STEREO GUIDE Testurteil
+ Homogene Abstimmung mit sattem, differenziertem Bass
+ Raumkompensation zur Anpassung an die Aufstellung
+ hochwertige Verarbeitung mit reichlich Recycling-Kunststoff und echtem Messing
+ App
– kein Akkubetrieb und keine Wasserdichtigkeit
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Klang: Natürlichkeit / Transparenz8.3
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Klang: Bass / Dynamik8.2
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Praxis / Connectivity8.1
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Preis/Leistung9.2
Der brandneue Marshall Acton III lässt sich von seinem Vorgänger Acton II, den wir unlängst im Test hatten und der noch verkauft wird, nur von Freunden des gepflegten Suchbildes zu unterscheiden. Abmessungen, Gewicht und Leistungsdaten des in Schwarz, Braun und Cream (Beige) erhältlichen Bluetooth-Speakers sind geblieben. Lediglich an der geschrumpften Messingleiste auf der Front und den etwas dezenteren Farbvarianten – etwa creme statt schneeweiß – ist das neue Modell III zu erkennen.
Laut Hersteller soll sich technisch und klanglich aber viel getan haben. Das betrifft die Bedienung, aber vor allem die Anordnung der Treiber für ein breiteres Stereo-Klangbild. Denn der Acton ist ein echter One-Box-Stereo-Speaker für zuhause. Die Erzeugung eines räumlichen Klangs bedeutet bei gerade einmal 26 Zentimeter Gehäusebreite eine Herausforderung für jeden Entwickler. Außerdem verspricht der Hersteller einige Hertz mehr Tiefgang im Bass, für die er einige Dezibel in der Maximallautstärke opfert.
Analoges Bediengefühl und neue Wandlertechnik
Der hervorragende Eindruck der Verarbeitung hat der Acton 3 von seinem Vorgänger geerbt. Die Detailausführung des Gehäuses ist hervorragend, das Feeling der legendären Gitarrenverstärker kommt trotz der sehr kompakten Maße gut rüber. Die Drehregler für Lautstärke sowie für Bässe und Höhen unterstützen das analoge Bedienungsgefühl, drehen allerdings ohne Anschlag durch. Denn sie sind anders als beim betagten Marshall Kilburn II mit dem Smartphone synchronisiert, was Einstellungsprobleme vermeidet.
Die offensichtlichste Neuerung in der Bedienung: Die Play/Pause-Taste wich einem kleinen Schiebetaster. Der beherrscht neben Start und Stop auch den Titelsprung, indem man ihn leicht nach links oder rechts drückt. Das ist intuitiv und funktioniert in der Praxis vorbildlich. Dass ein längeres Drücken der Taste den Pairing-Modus aktiviert, erschließt sich allerdings erst aus der Bedienungsanleitung.
Stilsichere Details
Für die Umschaltung zwischen dem anlogen 3,5-mm-Klinken-Eingang und Bluetooth 5.2 dient ein kleiner Drücker. Der besteht wie der besonders liebevoll ausgeführte Kippschalter für On/Off aus Messing, was dem Acton 3 einen edlen Touch verleiht. Trotz der satt einrastenden mechanischen Lösung, hat Marshall noch eine Elektronik dahinter geschaltet, die bei längerer Funkstille den Bluetooth-Lautsprecher in Standby versetzt.
Bei der Elektronik des 2.1-Systems setzt man auf ein bewährtes Trio von drei ziemlich kräftigen Verstärker-Kanälen nebst vollaktiver Trennung: 30 Watt für den 10-cm-Tieftöner und zwei mal 15 Watt für die beiden 3/4-Zoll-Hochtöner. Letztere sollen in der aktuellen Ausführung neue Waveguides zur optimalen Schallführung bekommen haben, die jetzt stärker nach außen strahlen. Dieses Konzept kennt man von Stereo-All-In-One-Speakern wie dem Sonos Five, in Räumen kann damit der Eindruck eines größeren Raumes und breiteren Klangbildes erzeugt werden.
Als akustische Unterstützung im Tiefton dient ein Bassreflexrohr auf der Rückseite. Ob das wirklich bis 45 Hz hinabreicht, werden wir im Hörtest klären müssen. Denn das erscheint für einen gerade einmal 2 Liter messenden All-In-One-Speaker kaum realistisch.
So kommt die Musik zum Marshall Acton 3
Mit Bluetooth 5.2 ist der Marshall auf der Höhe der Zeit, was eine optimale Verbindungsstabilität verheißt. Bezüglich Codecs gibt sich der Hersteller etwas bedeckt, aber nach dem Test gehen wir davon aus, dass er sich auf SBC beschränkt. Als Zusatz bietet er den bereits erwähnten 3,5-mm-Klinkeneingang für analoge Quellen. Zwischen beiden lässt sich wie gesagt mit dem Taster umschalten Eine kleine LED-Anzeige signalisiert auch, welcher gerade aktiv ist.
Ansonsten gibt er sich wirklich puristisch, denn weitere Funktionen gibt es am Gerät nicht. Für weitere Einstellung braucht man die kostenlose Marshall Bluetooth App für iOS und Android. Auch die ist kein Funktionswunder. Hinter dem verheißungsvollen Begriff „Equalizer“ verbergen sich lediglich die beiden mit den Drehknöpfen an der Bluetooth-Box synchronisierten Regler für Bass und Höhen.
Nützliche App
Dabei gilt zu beachten, dass „5“ jeweils die Neutralstellung bedeutet. Eine Neuerung ist die OTA-Funktion (Over-the-air-Updates der Firmware). Die muss man über den Internetzugang (idealerweise via WLAN) zunächst auf das Smartphone lasen und von dort über Bluetooth auf den Acton III übertragen. Diese letzten zehn Meter bilden dabei das Nadelöhr und ließen in unserem Test die Ladezeit auf rund 10 Minuten ansteigen. Aber sehr praktisch ist das schon. Wenn Sie diesen Test lesen, hat der Marshall Acton III womöglich bereits neue Funktionen. Dazu soll in naher Zukunft ein Mehrzonen-Betrieb über Bluetooth statt WLAN zählen.
Jetzt schon an Bord befindet sich die „Placement Compensation“, eine Korrektur für die mitunter verhängnisvolle Interaktion von Raumakustik und Aufstellungsort des Lautsprechers kompensieren soll. Damit lassen sich brummige Bässe vermeiden, was im Hörtest eleganter als mit den Klangreglern, die wie eine Keule wirken, gelang.
Viel Druck, Bass und Spaß im Hörtest
Und Bass produziert der aktuelle Acton wirklich mehr als genug. Für seine Größe kommt er nicht nur sehr tief in den Basskeller, er kann in den unteren Oktaven auch wirklich noch richtig gut differenzieren. Er gehört eindeutig nicht zu den Brummern, die im Bass nur eine Frequenz in den Vordergrund schieben, um die Illusion von Tiefgang zu erzeugen. Er leistet wirklich ganze Arbeit.
Diese Fähigkeit zahlt sich natürlich besonders bei akustischen Drums aus der Zeit, als die Marke Marshall mit ihren Bühnen-Verstärkern Legendenstatus erlangte. Wer damit etwa Deep Purple – die Band verwendete in den 60ern und 70ern selbst die Marshall Amps – oder 10cc Live hört, der versteht im wahrsten Wortsinne schlagartig, was gemeint ist. Die Drums besitzen Autorität und Körper und klingen einfach so richtig satt, wie man es in der Gewichtsklasse von Bluetooth-Boxen wirklich nicht alle Tage geboten bekommt.
Auch in den Mitten und Höhen zahlen sich die neuen Treiber aus. Der neue Acton III vereint eine gesteigerte Intensität mit bemerkenswerter Impulsivität und Hochton-Auflösung. Letztere geht löblicherweise nicht mit einer Schärfe oder Überbetonung einher.
Klingt moderner, als er aussieht
Zwar fehlt dem Acton III jene Rotzigkeit, die zu meiner Verblüffung tatsächlich mancher an den älteren Bluetooth-Boxen von Marshall schätzte. Aber er hat dafür etwas Elegantes, Seidiges und klingt präziser und klarer als seine Vorfahren. Man darf nämlich nie vergessen, dass ein bestimmter E-Gitarren-Sound wie der von Deep Purple in den wilden 60ern und 70ern ein subjektives Stilmittel verkörpert. Dagegen sollte ein Lautsprecher möglichst neutral sein, damit er mit unterschiedlichsten Aufnahmen und Musikrichtungen klar kommt.
Deshalb haben wir den Marshall Acton III auch ausgiebig mit moderner Musik getestet. Und siehe da: Der Nostalgiker unter den Bluetooth-Lautsprechern kommt bestens mit Musik des 21. Jahrhunderts klar. Elektronische Beats wie im Titel „Sing It Back“ von Moloko profitierten nicht minder vom Tiefgang und Differnzierungsvermögen des Acton III. Hier konnte er vor allem auch sehr eindrucksvoll beweisen, was er an explosivem Punch zu bieten hat. Wirklich exzellent ganz besonders für die vergleichsweise geringen Abmessungen. Auch Hip-Hop-Fans dürften an diesem modernen Marshall Gefallen finden.
Bei der teuflisch guten Performance in der Klasse der mittelgroßen Bluetooth-Boxen lag es natürlich nahe, den Teufel zu rufen. Unser bewährter Anker, der Teufel Boomster, ermöglichte einen spannenden Vergleich mit dem Acton III, um den neuen Marshall in seinem Umfeld richtig einzuordnen. Der Deutsche legte dann auch zackig los, zeigte noch mehr Attacke und Impulsivität. Er bot auch etwas mehr Tiefgang und Pegelreserven. Allerdings wirkte der Bass des Berliners nicht so präzise und Drums nicht ganz so authentisch, gerade was das vom Marshall gekonnt eingefangene Ausklingen betrifft. Und in den Höhen fehlte ihm jene Eleganz des vom Lizenznehmer Zound Industries in Schweden abgestimmten Acton III. Auch Stimmen wirkten über den Boomster etwas kühler und gepresster.
Test-Fazit und Alternativen zum Marshall Acton 3
Wer das Retro-Design liebt, wird sich mit anderen Bluetooth-Lautsprechern dieser Klasse ohnehin nicht aufhalten. Allenfalls mit einem der größeren Marshall-Modell wie dem Stanmore III, der aber gleich die Hälfte mehr kostet und deutlich mehr Platz wegnimmt.
Nicht ganz so groß fällt der Preisunterschied zum Teufel Boomster aus. Der spielt etwa auf Augenhöhe, wenn auch mit unterschiedlichen Vorzeichen. Der Boomster haut mehr drauf, der Acton III klingt noch stimmiger und feiner. Außerdem darf man nicht vergessen, das der Acton ein ganzes Stück kleiner und auch ein ganzes Stück preiswerter als der Teufel Boomster ist. Dafür fehlt dem Marshall aber dessen Mobilität und Variabilität, Stichwort DAB+/UKW-Tuner.
Vor allem der nicht vorhandene Akku könnte sich für viele als KO-Kriterium erweisen, denn die meisten Käufer halten Ausschau nach dem besten mobilen Bluetooth-Lautsprecher in der jeweiligen Preisklasse. Damit fallen Strandpartys mit dem Marshall ins Wasser, zumal der nicht wasserdicht und auch nicht gegen Staub geschützt ist. Wer diese Freuden mit einer Box unbedingt der Traditionsmarke verbinden will, muss sich mit dem mobilen, aber im Klang keineswegs an den exzellenten Acton III heranreichenden Marshall Kilburn II zulegen oder auf dessen MK-III-Version warten.
Technische Daten Marshall Acton 3
- Preisempfehlung des Herstellers: 270 Euro
- Abmessungen (B x H x T): 26 x 16 x 15 cm
- Gewicht: 2,85 kg
- Besonderheiten: Analog-Eingang, analoge Klang-/Lautstärkeregler
- Mehr unter: www.marshallheadphones.com
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