STEREO GUIDE Testurteil
Die Bluetooth-Earbuds Sony WF-C710N bieten dezentes ANC und viele Funktionen. Klanglich überzeunde Allrounder, die weder audiophil noch Pegelwunder für Dynamikfreunde sind.
Vorteile
- ausgewogener Klang bei allen Genres
- sehr gute Räumlichkeit
- Top-Telefonieeigenschaften
- Top App mit vielen Funktionen
Nachteile
- Könnten etwas transparenter spielen
- pegelbeschränkt, lauter etwas gepresster Klang
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Natürlichkeit / Transparenz8.4
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Bass / Dynamik8.2
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Praxis / Connectivity9.4
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Preis/Leistung9.4
Vor nicht einmal zwei Jahren hatten wir den Sony WF-C700N im Test, der als guter Allround-TWS mit alltagstauglichem aktivem Noise-Cancelling (ANC) reussierte. Schon schieben die Japaner den Nachfolger in den Markt, der sich Sony WF-C710N nennt und im Preis von 100 auf 120 Euro ansteigt.
Die augenfälligste Veränderung ist das Wegfallen der charakteristischen „Klick-„Buttons mit Druckpunkt, die beim WF-C710N durch Touchflächen ersetzt wurden. Die News-Redakteure diverser Tech-Blogs erklärten denn auch die neue Farbe „transparentes Blau“ zum wahren Neuigkeitswert, die einen Hauch von 1990er-iMac-Feeling in die Ohren bringt. Wir entschieden uns da lieber für die pastellige Rosa-Variante, denn die Fashion-Farben der Vorsaison, das Salbeigrün und Lavendel, wurden aus dem Programm genommen.
Wir konzentrieren uns auf Herstellerangaben zu verbessertem Klang, Laufzeit und höherwertigeren Materialien als Eingangsfragen zu einem Praxistest. Besonders das Ladecase hat sich hier deutlich verbessert. Bei den relevanten Daten wie der Akkulaufzeit mit Nachladen steht eine deutliche Verlängerung auf der Habenseite.

Sony WF-C710N: Ergonomischer Nachfolger des WF-C700N
Der Hersteller gibt 8,5 Stunden ohne Nachladen an, bei deaktiviertem ANC sogar 12 Stunden. Das Ladecase legt noch mehr als zwei volle Ladungen nach, so dass man auf bis zu 30 Stunden mit aktiviertem ANC kommt. Respektabel, gerade angesichts des geringen Gewichts des Ladecases von 38 Gramm, das in Form eines dickeren Lippenstifts daherkommt und gut in Taschen Platz findet.
Der Spritzwasserschutz nach IPX4 genügt für die meisten Anwendungen, hier hat sich gegenüber dem Vorgänger WF-C700N nichts verändert.
Beim Einsetzen der WF-C710N hatten wir die Wahl zwischen drei verschiedenen Silikon-Dichtungen. Wie schon beim Vorgänger, fehlt eine echte S-Variante, die mittlere war schon recht groß. Hörer mit sehr schmalen Ohrkanälen sollten also unbedingt vor dem Kauf eine Anprobe einkalkulieren!
Das Einsetzen gelingt deutlich einfacher als beim Vorgänger, der eine recht rauhe Drück/Schraub-Bewegung zu seinem Lieblingssitz weit im Ohrkanal verlangte. Der Sony WF-C710N sitzt etwas lockerer wie auch bequemer, und lässt sich auch ohne großes Probieren sofort dicht im Ohrkanal plazieren. Eine deutliche Verbesserung. Doch beim Langzeitbetrieb auf Reisen merkt man die Präsenz des neuen Sony dann trotuzdem irgendwann.

Praxistest: So wirkt das ANC des Sony WF-C710N
Der erste Praxistest des ANC sorgte für eine Überraschung: Im „Aus“-Betrieb ist das isolierende Gefühl durch die passive Dämpfung in Mittel- und Hochton etwas deutlicher als beim aktiven Noise-Cancelling-Betrieb. Letzterer kommt mit einem kaum wahrnehmbaren Rauschen und Resten von Umgebungsgeräuschen. Er konzentriert sich mit der Auslöschung eher auf eine gute Bassdämpfung. Das ist nicht ideal bei Wind, geht aber in Ordnung, weil besonders Straßen- und Fluggeräusche gut gedämpft werden und der Lärm von außen recht unscheinbar, da ausgewogen, wirkt. Im Alltagsbetrieb liegt der Sony WF-C710N damit eher bei den Hörern mit subtilerem ANC, die Geräusche wie Straßenverkehr oder ähnliches unterdrücken, Sprache aber verständlich durchlässt.
Den Transparenzmodus benötigt man also nur im Bahnhof oder im Flugzeug für schwer verständliche Durchsagen. Der WF-C710N klingt nicht mehr so blechern wie beim Vorgänger, und man kann ihn in der App in 20 Stufen regulieren. Ein längerer Betrieb ist aber nicht zu empfehlen, weil gerade hochfrequente, plötzliche Geräusche doch recht deutlich durchkommen.
Eine hervorragende Performance lieferte der Bluetooth-In-Ear von Sony beim Telefonieren. Selbst in halligen Räumen und bei Wind war man damit sehr gut zu verstehen, was für TWS beleibe keine Selbstverständlichkeit ist.

Technik und mehr
Mit Bluetooth 5.3 ist die Verbindungstechnik zur Koppelung mit dem Smart-Device auf aktuellem Stand. Wir können nach dem Test bestätigen, dass die Bluetooth-Verbindung durchweg sehr stabil war. Als Codecs werden SBC und AAC geboten. Eine höhere Qualität mit aptX-Geräten bleibt den kleinen Sonys weiterhin verwehrt, wie auch der hauseigene, doch wenig verbreitete LDAC.
Einige wirklich sinnvolle Ausstattungsmerkmale finden sich in der Übersicht: Die Mini-Sonys unterstützen etwa die Kopplung mit zwei Bluetooth-Geräten gleichzeitig. Das Noise-Cancelling lässt sich in 20 Stufen in der Wirksamkeit einstellen und per Ortserkennung erinnern sich die Sonys auch an die dort gewünschte ANC-Intensität. Das geht aber selbstredend nur in der App.
Als eigentlicher Treiber kommt eine sehr kleine 5-mm-Membran zum Einsatz. Ziemlich wenig Membranfläche für ein aktives Noise Cancelling, wo die Membran ja auch Schallanteile zur Auslöschung des Bassbereichs produzieren muss.
Die Touch-Steuerung gelingt intuitiv und treffsicher. In der Standardeinstellung nimmt der rechte WF-C710N durch einfaches Tippen Telefonanrufe an, der linke wechselt zwischen Noise-Cancelling und Transparenzmodus.
Die Sony-App heißt jetzt Sound Connect
Die ehedem als Sony Headphones Connect App bekannte Anwendung für iOS oder Android Geräte suchten wir zunächst vergeblich. Sie wurde schlicht in Sony Sound Connect App umbenannt, beinhaltet aber nahezu dieselben Funktionen wie beim WF-C700N.
Die App selbst verwirrt zunächst mit vielen Einstellungen und einer komplexen Menustruktur. Sie bietet aber versteckt einige wirklich sinnvolle Features. Der Equalizer ist kein grafischer EQ, sondern besitzt 5 häufig bei In-Ears benutzte, schmalbandige Eingriffsmöglichkeiten. Der Bassregler geht extra. In der Praxis wird man den sehr guten EQ aber wegen der Ausgewogenheit des Hörers nur fein dosiert benutzen.
Viele Funktionen klingen sinnvoll, benötigen in der Praxis aber einige Rechte der App und Einrichtungsprozeduren. Die adaptive Ortserkennung etwa soll das Noise-Cancelling an die Umgebung anpassen. Wegen der starken passiven Isolierung haben wir das kaum benutzt. Die angebliche Klangverbesserung bei deutlich datenreduziertem Material, von Sony Digital Sound Enhancement Engine (DSEE) genannt, ließen wir deaktiviert, nachdem wir beim ersten Versuch einen leichten Hang zu harscheren Höhen feststellten.
Gleich mit zwei Methoden lässt sich der Sony automatisch personalisieren: Die Vermessung der Ohren für einen virtuellen 360-Grad-Sound dürften die meisten als Spielerei abtun. Praktischer ist da die Optimierung des Equalizers nach einem Präferenzvergleich mit Soundbeispielen. Das lieferte in der Praxis weniger überzeugende Ergebnisse als eine manuelle EQ-Optimierung, aber ist eben auch für Tontechnik-Novizen deutlich intuitiver.




Hat der Sony WF-C710N beim Klang einen Sprung gemacht?
Die Kritik am WF-C700N scheinen die Sony-Entwickler ernstgenommen zu haben: Der neue TWS-In-Ear war zwar tonal ähnlich abgestimmt, aber zeigte genau bei einigen Punkten eine klar verbesserte Performance. Der erste Eindruck war neutral-unspektakulär mit einem satten, aber weder dominanten noch kickenden Bass. Die für einen In-Ear recht weite Räumlichkeit blieb erhalten, was besonders Freunde akustischer Musik wie Folk, Jazz und Klassik freuen dürfte.
Auch aus Sicht von Pop- und Rockliebhabern machte er seine Sache ausgewogener als der Vorgänger: Den Höhen fehlte es vielleicht an audiophiler Transparenz und Schmelz, sie blieben aber zischfrei, ausgewogen und von guter Auflösung. Der Sony WF-C710N kam mit wirklich jedem Genre zurecht, lediglich bei eher lärmigen Livekonzerten wurde er in den Höhen dann auch entsprechend harsch, besonders bei höheren Abhörlautstärken. Die sind ohnehin nicht seine Stärke, auch wenn er etwas dynamischer wirkt als der Vorgänger. So richtig Druck und Kick produzierte der 710er selbst bei Maximalpegel nicht, klang dann schon eher etwas angestrengter und verleitete zu einem Reduzieren der Lautstärke.
Das stattliche, gut eingebundene Bassfundament kannten wir schon vom Vorgänger. Trotz ordentlichen Tiefgangs und korrektem Timings blieb der Bass eher auf der hintergründigen Seite. Sprich, er lieferte nicht die letzte Härte bei elektronischer Musik, machte aber bei mittleren bis gehobenen Pegeln durchaus Spaß.
Test-Fazit und Alternativen zum Sony WF-C710N
Der stärkste Konkurrent kommt aus dem eigenen Haus: Der Vorgänger Sony WF-C700N wird, wie bei Sony üblich, deutlich günstiger verkauft als der neue WF-C710N. Den Mehrpreis rechtfertigt der Neue nur für Musikfreunde, die die längere Laufzeit des Ladecases oder die ausgewogenere und dynamischere Klangqualität wirklich zu schätzen wissen. Ansonsten bleiben die Unterschiede gering, und man kann mit dem Vorgänger bedenkenlos sparen.
Wer allein auf Klangqualität wert legt, hat ohnehin Alternativen: den Teufel Real Blue TWS 3 gibt es eine Preisklasse darüber mit audiophilen Qualitäten. Doch als Gesamtpaket mit toller Telefonie und vielen Funktionen sind die Sonys dennoch ein attraktives Angebot.
Technische Daten Sony WF-C710N
- Preisempfehlung des Herstellers: 119 Euro
- Bauart: In-Ear
- Wandlerprinzip: Dynamisch
- Gewicht: je 5,2 g, Case 38 g
- Besonderheiten: Active Noise-Cancelling, wasserabweisend nach IPX4, App-Steuerung, 6-Band-EQ, Headset-Mikrofon
- Mehr unter: www.sony.de