STEREO GUIDE Testurteil
Der Teufel Real Blue Pro ist der Top-Hörer der Marke. Dafür fährt er Top-ANC und App auf. Womit der Over-Ear aber besonders punkten kann, das ist seine gelungene Klangabstimmung. Zudem lässt er sich auch am Kabel betreiben und bietet damit eine hohe Flexibilität. Einzig die Verarbeitung entspricht nicht ganz dem restlichen Niveau.
Vorteile
- Tiefer, satter, kickender Bass
- Sehr große Dynamik und Pegelreserven
- Weiträumige, transparente Abbildung
- Super Bedienung inklusive App mit EQ und Gehör-Anpassung
Nachteile
- Gerade der Kopfbügel könnte solider wirken
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Klang: Natürlichkeit / Transparenz8.7
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Klang: Bass / Dynamik9.5
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Praxis / Connectivity9.4
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Preis/Leistung8.9
Lautsprecher Teufel könnte inzwischen genauso gut Kopfhörer Teufel heißen. Die Berliner haben auch hier einiges an Erfolgen vorzuweisen. Die Erfolgsformel baut auf zwei Faktoren auf: Klang und Funktionsumfang der In-Ears, On-Ears und ohrumschließenden Hörer liegen auf einem sehr hohen Level, gerade wenn man die gewöhnlich niedrigen Preise in Betracht zieht. Mit dem neuen Teufel Real Blue Pro wollen die Produktplaner von der Spree in beiden angestammten Disziplinen gegenüber dem vor einiger Zeit zum Test auf STEREO GUIDE angetretenen Real Blue NC noch eins drauf setzen und auch beim Finish mit Touch-Flächen aus gebürstetem Metall die Spitzenstellung des Over-Ears im Kopfhörer-Sortiment der Marke manifestieren. Das weckte in der Redaktion einige Erwartungen, schließlich hatte sich gerade die Real-Blue-Reihe in unseren bisherigen Tests sehr gut geschlagen.
Sprache der Zahlen
Da man Klang bekanntlich nicht so leicht in Zahlen ausdrücken kann, stellt Teufel in der Werbung für den Real Blue Pro einen griffigen Wert in den Mittelpunkt: bis zu maximal 44 Stunden soll der 800.mAh-Lithium-Ionen-Akku des Over-Ear-Hörers halten. Mit aktiviertem Active Noise Cancellin (ANC) wohlgemerkt. Ohne sind im Idealfall sogar bis zu 56 Stunden möglich. Das ist nicht nur ein eindrucksvoller Wert, sondern auch ein Argument, sich einen 296 Gramm schweren Bügel-Kopfhörer mit ohrumschließenden Polstern zuzulegen. Solche Werte schaffen die allgemein beliebten In-Ears wenn überhaupt nur mit Nachtanken im Ladecase – sprich mit gelegentlichen Pausen. Das ist gerade auf langen Reisen mit der Bahn oder im Flugzeug ein Vorteil für den Teufel Real Blue Pro. Und das, obwohl selbst gefaltet und in seinem Hardcase verstaut noch ganz schön sperrig zu transportieren ist, während man die Ohrkanal-Hörer der Modellreihe, die Real Blue TWS 2 bequem in die Hosentasche stecken kann.
ANC auf einem neuen Level
Auf Reisen soll sich auch ein weiteres Feature des Top-Kopfhörers im Teufel-Sortiment bewähren: Sein digitales, hybrides Active Noise Cancelling lässt sich anders als die Geräuschunterdrückung des im letzten Jahr getesteten Real Blue NC in drei Stufen anpassen. Seine Wirkung wechselt dann entsprechend zwischen niedrig, mittel und hoch. Für Durchsagen am Bahnhof oder Flughafen kann der Nutzer den Transparenzmodus für die wohl dosierte Einspielung der, von Mikrofonen erfassten Außengeräusche aktivieren. Teufel nutzt diese, auf hohe Sprachqualität ausgelegten, Mikrofone auch für die Headset-Funktion des Real Blue Pro. Seine drahtlose Bluetooth-5.1-Verbindung sorgt für kurze Latenzzeiten, damit der Ton von Video-Konferenzen, aber auch von YouTube-Videos lippensynchron ohne spürbare Verzögerungen abläuft. Zur Übertragung von Audio-Daten stehen aptX Adaptive und AAC bereit.
Der Trick mit dem Stick zieht noch immer
Ebenfalls großen Wert legte Teufel beim Real Blue Pro auf die Bedienung. So gibt es an beiden Ohrmuscheln gut ertastbare Knöpfe. Rechts findet sich gar ein Joystick – wie schon am weiterhin erhältlichen Real Blue NC eine praktische Sache. Nach unten und oben bewegen regelt nach intuitiver Logik die Lautstärke, seitliche Bewegungen lösen den Titelsprung vorwärts oder rückwärts aus. Drücken bedeutet folgerichtig Start/Stop, während ein längerer Druck je nach Smartphone Apple Siri oder Google Assistant ruft. Für ANC gibt es ebenfalls rechts eine eigene Taste, deren Funktion sich in der Teufel Headphones App genauer definieren lässt. Das Gleiche gilt für die beiden Touchfelder auf jeder Seite. Mit ihnen kann man beispielsweise Anrufe annehmen oder ablehnen. Man kann aber auch die Dynamore-Funktion über dreifaches Tippen auf der rechten Seite (Standard-Einstellung) aktivieren.
Dynamore kommt an Bord
Dynamore? Da war doch was, denkt sich der Teufel-Kenner. Richtig, Bluetooth-Boxen der Marke nutzen wie die kürzlich bei STEREO GUIDE zum Test angetretene Motiv Go Voice oder Boomster diese proprietäre Raumklang-Funktion schon seit vielen Jahren. Mit dem Real Blue Pro hält dieser Algorithmus unter der Bezeichnung „Dynamore Headphones“ jetzt Einzug in die Teufel-Kopfhörer. Und es gibt noch mehr Mittel, den Klang nach Gusto aufzuhübschen: Die Teufel Headphones App stellt einen Equalizer mit zahlreichen Voreinstellungen für Techno, Pop oder Klassik. Es gibt auch eine vom Benutzer definierte Einstellung mit sehr eigener, gewöhnungsbedürftiger Umsetzung (siehe Screenshot weiter unten). Außerdem lässt sich eine pegelabhängige Bass-Anhebung („Dynamic Bass“) für einen automatisch angepassten Boost bei geringen Abhörlautstärken zuschalten.
Hörtest gefällig?
Um geringe Lautstärken geht es auch bei der integrierten Gehöranpassung, dem Mimi-Hörtest. In dessen Verlauf gilt es, aus einem Rauschteppich einen hohen Piepton herauszuhören. Wenn man den Ton wahrnimmt, gilt es, einen kreisförmigen Button zu drücken und zu halten. Daraus ermittelt Mini die Gehörempfindlichkeit jedes der beiden Ohren und errechnet eine Korrektur, die sich in drei Stufen mehr oder weniger stark ausgeprägt zum Musikhören verwenden lässt.
Ohne dem eigentlichen Hörtest vorgreifen zu wollen: Mimi funktioniert wirklich toll und sorgt bei älteren Semestern oder jüngeren Nutzern, die ihr Gehör schon in diversen Clubs mit hohen Pegeln malträtiert haben, für einen brillanteren, nuancierteren Klang. Der Effekt von Dynamore fiel dagegen sehr bescheiden aus, gerade wenn man bedenkt, wie toll der Raumklang-Effekt bei Teufel-Bluetooth-Boxen die Basisbreite der Hörbühne erweitert. Das Gute daran: Dynamore macht im Klang des Real Blue Pro auch nichts kaputt. Ein künstlicher Beigeschmack bleibt immerhin aus.
Verbesserte Hardware
Im Inneren der Pro-Version, die von der Form her auf dem Real Blue NC basiert, hat sich, abgesehen von neuen, hauptsächlich softwarebasierten Features, nicht viel getan. So sind die schicken Farbvarianten Night Black und Titanium Gray nicht der wesentliche Unterschied in der Hardware. Auch die besonders leichten 4,4-cm-Linear-HD-Treiber tragen zur Aufwertung bei. Das Standardmodell der Real Blue-Ohrhörer muss mit kleineren 4-cm-Membranen auskommen. Immerhin kostet der Real Blue Pro für Teufelsanhänger stolze 350 Euro. In Optik und Ausstattung wird das Kopfhörer-Flaggschiff von der Spree dem damit verbundenen Anspruch weitgehend gerecht. Teufel liefert sein Top-Over-Ear mit Hardcase, Ladekabel für die USB-C-Buchse und stoffummanteltem 3,5-mm-Klinkenkabel für den passiven Betrieb am analogen Kopfhörerausgang. Von der Haptik her trübt allerdings der Kopfbügel, der schon beim günstigeren Real Blue NC für einige Kritik bei Nutzern aus dem Umfeld des Autors sorgte, etwas das Bild eines High-End-Kopfhörers.
Was hat sich vom Sound beim Top-Teufel-Kopfhörer getan?
Am Klang gab es allerdings nichts zu meckern. Im Hörtest kam Freude auf – auch wenn die Koppelung mit dem iPhone und mit der App über Bluetooth erst nach zwei Resets des originalverpackten Real Blue Pro auf die Werkseinstellung klappte.. Teufel gelang eine sehr ausgewogene Abstimmung mit natürlicher Stimmwiedergabe. Die hohe Homogenität der Klangabstimmung und die breitbandige Wiedergabe überzeugten spontan und machten auch langes Zuhören zum Vergnügen. Der Over-Ear spielte tonal ausgewogen auf einem geradezu audiophilen Level.
Die Auflösung und die Feinzeichnung des Teufel Real Blue Pro im Hochtonbereich vertragen sich sehr gut mit Streichern oder Holzbläsern in der Klassik. Sie tragen aber auch zur lässigen, nie lästigen Spritzigkeit mit Tracks aus den Bereichen Pop, Rock oder Electro bei. Dazu kommt eine Tieftonwiedergabe, die durch Volumen, Tiefgang und durch Kick überzeugt. Der abgrundtiefe, trockene Punch dürfte gerade auch Fans von Hip Hop begeistern. Das gilt gerade auch mit aktiviertem ANC, wo der Real Blue Pro wie die meisten Active-Noise-Cancelling-Kopfhörer durch eine geänderte Abstimmung noch mal im Bass einen zusätzlichen Boost mobilisiert.
Satt und sauber im Bass
Alle mit audiophilem Anspruch dürften erfreut zur Kenntnis nehmen, dass der kräftige, ausgesprochen satte Bass des Teufel Real Blue Pro nicht zu Lasten der Durchhörbarkeit in den Mitten geht. Die Transparenz und die weiträumige Abbildung können ebenfalls überzeugen. Wegen der großen Dynamik-Reserven wirkte die Wiedergabe auch nie angestrengt. Unterm Strich also ein gelungenes Gesamtpaket, zumal das Noise Cancelling einen tollen Eindruck hinterlässt. Auf der höchsten Stufe schirmt es den Träger des Bluetooth-Hörers wirklich über einen weiten Frequenzbereich sehr wirkungsvoll von jeglichen Umgebungsgeräuschen ab. In der niedrigsten Stufe schützt es dann durch Antischall immer noch recht gut vor tieffrequenten Störgeräuschen, während dann hohe und mittlere Frequenzen schon recht deutlich durchkommen. So kann man sich mit dem Teufel Real Blue Pro wie ein Chamäleon perfekt an seine jeweilige Umgebung anpassen – zumal auch die passive Dämpfung des Over-Ears schon recht gut ist.
Man kann das aktive Noise Cancelling übrigens beim Real Blue Pro auch in Verbindung mit passiver Wiedergabe über Kabel nutzen. Wer den Klinkenstecker in die Buchse an der linken Ohrmuschel einführt, trennt damit automatisch die Bluetooth-Verbindung. Das ist praktisch, kappt aber gleichzeitig die Verbindung zur App. Man kann das ANC aber weiter über den Hörer selbst steuern und für die passive Wiedergabe hat Teufel eine einfache Kabelfernbedienung für Start/Stop und Skip in die Strippe eingebaut. Am Kopfhörer-Ausgang macht der Teufel dank hohem Wirkungsgrades eine überraschend gute Figur. Sollte ihm also mal der Strom für aktiven Bluetooth-Betrieb ausgehen, lässt sich mit dem Real Blue Pro immer noch kraftvoll Musik wiedergeben.
Test-Fazit und Alternativen zum Teufel Real Blue Pro
Klanglich, aber auch gerade vom ANC, legt Teufel beim Real Blue Pro gegenüber dem im November letzten Jahres getesteten Real Blue NC noch mal eine Schippe drauf. Die größeren Treiber lassen den neuen Top-Kopfhörer von Teufel noch weniger angestrengt wirken und sorgen für eine besonders tiefe und saubere Bass-Wiedergabe. Dazu kommt ein sehr wirksames ANC, das sich perfekt dosieren lässt. Von gewissen Windgeräuschen mal abgesehen zählt der Teufel-Over-Ear damit zu den besten seiner Art.
Ob diese Verbesserungen allerdings ausgehend vom empfohlenen Verkaufspreis einen Unterschied von deutlich über 100 Euro zum insgesamt gelungenen Real Blue NC rechtfertigen, sollte jeder vom Kauf für sich selbst in einem Hörtest mit seiner Musik und seinen eigenen Ansprüchen entscheiden. Schließlich unterscheidet sich der High-End-Teufel im einzigen Kritikpunkt nicht vom Basismodell: Machte dessen Kopfbügel schon für 230 Euro einen wenig überzeugenden Eindruck, gilt das erst recht bei dem, um ein gutes Drittel teureren Top-Modell, das vom Straßenpreis her dem hochwertiger wirkenden Bowers & Wilkins Px7 S2 schon sehr nahe kommt.
Teufel Real Blue Technische Daten
- Preisempfehlung des Herstellers: 350 Euro
- Bauart: Over-Ear
- Wandlerprinzip: dynamisch
- Gewicht: 296 g
- Besonderheiten: Noise-Cancelling, 56 Stunden Akku-Laufzeit (ohne ANC), Joystick-Steuerung, App, 3,5-mm-Klinkenkabel mit Fernbedienung für Passiv-Betrieb
- Mehr unter: www.teufel.de