrechungen gab es nur in den Tunneln von Madrid und mal kurzzeitig in ein oder zwei wirklich ganz entlegenen Bergregionen. Als Deutscher kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Meine Emigrationspläne, zerschellten allerdings an den allgegenwärtigen Speed-Bumpern, denn meinen harten Sportfahrwerken und auch meinem Popometer möchte ich das nicht zumuten.


Fasten your Seatbelts: Der Berg ruft!
So, bitte anschnallen. Jetzt beginnt die Schilderung meiner Hör- und Fahreindrücke. War es bei den Bowers & Wilkins Systemen in Volvos und besonders BMWs nicht immer einfach, den Aufpreis gegenüber den günstigeren Harman-Kardon-HiFi-Systemen in Gänze nachzuvollziehen, so fiel mir im Polestar 3 regelrecht die Kinnlade herunter. Die 25 über den gesamten Innenraum verteilten Lautsprecher, auf die wir im Anschluss noch im Einzelnen eingehen, erzeugten sozusagen die Mutter aller immersiven Sound-Performances.
Man konnte weder die Boxen in den Kopfstützen, noch die Effekt-Lautsprecher der Höhen-Kanäle im Dach als solche wahrnehmen. Man versank einfach im Sound wie in einem richtigen Konzertsaal. Mit entsprechenden Titeln aus dem Angebot von Tidal hob Dolby Atmos nicht nur wie die Auro-3D-Anlage im Panamera von 2016 die imaginäre Klangbühne über dem Armaturenbrett nach oben. Es führte auch zu einer Verbreiterung der Bühne – und je nach Aufnahme des gesamten Aufnahmeraums – über die Grenzen der Fahrzeugkabine hinaus.
Muss man bisweilen gerade in voller Fahrt konzentriert auf die Feinheiten achten, so kann man sich selbst als Experte beim Bowers & Wilkins 3D Sound mit Dolby Atmos ganz auf die Nackenhärchen verlassen, die sich der Reihe nach aufrichten. Der Auftritt von 25 Lautsprechern mit über 1.600 Watt erzeugt mit der enorm räumlichen Wirkung der Height-Kanäle einen packenden Gänsehaut-Faktor. Das leise Gleiten des Elektro-SUVs bietet die perfekte Bühne für diese Ausnahme-Anlage. Einzelne Instrumente oder Chöre ließen sich ein ganzes Stück außerhalb des Fahrgastraums orten. Das ist absolut Top und lässt den viel strapazierten Konzertsaal auf Rädern endlich wahr werden.
Vom Timbre dem großen Vorbild von Bowers & Wilkins verpflichtet
Tonal folgt die Abstimmung des zum Serienumfang gehörenden 3D-Sound-Systems der 800er-D4-Referenz-Serie von Bowers & Wilkins – also Boxen, die oft in Tonstudios anzutreffen sind. Allerdings haftet den Top-Modelle der Briten auch einen Hauch Bling-Bling in den Höhen an, um Audiophilen unmißverständlich klar zu machen, dass hier ganz besondere Lautsprecher am Werk sind. Dieser kleine Show-Effekt lässt sich auch dem Sound-System des Polestar 3 attestieren.
Mit audiophilen Aufnahmen, wo meist eine zarte Frauenstimme zu ein oder zwei Naturinstrumenten singt, fällt es mir auch als abgebrühtem Tester schwer, nicht in pure Verzückung zu geraten. Wenn Rockbands im Verbund loslegen oder das Signal im Bereich von Stimmen laut und komplex wird, kann das allerdings schon mal etwas streng wirken. Wohl gemerkt: Ich jammere hier gerade auf höchstem Niveau. Dennoch: Von der Neutralität kommt das B&W-System des Polestar 3 nicht ganz an den McLaren Artura oder den Porsche Panamera heran. Dafür liegt es in der Räumlichkeit mit seinem Konzertsaal à la Atmos sogar noch vor dem damals gefahrenen Panamera.
Im Bass kickt die Bowers-und-Wilkins-HiFi-Anlage allerdings ähnlich wie der Artura – und das will etwas heißen. Der extrem steife und enge Sportwagen hob sich damit nämlich deutlich vom B&W-Surround-System im 7er-BMW und dem BMW iX ab, die ich beide für STEREO GUIDE getestet habe.





Virtuelle Konzerträume
Mit der interaktiven Audio-Funktion „Virtual Venues Live“ können Fahrzeuginsassen akustisch in berühmte schwedische Veranstaltungsorte versetzt werden. Durch strategisch platzierte Mikrofone im Fahrzeug und aktive Akustiktechnologie wird die Klangwiedergabe so angepasst, dass sie wie ein Live-Erlebnis wirkt. Die Gothenburg Concert Hall ist einer der auswählbaren virtuellen Veranstaltungsorte, die ein authentisches Klangerlebnis bieten. Surround Sound Experience, Studio/Reference (mein persönlicher Favorit), Individual Stage und Concert Hall. Letzteres Preset reproduziert die berühmte Akustik der Gothenburg Concert Hall, die ich schon einmal persönlich erleben konnte, um sie mit einem Live-Stream in einem Volvo zu vergleichen. Sehr nice.
Dazu kommen die üblichen Verdächtigen, wenn es um individuelle Klangbeeinflussung im Fahrzeug geht: Equalizer, Balance und Fader. Im Modus Studio Reference kann man auch noch den Klangfokus für das Staging zwischen Fahrer, Beifahrer und allen Plätzen umschalten. Dank Dolby Atmos überzeugte mich die Authentizität der Räumlichkeit schon mit der Einstellung für optimalen Klang auf allen Rängen. Doch mit der Fahrer-fokussierten Abstimmung gewannen Solisten direkt vor einem nochmals an Kontur und Plastizität.

Design und Integration
Hinter dem geschilderten Klang-Erlebnis steht ein beachtlicher Aufwand. Das System umfasst 25 hochwertige Lautsprecher, die nahtlos in verschiedene Teile des Fahrzeugs integriert sind. Dazu zählen Kopfstützen, Dachhimmel und die hinteren Radkästen. Diese strategische Platzierung sorgt für ein immersives Klangerlebnis. Das Design der Lautsprechergrills, die aus Edelstahl mit einer speziellen Ätztechnik gefertigt sind, fügt sich perfekt in das Interieur des Polestar 3 ein. Die Verwendung von PVD-beschichteten, gebürsteten und satinierten Lautsprechergittern verstärkt nicht nur die Ästhetik, sondern auch die akustische Transparenz, was eine unverfälschte Klangwiedergabe ermöglicht.
Systemarchitektur des B&W Dolby Atmos Systems für den Polestar 3 im Detail
Vier 2,5-cm-Nautilus-Doppel-Dom-Hochtöner sind den vorderen und hinteren Türen platziert. Einer vom ihnen thront als „Tweeter on Top“ mittig über dem Armaturenbrett. So minimieren sie akustische Reflexionen von der Windschutzscheibe und richten den Klang direkt auf die Insassen. Und der prominent platzierte Center-Speaker stellt dabei noch deutlich sichtbar die Verbindung zu den Nautilus-Hochtönern auf den Gehäusen der hochwertigen Lautsprecher-Serien der Briten her.
Die beiden 10-cm-Continuum-Tieftöner in den vorderen Türen bieten eine verbesserte Mitten-Wiedergabe durch Reduzierung von Resonanzen und eine präzise Intonation von Stimmen und Instrumenten. Das Membran-Material aus Verbundgewebe gab seinen Einstand in der 800-D3-Serie, den Flaggschiff-Lautsprechern von Bowers & Wilkins. Fünf weitere Continuum-Mitteltöner mit 8 Zentimetern Durchmesser finden sich Im Armaturenbrett, den hinteren Türen und dem Dachhimmel, um für eine ausgewogene Klangwiedergabe auf allen Plätzen zu sorgen.
Dazu kommen vier 4-cm-Aluminium-Breitband-Lautsprecher. Diese sind im Dach über den vorderen und hinteren Sitzen angebracht und erzeugen ein dreidimensionales Klangfeld. Ein besonderer Kniff sind die vier 4-cm-Aluminium-Breitband-Lautsprecher in den vorderen Kopfstützen. Sie ermöglichen ein weites, räumliches Surround-Sound-Erlebnis und spielen Warnsignale sowie Navigationsansagen ab.
Großer Aufwand auch im Bass
Die Bass-Sektion vertraut im Polestar 3 auf vier 17-cm-Langhub-Woofer. In den vorderen und hinteren Türen sorgen sie für ein kraftvolles Bassfundament. Ein 25 Zentimeter großer Tieftöner mit Neodym-Antriebsmagnet sorgt im Fresh Air Subwoofer im Kofferraum für tiefe, präzise Bässe. Im Test war dieses an die Außenluft angekoppelte Bass-Modul nicht ortbar – nicht einmal, wenn man auf der bequemen Rückbank des Polestar 3 Platz nahm. Auf den Rücksitzen ortet man die Hörbühne ebenfalls über dem Armaturenbrett, scheint nur wie in einer Lounge weiter entfernt von der Band oder dem Orchester zu sein.
Für die nötige Antriebsleistung der Traumanlage sorgt 25-Kanal-Verstärker mit 1610 Watt. Den haben Polestar und Harman, die für Bowers & Wilkins wie bei Volvo, Maserati, McLaren oder BMW die Auto-Integration übernommen haben, im Kofferraum platziert.




Der Stromer, der gegen den Strom schwimmt
One more Thing: Was mir über das, von einer im Sinne der Fahrstabilität straffen, aber seidenweich abrollenden Luftfederung geprägten Fahrgefühl und das Konzertsaal-Feeling hinaus sehr positiv am Polestar 3 auffiel: Sein Designer, Nahum Escobedo, schuf nicht nur eine Karosserie, welche, die schiere Größe des SUV gut kaschieren kann. Der Mann denkt praktisch! Das kann man heute gar nicht hoch genug bewerten. Da werden die Autos zwar einerseits immer breiter. Die Designer*innen sparen sich seit längerem auch die früher üblichen Gummi-Stoßleisten an den Türen, weil glatte Flächen ja so schön modern ausschauen. Deshalb greife ich, wenn ich ausnahmsweise mal nicht zu Fuß einkaufe, auch inzwischen bevorzugt den 80er-Jahre-Oldtimer, denn der ist schlank und man kann in schmalen Parkhäusern die Tür öffnen, ohne Sorge vor Kratzern am eigenen oder dem daneben stehen Fahrzeug zu verursachen.
Natürlich ist das Oberklasse-SUV von Polestar nicht gerade schmal, aber Escobedo hat unten wenigstens unlackierte Kunststoff-Puffer auf das Blech gesetzt. Bravo. Und seine Umsicht geht noch weiter. Er hat die Stirnfläche reduziert, indem er den nicht benötigten Kopfraum auf ein sinnvolles Maß reduzierte, was wiederum die Stirnfläche verringert. Denn der cW-Wert ist nur ein Luftwiderstandsbeiwert, der mit der Stirnfläche multipliziert den eigentlichen Luftwiderstand ergibt. Das kommt der bei Elektroautos auch wegen der Ladezeiten kritisch zu sehenden Reichweite zu gute. Es hilft auch gleichzeitig, für sportliche Fahrweise den Schwerpunkt zu senken.
Das spürte ich in Kreisverkehren, wo sich schwere Elektro-Autos schnell entzaubern, wenn man etwa bei sechs oder bei drei Uhr mit Schwung in den Kreisel einfährt und ihn bei 12 Uhr (bitte als Zifferblatt vorstellen) wieder mit Speed verlässt. Diese Richtungswechsel machten mit dem Polestar eine Freude fast wie mit einem kleinen Coupé.
Alles im Griff
Endgültig einen Design-Award hätte Nahum Escobedo für seine Türgriffe verdient. Die folgen ebenfalls der Devise „Form follows Function“ und lassen sich vernünftig greifen. Dagegen, fragte ich mich beim BMW iX und dem Ford Mach-E, ob es bei Elektro-Autos eine Türöffener-Verschwörung gibt, mit dem Ziel, die Benutzer durch ebenso wenig intuitive wie praktische Griffe so lange zu nerven, bis sie auf ein Lastenrad umsteigen?
Allerdings möchte ich vor dem Fazit auch noch meine Kritik loswerden. Mehr Redundanz zum Touchscreen in Form von Tasten, Hebeln oder Dreh-Drückstellern finden immer mehr Designer genauso unsexy wie Stoßleisten an den Türen. Die Einstellung der Rückspiegel über Touchscreen und Lenkradtasten braucht man zwar nicht dauernd. Aber zumindest bei meiner Fahrweise finde ich Touchscreens nicht zielführend, wohl wissend, dass hier ein Wettlauf um den größten und buntesten entbrannt ist. Immerhin hat der Polestar 3 noch einen kleinen Bildschirm vor dem Lenkrad als Tacho-Ersatz, während etwa der Volvo EX30 auf ein einziges Zentraldisplay für alles setzt.

Fazit: Polestar 3 mit B&W 3D Sound in Dolby Atmos
Schwer zu sagen, was die größere Überraschung war: Dass sich ein 2,5-Tonnen-SUV mit E-Antrieb in den Bergen so spielerisch leicht und sportlich bewegen lässt. Oder ein Bowers & Wilkins Sound-System, das außerhalb eines McLaren Artura dermaßen durch Kickbass anmacht und darüber hinaus eine schier sensationelle Räumlichkeit mit perfektem Staging bietet. In der Summe kann die Performance auch einen in der Wolle mit Super-Plus getränkten Petrol-Head zu denken geben.
Bei diesem akustischen Elch-Test bringt der Schweden-Kreuzer so manchen prominenten Verbrenner mit Marken-Sound-System ins Schlingern. Es scheint, die skandinavischen Nachbarn haben aus dem Untergang der Vasa von 1626 gelernt. Die schwedische Galeone war zwar sehr hoch entwickelt und mit jeder Menge Feuerkraft gesegnet. Doch sie war so schwer und schlecht balanciert, dass sie bei der Jungfernfahrt gleich hinter dem Hafen nach nicht einmal einer Seemeile absoff.
Der Polestar 3 kann das hohe Gewicht seiner 700 Kilo schweren Batterie gerade auch bei schnellen Richtungswechseln lässig kaschieren und sich ein formidables 3D-Sound-System mit 25 Lautsprechern, über 1600 Watt Verstärkerleistung und Dolby Atmos leisten. Und was die eingangs erwähnten Brembo-Bremsen betrifft: Magisch! Sie stoppen die immense Masse nach Maß und bieten trotz des bei BEVs üblichen Übergangs zwischen Rekupperation und Bremsscheiben einen konstanten, präzisen Druckpunkt, was in dem Bereich wahrlich keine Selbstverständlichkeit ist. Dabei handelt es sich sogar noch um ein elektronisches Brake-by-Wire-System. Das fiel mir aber tatsächlich erst nach der Testfahrt beim Studium der technischen Daten auf. Chapeau!
Polestar 3: Technische Daten
- Preis Polestar 3: ab 88.600 Euro (Long Range Dual Motor – 2024 Launch Edition)
- Preis Bowers & Wilkins Sound System mit 3D Surround Sound & Dolby Atmos: Serienausstattung
- Weitere Infos: polestar.com
STEREO GUIDE Testurteil
Der Polestar 3 fährt serienmäßig mit Bowers & Wilkins 3D Sound und Dolby Atmos vor. Damit erfüllt sich der Traum vom Konzertsaal auf Rädern. Die HiFi-Anlage sprengt akustisch die Grenzen der Fahrzeugkabine, bildet Schalereignisse auch außerhalb des Fahrzeugs an. Dazu kommen niedrige Fahrgeräusche und ein staubtrockener Kickbass.
Vorteile
- Überragende räumliche Abbildung
- Straffer, tiefer Kickbass
- Feine Auflösung
- Geringe Fahrgeräusche fördern das HiFi-Vergnügen
Nachteile
- Stimmen etwas effektbetont
-
Klangqualität9.4
-
Preis/Leistung Sound-System10