In der HiFi-Welt gilt schon lange: Quellen und Wiedergabegeräte gehören so nah wie möglich zueinander. Bei Computernetzwerken ist es genau umgekehrt, hier werden oft im Haus verstreute Geräte miteinander vernetzt. Wer einen Musik- oder Videoserver betreiben will, findet sich oft in letzterer Welt wieder. Desktop-PCs oder leistungsstarke NAS (Network-Attached-Storage, also Netzwerkserver) sind oft laut und werden gern in Arbeitszimmer oder Abstellkammern verbannt.
Doch wie ist das mit einem Medienserver, der direkt an den Fernseher angeschlossen werden soll? Dieser Anwendungsfall hat der für seine NAS-Systeme bekannte Hersteller QNAP zu seiner Silent NAS Reihe inspiriert. Das sind Netzwerkserver, die ohne Lüfter auskommen und deshalb bei entsprechender Speicherbestückung absolut lautlos sein können.
Das neueste Baby dieser Reihe ist das QNAP HS-264 Silent NAS. Das elegante, nur 30cm breite und 4cm hohe schwarze Gehäuse hat ein anthrazitfarbenes gebrushtes Aluminium-Oberteil, das in Gänze als Kühlkörper arbeitet und jeglichen Lüfter überflüssig machen soll. Selbst neben hochwertigen High End Komponenten oder einem schicken Fernseher macht es eine gute, wenn auch unauffällige Figur.
Mit seinen 2 HDMI-Ausgängen und 2 Speicherschächten empfiehlt es sich besonders für den Einsatz als Videoserver. Netzwerkverbindungen und Prozessor sollen aber leistungsstärker sein als bei anderen Heim-NAS, so dass es sich auch explizit für anspruchsvolle Anwendungen wie Roon oder Plex eignet.
Hardware und Connectivity im QNAP HS-264
Leistungsstark heißt in diesem Fall: Der zentrale Prozessor ist ein Intel Celeron N5105. Das ist ein vierkerniger, oft in Laptops verbauter Zentralrechner, der so ziemlich die Leistungsspitze dieser Baureihe darstellt. Der Arbeitsspeicher beträgt 8GB in der aktuellen Version und ist nicht erweiterbar.
Bei den Erweiterungs- und Anschlussmöglichkeiten ist das HS-264 ohnehin minimalistisch: Es besitzt als 2-Bay-NAS zwei Einschubschächte für Massenspeicher im 3,5-Zoll- oder 2,5-Zoll-Format, zwei USB-3.2-Anschlüsse, zwei Ethernet-Ports und zwei HDMI. Das war es. Zusätzliche M.2-Plätze für kleinere SSD gibt es ebensowenig wie die Möglichkeit, per eSATA ein Erweiterungsgehäuse für weitere Festplatten anzuschließen. Das verwundert gerade im Hinblick auf das reichhaltig ausgestattete Schwester-/Vorgängermodell HS-453DX (das wiederum einen deutlich schwächeren Prozessor nutzt).
Dafür sind die Ethernet-Ports beide von der schnellen (2,5 Gbit) Sorte. Die HDMIs funktionieren flüssig mit 4K Material bei 60 Hz und die beiden USB-A-Anschlüsse arbeiten nach USB3.2 Gen2 Norm. Letzteres ist besonders wichtig, wenn man extern weitere Massenspeicher andocken will. Etwa eine externe USB-Festplatte für Backups.
Die beiden Festplatteneinschübe sind ohne Schrauben zu erreichen, durch ein Abnehmen des magnetisch gehaltenen Frontdeckels. Dahinter verbirgt sich zwischen den stabilen Aluminium-Festplattenrahmen auch ein Infrarot-Auge. Wer das QNAP Silent NAS als Video- oder Musikserver einsetzen will, kann eine spezielle Fernbedienung als Zubehör ordern.
Das Betriebssystem QTS 5.1.4
Alle NAS für Heimanwender und kleinere Unternehmen laufen bei QNAP unter dem eigenen Betriebssystem QTS, was wir in der Version 5.1.4 einem Test unterzogen. Die Basis dafür ist Linux, aber QNAP haben mit einer Webbrowseroberfläche und einem über direkten Bildschirm-/Tastatur-/Mausanschluss erreichbaren Desktop eine recht komfortable Bedienung fürs Administrieren eingebaut. Um den Webbrowser zu erreichen, muss man aber die IP-Adresse des Servers im häuslichen Netzwerk kennen. Dazu dient entweder das kostenlose Programm QFinder, oder man schaut in der Oberfläche des eigenen Routers nach, welche Adresse dem Server zugewiesen wurde.
Wer schon ein bißchen Erfahrung mit dem Administrieren von Servern und Netzwerken hat, wird mit dem QTS System gut zurechtkommen. Für reine Windows/Mac/Android-User ist das System aber ein wenig verschachtelt, viele Einstellmöglichkeiten sind nicht intuitiv zu erreichen.
Das beginnt mit der Vorbereitung der Speicherelemente. Zwar verspricht der Hersteller mit Recht einen „Hot-Swap“, also das Austauschen einzelner Speicher im laufenden Betrieb, sowie die automatische Wiederherstellung bei einem neu eingebauten Speicherelement. Dafür muss aber zunächst eine Formatierung vorgenommen werden, mit der NAS-eigenen App „Speicher & Snapshots“. Die wirft mit spezifischen Fachbegriffen wie „Speicherpool“, „Thin Volume“ und „LUN“ um sich und ist für Anfänger nicht sehr intuitiv. Dafür sind Informationstiefe und Einstellmöglichkeiten aber vorbildlich.
Wer Anwendungen wie Plex, Roon oder einen UPnP-Server installieren will, wird sich über den App-Store von QNAP freuen, der hier „App Center“ heißt. Viele Anwendungen sind kostenlos, und in den übersichtlichen Kategorien leicht zu finden.
Die Nutzung des NAS als Multimediaserver oder Musikserver stellt den Anwender noch einmal vor ein paar Hürden: Sowohl die Installation von Audio- und Video-Codecs als auch die korrekte Zuweisung der HDMI-Ausgänge zu einer App sind alles andere als intuitiv. Wer von der Mac- oder Windows-Welt kommt, wird schnell graue Haare bekommen. Und nach Tutorial-Videos suchen, die es glücklicherweise für dieses weit verbreitete System reichhaltig gibt.
Welche Festplatten oder SSD für das stille NAS?
Die Auswahl der richtigen Massenspeicher ist beim QNAP HS-264 wichtiger als bei anderen NAS-Systemen. Zum einen will man ja die Vorteile des absolut geräuschlosen Servers erhalten, zum anderen stellt die passive Kühlung ohne Lüfter gewisse Anforderungen an die Speicherelemente in den beiden Schächten.
Am besten mit SSD bis 2 x 8 TB bestücken
Wer mit 16 TB Speicherplatz auskommt oder in einem RAID1-System (alle Daten redundant vorhanden) mit 8 TB, dem empfehlen wir ausdrücklich die Anschaffung von SSD-Speichern. Wenn diese im 2,5-Zoll-Format vorliegen und SATA-kompatibel sind, gibt es unserer Erfahrung nach keine Probleme mit dem HS-264. Sie lassen sich in die Schacht-Einschübe einschrauben und haben genug Kontakt zu den Metallschiebern für eine gute Wärmeableitung.
Wer auf SSD setzt, aber mehr Speicherplatz benötigt, für den wäre ein 4-Bay-SilentNAS wie das QNAP TS-410E eine Alternative (siehe unten „Alternativen“).
Unser Tipp: Die Samsung 870 QVO mit 8TV funktionieren hervorragend sowohl im Qnap HS-264 wie im TS-410E.
Vorsicht bei HDDs – nicht zu laut und nicht zu heiß!
Wer mehr Speicherplatz will, wird wahrscheinlich über HDDs mit drehenden Scheiben und magnetischer Speicherung nachdenken. Der Hersteller empfiehlt aber ausdrücklich die Verwendung von Festplatten mit geringerer Hitzeentwicklung. Auf der QNAP-Webseite findet man gar nur 8-TB-Modelle oder weniger als ausdrücklich empfohlen und getestet in der Kompatibilitätstabelle.
Professionelle Server-Platten im 3,5-Zoll-Format scheiden aufgrund ihrer lauten Kopf- und Rotationsgeräusche ohnehin aus. Aber auch die meisten größeren Platten von 16 TB und mehr werden auf Dauer für das flache NAS zu heiß oder drehen zu schnell mit zu viel Masse, was Vibrationen erzeugen kann und den Sinn eines stillen Servers konterkariert.
Unser Tipp: die Western Digital WD Red (Plus) mit 10, 12 oder 14 TB (nicht die lauteren, heißeren WD Red Pro!). Sie haben eine erfreulich niedrigere Stromaufnahme und geben die Wärme gut an die Metallrahmen ab, in die sie – möglichst fest – montiert werden sollten. Aber selbst die könnten ohne Lüftung im Dauerbetrieb heiß laufen. Das verkürzt ihre Lebensdauer nicht unerheblich, so dass wir nicht empfehlen, das mit HDDs ausgerüstete Silent NAS mit 24/7-Daueraufgaben wie der Aufzeichnung von Überwachungs-Kamera-Streams zu belasten.
Vibrationen vermeiden mit Dämpfer-Füßen bei magnetischen Festplatten
Wer zwei der vorgenannten Festplatten einbaut, wird bemerken, dass das QNAP HS-264 zwar leise, aber nicht vollkommen still seine Arbeit verrichtet. Besonders mit Festplatten großer Kapazität (also viel bewegter Masse) und schneller Umdrehungszahl schwingt sich das Gehäuse etwas auf und kann Vibrationen auf die Unterlage übertragen.
Unser Tipp: aus dem Studiobereich bekannte Dämpferfüße wie die IsoAcoustics Mini-Puck entkoppeln das NAS zuverlässig auch von schwingfreudigen Regalbrettern!
Praxis-Tipp: Stilles Qnap-NAS richtig aufstellen ohne Hitzestau
Wer denkt, er könne den stillen NAS-Server QNAP HS-264 einfach im Schrank wegsperren oder aufs oberste Regalbrett verbannen irrt sich leider.
Das Konzept des stillen, lüfterlosen NAS basiert darauf, dass der flache Riegel frei steht, etwa auf einem Tisch oder Lowbard, von allen Seiten Luft zieht und diese dann mittels des großen Metalldeckels und des Kamineffekts nach oben gesogen wird. Ein Schrank oder enges Regalfach steht dem im Wege: ein Hitzestau ist programmiert, der irgendwann die Speicherbausteine beeinträchtigt oder den Prozessor sich selbst herunterregeln lässt. Ebensowenig hat das Silent NAS etwas auf dem Schrank, eingeklemmt zwischen Büchern, im HiFi-Komponentestapel oder dem obersten Regalbrett in Deckennähe verloren. Dort oben sammelt sich ohnehin die warme Luft, und der Kamineffekt wird zusätzlich unterdrückt. Eine Überhitzung des Systems ist dann programmiert.
Das gilt besonders für den Betrieb mit magnetischen HDD-Platten! Diese sollten auf Dauer in einem gesunden Temperaturbereich gehalten werden. Die Hersteller von NAS-Platten geben zwar großzügig Temperaturgrenzen von 60, 65 oder70 Grad für den Betrieb an. Ein Ausreizen dieser Grenzen kann jedoch die Lebensdauer erheblich verkürzen und zum Ausfall führen!
Tipp: Energie sparen und Wärme vermeiden
Eine Dauertemperatur bis 45 Grad ist für HDDs langfristig gesund. Bei intensiven Operationen wie Kopieren oder RAID-Wiederherstellung kann es kurzfristig auch bis 50 Grad gehen. Bei höheren Temperaturen sollte man sich Gedanken machen, wie man Wärme vermeidet – oder gleich das ganze System auf SSD umrüsten, die vertragen deutlich mehr.
Lebensdauer-verlängernde Energiespartipps sind zum Beispiel:
- Energiesparoptionen des QNAP-Betriebssystems nutzen und die Festplatten bei Inaktivität in den tiefen Standby versetzen lassen
- Energiezeitplan erstellen und das NAS zu Tageszeiten, in denen es nicht gebraucht wird, automatisch herunterfahren lassen
- Anwendungen und Apps, welche die Platten 24/7 ansprechen, wie Video-Überwachungs-Dienste, vermeiden
Audio- und Video-Anwendungen auf dem QNAP Silent NAS
Roon dürfte wohl für HiFi-Fans das Hauptargument darstellen, sich dieses stille, leistungsstarke NAS zuzulegen. Wer an dieser Software kein Interesse hat, kann auch das weniger prozessorstarke Schwestermodell HS-453DX in Betracht ziehen. Für serverseitig weniger anspruchsvolles Audio-Streaming gibt es aber zahlreiche Alternativen. Direkt im QNAP-Appstore oder über den myqnap sind etwa Minim, Logitech Media Server, Twonky oder Kazoo Server von Linn verfügbar. Der vorinstallierte Player Music Station ist eher von der simplen Sorte, agiert per Erweiterung namens Medie Streaming Add-On aber auch als Streaming Bridge für Airplay, Chromecast und HDMI.
Auch im Multimedia- und Videobereich gibt es einige Optionen, um den QNAP zur Streaming-Zentrale zu machen. Die beliebtesten dürften wohl Plex und Kodi sein.
Praxistest: Roon auf dem QNAP HS-264
Die genial komfortable Musiksoftware Roon benötigt unerwartet viele Ressourcen beim Prozessor des Servers. Der Softwareanbieter rät sogar auf seiner Webseite ausdrücklich davon ab, schwächere Prozessoren wie Intel Atom oder Celeron zu verwenden. Läuft Roon also auf dem HS-264, das immerhin einen der modernsten und schnellsten Intel Celerons beinhaltet?
Und wie! Einen SSD-Speicher für die Roon-Datenbank vorausgesetzt, läuft die Software auf dem QNAP HS-264 selbst mit mittleren und größeren Bibliotheken flüssig, dass es eine wahre Freude ist. Wir würden die Performance subjektiv zwischen dem Roon Nucleus und dem schnelleren Nucleus+ einordnen. Auch Multiroom-Operationen und komplexes Umrechnen von HiRes-Audio wie DSD und Equalizing stellte kein Problem dar.
Tipp: Wer das HS-264 mit HDD-Platten nutzt, sollte für Roon einen sowohl beim Lesen wie beim Schreiben schnellen USB-Stick mit mindestens 64 GB in den USB-Port einstecken und die Datenbank auf diesen Pfad verlegen. Wir empfehlen dafür den SSK 512GB Pro.
Einzig bei sehr großen Musiksammlungen verlor das flache NAS etwas an Schwung bei Roon. Eine genaue Grenze lässt sich nicht nennen, da vom Einzelfall abhängig, aber bis 100.000 Titel beziehungsweise 10.000 Alben erscheint uns das praxistauglich.
Das QNAP HS-264 ist übrigens nicht nur ein hervorragender Roon Core (Server), sondern zeigt sich in den Roon-Einstellungen auch als Endpunkt. Und das gleich mehrfach. Sind die entsprechenden Anwendungen aktiviert und der HDMI-Port zugewiesen, sieht Roon den HDMI als aktivierbare Zone. Und das sogar für Mehrkanal-Files bis zu 7.1 Kanälen, was ungeahnte Möglichkeiten bei der Anspielung eines AV-Receivers bietet.
Sobald ein D/A-Wandler oder Aktivlautsprecher mit USB-Eingang angeschlossen wird, zeigt sich auch der USB als anspielbare Zone in Roon.
Marktumfeld und Fazit
Wer ein absolut geräuschloses NAS sucht, das die typischen Server-Aufgaben und zusätzliches Musik/Video-Streaming im Wohnzimmer übernimmt, findet am Markt nicht viele Alternativen zu QNAP. Die älteren Modelle aus dem Hause würden wir trotz besserer Ausstattung oder günstigerem Preise nicht empfehlen. Das beliebte HS-453DX etwa bietet zwar bessere Anschlussmöglichkeiten und mehr Speicherbestückung. Aber dessen Prozessor ist nicht mehr die neueste Generation, was sich bei Roon und komplexen Videoanwendungen bemerkbar machen kann.
Eine interessante Alternative vom Hersteller Qnap gibt es aber: Das TS-410E im Towerformat. Es besitzt 4 Speicherschächte, die aber im 2,5-Zoll-Format ausschließlich SSDs und keine HDDs aufnehmen. Die Leistung ist mit dem HS-264 vergleichbar, die Anschlussmöglichkeiten sogar besser. Dafür ist es etwas teurer und nicht so chic im Wohnzimmer.
Technische Daten QNAP HS-264 Silent NAS
- Preisempfehlung des Herstellers: 700 Euro (ohne Speicherbausteine)
- Abmessungen (B x H x T): 30 x 4 x 22 cm
- Gewicht: 2,1 kg (ohne Speicherbausteine)
- Besonderheiten: lüfterloses NAS/Serversystem, 2xHDMI, 2×2,5GBit Ethernetanschluss, IR-Fernbedienbar (nicht im Lieferumfang)
- Mehr unter www.qnap.com