Wer irgendwo einen Ratgeberartikel findet, der „das beste Multiroom-System“ preist… sollte bitte gleich weiterklicken. Denn „das beste“ WLAN-Streaming-System gibt es nicht. Die Ansprüche an ein solches System und die Vor- und Nachteile der einzelnen Anbieter sind komplex und individuell. Deshalb lohnt es sich, ein wenig über eigene Ansprüche und auch zukünftige Anwendungsfälle nachzudenken, bevor man sich für ein System entscheidet.
Das geschieht in der Praxis oft anders: Ein kleiner WLAN-Speaker kommt als Geschenk ins Haus oder wird als Streamingdienst-Endgerät für geringes Budget (100 bis 200 Euro) angeschafft. Einmal an die App des Herstellers gewöhnt, erweitert man dann seine Multiroom-Installation natürlich nur noch um kompatible Komponenten. Und bleibt dann im schlimmsten Fall an die Welt eines Herstellers gebunden.
Das kann Multiroom-Streaming heute
Der Traum von der „Musik im ganze Haus“ war früher eine Sache für komplexe Kabelinstallationen und unfassbare Budgets. Mit den heutigen Komponenten geht es dagegen sehr einfach. Das in fast jedem Haushalt vorhandene WLAN sorgt für eine Versorgung vieler potentieller Komponenten im Haushalt mit Musik, aber auch für eine Steuerung durch Smartphone, Tablet und Co.
Systematische Entscheidungskriterien in 3 Schritten
1. Am besten nach gewünschtem Einsatzort entscheiden!
Den Kombinationsmöglichkeiten sind dabei nur die Grenzen gesetzt, die der Hersteller des jeweiligen Systems durch sein Angebot definiert. Wir empfehlen deshalb, sich vor allem Gedanken zu machen, in welchen Räumen man auf welche Art Musik hören will. Oder Filmton, denn die Integration des Fernsehers nebst erweiternder Heimkino-Anlage in eine Multiroom-Umgebung ist für die meisten Nutzer heute eine Selbstverständlichkeit. Unser Tipp deshalb: Die drahtlose Streaming-Installation vom wichtigsten Einsatzfall her denken, dem Wohnzimmer und dem TV. Will ich ernsthaftes Heimkino mit Surround-Sound integrieren? Soll es eine Soundbar oder eine 5.1-Anlage sein?
Einen kleinen Zonenspeaker, den man aufs Sideboard stellt oder unters Küchenregal montiert, gibt es heute von fast allen Herstellern. Denkt man über die weiteren Spezialfälle nach, in denen man vielleicht Musik hören möchte, werden die Unterschiede klarer. Möchte ich etwa in einem Raum Musik hören, wo absolut kein Lautsprecher zu sehen sein darf? Oder im Bad, im Garten ohne Stromanschluss, im Partykeller mit vollem Club-Pegel? Muss es unbedingt ein kompatibler Radiowecker sein?
Entscheidungskriterium Nr. 2: App und Bedienung
Doch: Die besten Komponenten helfen nichts, wenn man mit der Software oder Bedienung nicht zurechtkommt. Viele Musikhörer haben ihre gewohnte Bedieneroberfläche, an die sie sich gewöhnt haben. Die oft der favorisierte Musikstreamingdienst ist, den man schon seit Jahren im Abo nutzt. Daran ist nichts verkehrt, doch in diesem Fall sollte man sich vielleicht überlegen, ob man nicht die Streaming-Installation ebenfalls danach ausrichtet, dass man diese Software weiter nutzen kann.
Oder man schaut sich einfach mal im Beispiel an, wie andere Leute ihre Musik im ganzen Haus verteilen. Oft findet man nach wenigen Klicks heraus, welche App einem persönlich am meisten liegt. Dabei zählt besonders, ob man es intuitiv schafft, die gewünschten Funktionen wie Zonenverwaltung, Definieren von Favoriten-Presets oder dem Einbinden der eigenen Musiksammlung zu meistern.
Ein weiterer wichtiger Punkt bei Bedienung und Komfort: Will ich einen Sprachassistenten integriert habe oder nutze ich bereits einen? Insbesondere wer Google Assistant oder Amazon Alexa nutzt, wird große Unterschiede in der Einbindung zwischen den verschiedenen Systemfamilien vorfinden.
3. Frage: Woher soll die Musik kommen?
Was zum dritten großen Fragenkomplex führt, den man sich selbst stellen muss, bevor man sich für eine Multiroom-Anlage entscheidet: Woher soll meine Musik oder mein Filmton kommen? Für die meisten Nutzer haben sich heute Musikstreamingdienste wie Spotify und Apple Music durchgesetzt. Doch es gibt auch viele, die ihre Musiksammlung in Form von Daten auf einer Computerfestplatte, einem Smartphone oder einem Server vorhalten. Und natürlich die klassischen Medien CD und Schallplatte, die vielleicht nicht mehr so häufig abgespielt werden. Für viele Nutzer sind sie aber nach wie vor ein Muss.
Am besten macht man sich eine kleine Liste, welche Quellen und Anwendungsfälle unverzichtbar sind. Anschließend geht man die Möglichkeiten der einzelnen Systeme, ob sie die entsprechenden Anforderungen erfüllen. Dazu eigenen sich zum Beispiel in unsere Kaufberatungen.
Das beste System für Preisbewusste, Streamingdienst-Nutzer, Komfortorientierte, TV-Fans, Wohndesign-Enthusiasten und Überall-Musikhörer: Sonos
Wer fühlt sich hier angesprochen? Der kann bedenkenlos zu Sonos greifen. Das Netwerk-Audio-System ist zurecht Marktführer, weil es so einfach zu installieren und bedienen ist. Die App ist ausgereift und mit fast allen Streamingdiensten kompatibel. Zudem funken die Sonos-Komponenten untereinander mit unerreichter Stabilität selbst bei ausgelastetem oder räumlich weit gedehntem WLAN, wenn man auf die generische Verbindungstechnik der Amerikaner umschaltet.
Unerreichte Vielfalt mit wenigen Produkten
Die Liste der verfügbaren Lautsprecher und Elektronikkomponenten ist bei Sonos erstaunlich kurz – wieso also Sieger im Flexibilitäts-Vergleich? Nun, der Hersteller hat es einfach geschafft, seine Produkte genau auf denkbare Einsatzbereiche maßzuschneidern, und zudem lassen sie sich recht einfach drahtlos kombinieren.
Was aber wirklich das Alleinstellungsmerkmal in der Produktpalette von Sonos darstellt, sind auf der einen Seite die voll kompatiblen IKEA Symfonisk Lautsprecher (wir haben sie schon getestet): Einen musikmachenden Bilderrahmen gibt es anderswo genauwenig wie eine erstaunlich erwachsen tönende Tischlampe, und bei einer kleinen Regalbox mit voller Streamingfunktionalität für 99 Euro, von denen sich zwei zu einer Mini-Stereoanlage kombinieren lassen, sind dann alle anderen Hersteller raus. Ähnliches gilt für die akkubetriebenen Zonenspeaker, die als Bluetooth-Boxen fungieren und in den Garten mitgenommen werden können.
Klangqualität von Sonos
Alle bisher von uns getesteten Sonos Produkte überzeugten in ihrer Klasse mit einer ausgereiften, langzeittauglichen und tendenziell entspannten Klangabstimmung. Für Hifi-Enthusiasten mag es anderswo mehr Dynamik und Feinauflösung geben, aber sowohl zur Hintergrundbeschallung als auch zum Musikgenießen und den kraftvoll tönenden Filmabend macht man mit Sonos nichts falsch. Zumal alle Produkte akustisch auf den Raum und den Aufstellort eingemessen werden können.
Mehr zum System in unserem Ratgeber zum Sonos System
Das beste Multiroom-System für Google Assistant, Chromecast und Filmfans: Harman/Kardon Citation
Warum sollte man sich ein Streaming-System mit eigener App anschaffen oder sich von der App des Streamingdienstanbieters abhängig machen? Mit der Google Home Welt steht jedem Besitzer eines Smartphones schon eine vollwertige Multiroom-Möglichkeit zur Verfügung, die zudem über einen Sprachassistenten und umfangreiches Videostreaming verfügt.
In diesem Fall ist unser Tipp das Harman/Kardon Citation System. Dasselbe gilt, wenn der Fernseher im Wohnzimmer der wichtigste akustische Anwendungsfall ist.
Zwar gibt es mittlerweile auch andere Streaming-Komponenten, die Chromecast unterstützen, aber beim Harman Citation ist die Unterstützung des Sprachassistenten und die Bedienung zusammen mit der Google Welt einfach am weitesten fortgeschritten. Vor allem die eingebauten Mikrofonarrays und die Touchpanels in den größeren Lautsprechern funktionieren sehr gut mit Google zusammen.
Harman/Kardon Citation mit Heimkino-Ambitionen
Das Produktportfolio des Citation-Systems ist vor allem mit Lautsprechern und Soundbars in vielen Größenabstufungen recht üppig ausgestattet, bietet allerdings lange nicht die Einsatzmöglichkeiten und ausgefuchsten Spezialprodukte einer Sonos-Welt. Dafür kann man ein großzügiges Heimkino-Setup rund um den eigenen TV aufbauen, mit dem echtes Kino-Feeling aufkommt. Zu diesem dynamischen Anspruch passen auch die Klangabstimmungen. Gerade die mittleren Citation-Modelle machen erstaunlich Bass und klingen sehr dynamisch wie vollwertig.
Mehr zum System in unserem Ratgeber Harman/Kardon Citation
Das beste Multiroom-System für Hifi-, Stereo- und Dynamik-Fans: Bluesound/NAD/Dali/Cyrus
Viele Musikhörer, die den Traum vom „Musik in allen Räumen“ realisieren, wollen trotzdem im Wohnraum oder im Musikzimmer nicht auf eine „ernsthafte“ Hifi- oder Highend-Anlage verzichten. Oder es gibt bereits im Haushalt existierende Hifi-Komponenten wie CD-Player, Plattenspieler oder Kopfhörer. Sollen diese nahtlos in die smarte Steuerung der Streaming-Installation eingebunden werden, kommen die meisten Multiroom-Systemfamilien an ihre Grenzen.
Die beste Lösung heißt für uns in diesem Fall Bluesound. Die Komponenten sind absolut führend, was die Konnektivität angeht, etwa mit analogen wie digitalen Eingängen in fast allen Komponenten, oder auch Kopfhöreranschlüssen.
Multiroom mit echten Hifi-Komponenten: Bluesound
Für Klangenthusiasten mit etwas größerem Budget aber dürfte die vollständige Integration von klassischen Hifi-Komponenten ausschlaggebend sein. So sind Bluesound-Abspiel- und Steuermöglichkeiten in fast alle Verstärker von NAD integrierbar sowie in viele aktive Lautsprechersysteme von Dali. Auch große und hervorragend klingende Standboxen sind dabei. Demnächst sollen auch die ersten Cyrus-Komponenten entsprechend ausgestattet sein.
Zwar gibt es auch andere Multiroom-Systemfamilien mit kompatiblen Elektronikkomponenten (Denon/Marantz, Yamaha), aber bei Bluesound erschienen uns sowohl die Verbindungsmöglichkeiten wie auch die Integration der smarten Produkte mit den klassischen noch einen entscheidenden Schritt weiter zu sein.
Mehr in unserem Ratgeber zum Bluesound/NAD-System
Das beste Multiroom-System für ambitionierte Heimkino- und Surround-Fans: Canton Smart
Dieser Tipp mag viele Leser überraschen, werden die drahtlosen Aktivlautsprecher von Canton gemeinhin selten als Multiroom-Lautsprecher diskutiert. Doch dank der Kompatibilität zu Airplay 2, Google Chromecast und Spotify Connect decken sie die allermeisten Anwendungen in diesem Bereich ab, auch eine eigene App und Onebox-Lautsprecher mit virtuellem Stereo kommen gerade auf den Markt.
Wer jedoch als Hauptanlage eine drahtlose Surround-Installation auf Heimkinoniveau anstrebt, für den ist das System erste Wahl. Das fängt bei der großen Auswahl an Soundbars, Centerlautsprechern, Subwoofern und Standboxen an und hört bei der Kombination aus Drahtlos-Speakern und drahtgebundenen innerhalb eines Systems mit voller Laufzeitkompensation noch lange nicht auf.
Was die Canton Smart Welt für Heimkino- und TV-Fans so interessant macht, sind vor allem die kompatiblen Verstärker bzw. Decoder-Vorverstärker. Sie dienen nicht nur als Wireless-Hub und beherrschen die ernsthaften Kinotonformate Dolby Atmos und dts-HD, sondern können auch Surroundanlagen mit bis zu 14 Kanälen ansteuern.
Sind die anderen Multiroom-Anbieter zu empfehlen?
Dass wir vier klar definierte Empfehlungen aussprechen, die die Bedürfnissen der meisten Musikhörer am besten treffen, bedeutet nicht, dass andere Systeme nicht zu empfehlen sind. Im Gegenteil, es gibt noch einige wirklich ausgereifte, vielseitige und klanglich gute Systemfamilien, die man in die engere Wahl ziehen sollte. Das gilt zum Beispiel für das Denon HEOS System, das mit sehr dynamischen Onebox-Systemen und der nahtlosen Integration von einer großen Anzahl von Hifi-Komponenten und Kompaktanlagen der Marken Denon und Marantz überzeugt. Es stellt somit einen guten Kompromiss zwischen Sonos, Harman Citation und Bluesound dar.
Wer bereits in der Amazon Welt zuhause ist und den Sprachassistenten Alexa nutzt, will natürlich auch eine passende Multiroom-Streamingumgebung. Am besten geht das nach wie vor mit den Amazon Produkten, aber hat man bereits eines davon, lassen sich auch die smarten Speaker von Bose recht gefällig integrieren.
Das beste Multiroom-System für Spotify-, Airplay- und Roon-User
Wer jetzt eine weitere „Hopp oder Topp“-Empfehlung für eine bestimmte Marke erwartet, wird von uns enttäuscht werden! Die Software des Streamingdienstes, des Airplay-Protokolls von Apple und der Musikverwaltungssoftware Roon sind nämlich so ausgereift und mit einer kaum überschaubaren Vielzahl an Komponenten kompatibel, dass sie die Zusammenstellung eines herstellerübergreifenden Multiroom-Systems erlauben. Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, wie man einen Musikstream innerhalb des eigenen Netzwerks einem bestimmten Abspielgerät zuweist, kann man praktisch unbegrenzt mischen.
Auch hier wiederum unser Tipp: Die Entscheidung von der Hauptanlage abhängig machen. Für Roon-User gibt es da einen klaren Tipp: Die KEF LS 50 Wireless II ist zwar nicht billig, aber als integrierte Streaming High End Stereoanlage mit Roon Ready klanglich unschlagbar. Für Küche, Schlafzimmer und Garten müssen es dann Komponenten anderer Hersteller werden.