Seit 2015 gibt es die 6. Generation des 7er BMW, internes Kürzel (G11/G12). Zwischenzeitlich haben die Bayern ihr Flaggschiff renoviert – und zwar gründlich. Das Midlife-Update betrifft nicht nur die martialische Optik mit riesiger Doppelniere und bösem Blick. Abgesehen von dieser, vor allem auf den chinesischen Markt zielenden Retusche, tat sich eine ganze Menge im Verborgenen. Das Infotainment wurde einer gründlichen Überarbeitung unterzogen. Das bedeutet zugleich eine spürbar gesteigerte Performance des optionalen Bowers & Wilkins Diamond Surround Sound-Systems. Dabei blieb die Lautsprecher-Bestückung die gleiche wie vor dem Facelift. Das bedeutet ein Ensemble von 16 für Autoverhältnisse ausgesprochen hochwertige Treiber im Fahrzeuginnenraum der 5,12 Meter langen Luxus-Limousine.
Durch eine verfeinerte Abstimmung des prestigeträchtigen Sound-Systems und einen neuentwickelten DSP-Verstärker ergibt sich ein spürbar harmonischeres, emotional ansprechenderes Klangerlebnis auf allen Plätzen. Doch dazu später mehr.
Bowers & Wilkins an Bord
Lassen Sie uns zunächst einen Blick auf die technologische Seite des Sound-Systems werfen. Hier stechen vor allem die aufwendig produzierten Diamant-Hochtöner hervor, die unter Laborbedingungen entstehen. Dieses extrem harte, von der Struktur mit Kunstdiamanten vergleichbare Material verleiht den 2,5-cm-Kalotten eine extrem hohe Steifigkeit und innere Dämpfung. Schließlich sollen die Membranen bei hohen Frequenzen nicht „aufbrechen.“ Darunter versteht man unkontrollierbare Teilbewegungen der Hochton-Membran.
Durch diese besonderen Eigenschaften verwendet Bowers & Wilkins seine exklusiven Diamant-Hochtöner auch in der inzwischen legendären 800-D4-Serie. Die Baureihe gehört in High-End-Anlagen und zahlreichen Tonstudios zum guten Ton. Und wie in ihrer State-of-the-Art-Serie kombinieren die Briten die Diamond Domes mit ihrer bewährten Nautilus-Technologie. Diese erstmals in der ikonischen B&W-Nautilus-Box verwendete Konstruktion dient der Bedämpfung des von der Rückseite der Hochtonmembran abgestrahlten Schalls. Dafür pustet der Diamond Dome in ein hinter dem durchbohrten Kern des Antriebsmagneten angebrachtes, wie eine Schnecke gewundenes Röhrchen. Darin läuft sich der ungewollte Schallanteil tot. Das sorgt in Verbindung mit der leichten, steifen Membran für eine unvergleichliche Hochton-Präzision im 7er BMW.
Allerdings kommt diese Pracht und Herrlichkeit nur den drei vorderen Kanälen (links, rechts, Center) zu gute. Im Fond müssen es vier 2-Wege-Systeme mit vergleichsweise konventionellen Aluminium-Membranen richten. Schließlich kosten die High-Tech-Hochtöner aus Kunstdiamant schon im Einkauf, wo für die Autohersteller jeder Cent zählt, richtig Geld.
Sieben auf einen Streich
Immerhin betreibt Bowers & Wilkins auch gerade bei den insgesamt sieben Mitteltönern gehörigen Aufwand. Das beginnt mit den steifen Druckguss- statt Plastikkörben und endet bei der Membran aus Aramidfiber. Die Bauweise verspricht eine hohe innere Dämpfung, weshalb Resonanzen innerhalb der Membran keinen störenden Klangeinfluss auf den essentiellen Stimmbereich ausüben können.
Für die Membranen der beiden Zentral-Bässe setzt B&W auf Rohacell, einen Verbundwerkstoff, der durch Leichtigkeit und Steifigkeit überzeugt. Damit soll das aus der Luftfahrt stammende Material den beiden 22-cm-Subwoofern unter den vorderen Sitzen zu einem vorbildlichen Impulsverhalten verhelfen. Unter Zentral-Bass versteht man bei BMW eine wegweisende Konstruktion, die Hohlräume der Schweller als Subwoofer-Gehäuse nutzt. Diese seinerzeit von BMW patentierte Idee spart Platz und Gewicht – zwei Dinge, die Entwickler moderner Autos überaus schätzen.





Abgerundet wird der Auftritt des B&W Diamond Surround Sound-Systems durch die beibehaltene Lichtinszenierung mit den illuminierten Hoch- und Mitteltönern in allen vier Türen.
Doch den Unterschied zum Vorgänger machen Dinge, die der Fahrer kaum je zu Gesicht bekommt. Insofern war es auch Luxus, die bisherige 10-Kanal-Endstufe vom Bowers & Wilkins System wie einen typisch englischen HiFi-Verstärker aus den 70er-Jahren zu gestalten. Bei der neuen 16-Kanal-Class-D-Endstufe mit 1.375 Watt Sinusleistung herrscht nüchterne Sachlichkeit vor. Das zerklüftete Gerät wird seitlich im Kofferraum unter einer Abdeckung verbaut.
Mehr Kanäle: Jetzt vollaktive Ansteuerung
Den wesentlichen Unterschied aus Kundensicht macht der Sprung von 10 auf 16 Kanäle. Das gestattet es, sämtliche einzelnen Lautsprecher über eine digitale DSP-Weiche aktiv anzusteuern. Der Effekt lässt sich besonders bei der besseren Einbindung des Mitteltöners heraushören. Die Harman-Entwickler, die für die Umsetzung des Diamond Surround Sound-Systems wie für alle Automotive-Anwendungen von Bowers & Wilkins verantwortlich zeichnen, konnten daher die 10-cm-Mitteltöner in den Türen tiefer, dafür steilflankiger vom Bass abkoppeln, ohne die Bleche zum Scheppern zu bringen.
Immerhin geht jedem Systemaufbau eine Schwingungsanalyse der Karosseriestruktur und der Innenverkleidungen voraus. Durch die mit Digital-Weichen mögliche Flankensteilheit beim Übergang zwischen den einzelnen Bereichen, lässt sich die Grenze des Machbaren weiter nach unten verschieben. In wiefern sich dabei auch die Reifezeit der bereits seit vier Jahren gebauten Generation des 7er BMW positiv auf die Abstimmung auswirkte, kann man nur vermuten. Was die Performance unter Fahrbedingungen betrifft, wirken sich aber noch ganz andere Maßnahmen äußerst positiv aus. BMW begnügte sich bei weitem nicht mit den XXL-Nieren und dem Infotainment-Update. Die Modellpflege ging auch jenseits der Elektronik tief unters Blech.
Music Lounge auf Rädern
Die im Fond vernehmbaren Abrollgeräusche wurden durch eine optimierte Abschirmung der hinteren Radhäuser wirksam reduziert. Im Bereich der B-Säule sowie an den Gurtaustritten und der Sitzlehne im Fond sorgen optimierte Schallschutzelemente für eine weitere Verringerung des Geräuscheintrags in den Innenraum. Neben der Windschutzscheibe bestehen jetzt auch die Seitenscheiben sowie die Heckscheibe aus Verbundglas mit einer auf 5,1 Millimeter erhöhten Materialstärke (Serie bei BMW 750i xDrive, BMW 750Li xDrive und BMW M760Li xDrive) bei allen anderen Varianten Bestandteil der Option Komfortverglasung hinten (1300 Euro), die in unserem Testwagen verbaut war. Außerdem steigern optimierte Motorlager für die Dieselantriebe den Schwingungskomfort.
Die Folge ist ein derart ruhiger, schwingungsfreier Antrieb, der im von uns gefahrenen BMW 750d xDrive trotz 400 PS starkem Direkteinspritzer-Diesel fast schon an ein Elektro-Auto erinnert. Die Wind- und Abrollgeräusche sind sogar so leise, dass die meisten E-Fahrzeuge sogar das Nachsehen haben. Kurzum: Die Bayern liefern eine Steilvorlage für die Briten, die ungeachtet der Maßstäbe setzenden Geräuscharmut ihren dynamischen Equalizer noch über Mikrofon in Echtzeit an den jeweiligen Geräuschpegel anpassen.
BMW setzt auf BUS-Linie
Der Vollständigkeit halber seien auch noch jene Technologien erwähnt, von denen der Nutzer nichts mitbekommt. Aus Kostengründen verzichtet BMW in der 7er-Reihe inzwischen auf die üblichen digital-optischen Glasfaserverbindungen für den MOST-Bus (Media Oriented Systems Transport). Zur Übertragung von Infotainment-Daten und setzen die Bayern auf die gebräuchliche Ethernet-Übertragung mit 100Mbit/s. Weil Audio- und Video-Daten immer zeitkritisch sind, stellt die Verwendung des ursprünglich für Video-Live-Streaming entwickelten AVB-Standards (Audio Video Bridging) eine verzögerungsfreie Übertragung sicher. Schließlich basiert Ethernet auf einem stochasitischen Zugangsverfahren mit eingeschränkter Echtzeitfähigkeit. Dank AVB beherrscht der BMW 7er aber die lippensynchrone Wiedergabe von Videobildern und der entsprechenden Tonspur. Schließlich bringt das optionale Fond-Entertainment zwei Flatscreens an den Rückenlehnen der Vordersitze mit sich. Selbstverständlich kann der 7er mit seinem optionalen Fond-Entertainment auch Blu-rays abspielen und den Mehrkanalton über die B&W-Lautsprecher in voller Pracht wiedergeben.
Dagegen war die Verlegung des Audio-Tunerteils für UKW und DAB+ vom Head-unit in die neue DSP-Endstufe fast schon banal.

Mobil-Computer
Um dem auch über ein an der Mittelkonsole andockbares Android-Tablet steuerbaren State-of-the-Art-Infotainment die nötige Rechenpower bereit zu stellen, wechselte BMW in der Head-unit auf einen mit 1,9 GHz getakteten Prozessor der Apollo Lake Plattform von Intel mit vier Kernen, dem 6 GB RAM in Verbindung mit 320-GB-Festplatte zur Verfügung stehen.
Dank des leistungsfähigen Intel-Prozessors gelingt dem 7er-Testwagen das Kunststück, den Sprachbefehl zum Wecken des neuen BMW Intelligent Personal Assistants selbst während der Musikwiedergabe mit hoher Lautstärke wahrzunehmen. Das liegt weniger an den Mikrofonen als an der Strategie im Hintergrund. Die Bayern können mit der üppigen Rechenleistung ihres DSP einfach im Head-unit das dem System bekannte Musiksignal aus der Mikrofonaufnahme herausrechnen. Zurück bleibt die reine Sprachinformation, mit der der digitale Diener ohne eine Handbewegung des Benutzers Wünsche nach Anzeige der Wetterkarte oder zur frei gesprochenen Zieleingabe für das Navigations-System erfüllt.
Über das via Connected Drive mit dem Internet verbundene Cockpit, mit seinen nicht mehr länger als PlayStation-Kopie von Analog-Instrumenten ausgelegten Anzeigen ließe sich ein eigener Bericht verfassen. Nur soviel: Auch hier gelingt BMW ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Über die Jahre gereift
Der kombinierte Fahr- und Hörtest beweist schon auf den ersten Kilometern: BMW und B&W haben sehr Gutes noch deutlich besser gemacht. Die beinahe unnachahmliche Art der Fortbewegung, auf Luftfederung und mit feinstem Leder bezogene Komfortsitze gebettet, erhält durch das viel feiner und gehaltvoller als zuvor agierende Diamond Surround Sound-System die perfekte Abrundung. Mit der gleichen Mühelosigkeit und Vehemenz, mit der das vierfach aufgeladene Reihensechszylinder-Turbo-Aggregat Kraft seiner 760 Newtonmeter Drehmoment von 2000 bis 3000 U/Min wie ein fliegender Teppich mit Warp-Antrieb dem Horizont entgegenschwebt, beschallt die B&W-Anlage den Innenraum mit packender Musikwiedergabe.
Die Songs dürfen gerne via Bluetooth mit ACC-Direktübertragung bei iPhones zum Head-unit gestreamt werden. Sie können aber auch hochauflösend von der integrierten Festplatte oder einem USB-Stick kommen. Der Klang ist stets ganz großes Kino. Beim Update renovierte B&W auch die fünf Sound Presets (Studio, Concert, On-Stage, Cinema, Lounge), mit denen sich der Besitzer den Sound seines High-End-Systems an den eigenen Geschmack anpassen kann. Die Basis zu den Klang-Programmen bildet das von Harman beigesteuerte Quantum-Logic-Verfahren, das auch Ferrari in den JBL-Sound-Systemen nutzt.
Dabei fällt besonders auf, dass unter der Leitung von Philipp Göppl, Principal Acoustic Systems Engineer bei Harman, die ultra-direkte Wiedergabe im Studio-Modus etwas weniger hart und dafür etwas räumlicher ausgelegt wurde.
Unabhängig von diesen geschmacksabhängigen Voreinstellungen wirken die Mitteltöner jetzt besser ins Klangbild eingebunden. Die extrem hochauflösenden Höhen erscheinen jetzt nicht mehr so aufgesetzt, vor allem überzeugt der gehaltvollere Grundtonbereich, der Stimmen und Instrumente wärmer und körperhafter wirken lässt. Daher reagiert das neue Bowers & Wilkins Diamond Surround Sound-System nicht mehr so harsch auf bestimmte Aufnahmen.
Fazit 7er BMW mit Bowers & Wilkins Diamond Surround
Am Bass gab schon im Vorgängermodell nichts zu kritisieren. Er war neben den herausstechenden Diamant-Hochtönern das Aushängeschild des bisherigen B&W-Systems. Ganz so knackig, ganz so knochentrocken und konturiert kommen die tiefen Töne jetzt nicht mehr aus den Lautsprechern. Dafür wirkt die gesamte Klangabstimmung voller und angenehmer. Die Musik berührt einen im neuen 7er BMW noch viel mehr als bisher. Wer die einzelnen Noten mitzählen will, findet gerade auf den Vordersitzen mit „Studio“ den passenden Modus. Damit kann B&W seine Stärken in Präzision, Fokus und Auflösung unter Beweis stellen. Wer eine breitere Bühne mag und sich nicht so sehr wie im Tonstudio mit Nahfeldmonitoren vorkommen will, der bekommt mit „Concert“ eine Mords-Gaudi mit breitem Panorama und besonders vollem Klangbild – auch hinten. Überhaupt hat sich hinten eine Menge getan, wo man sogar noch ein besonders weiträumiges Panorama genießen kann. Damit wird der BMW 7er endgültig zum fliegenden Konzertsaal.
- Preis BMW 7er-Reihe: ab rund 92.000 Euro
- Preis B&W Diamond Surround Sound-System: 5.850 Euro
- Zum Konfigurator: www.bmw.de
Stereo Guide Bewertung
+ Sehr natürliche Abstimmung mit hoher Feinauflösung
+ Hohe Dynamikreserven
+ Exzellente Infotainment-Funktionalität und -Bedienung
+ Luftfahrwerk mit aktiver Hinterachslenkung verbindet Komfort mit Sportlichkeit
– Basspräzision litt etwas bei der besseren Anbindung des Mittel-Hochtonbereichs
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Klangqualität9
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Preis/Leistung Sound System9.2