Im stilechten Retro-Design versteckt der Marshall Monitor II viele moderne Funktionen. Der Over-Ear-Kopfhörer klang in unserem Test knallhart rockig, schnell und nicht so wirklich sanft.
Vorteile
- tiefer, satter, impulsiver Bass
- tolle Dynamik und Spielfreude
- durchdachtes Bedienkonzept
Nachteile
- Noise-Cancelling und Mikro nicht optimal
-
Klang: Natürlichkeit / Transparenz6.8
-
Klang: Bass / Dynamik9.4
-
Praxis / Connectivity9.2
-
Preis / Leistung8.8
Antik oder Retro? Der Marshall Monitor II A.N.C. gehört zu den wenigen Produkten, denen die Verbindung von altem und neuem Design wirklich gelingt. Von weitem könnte man denken, einen lederbespannten, sichtbar geschlossenen Over-Ear-Kopfhörer mit kleinen Spiralkabeln aus den 1950er Jahren vor sich zu haben. Bei näherem Betrachten sind die Materialien hochwertig, aber eben doch kein echtes Leder.
Mit Liebe zum Detail bleibt eigentlich alles, was einen modernen Kopfhörer ausmacht, optisch verborgen. Sei der Bluetooth-Betrieb mit bis zu 45 Stunden Akkulaufzeit respektive bis zu 30 Stunden ohne Active Noise-Cancelling (ANC) oder die mehrfachen Gelenke des verstellbaren Bügels. Mit letzteren lässt sich der Monitor II A.N.C. ziemlich kompakt zusammenklappen und nimmt dann selbst als ausgewachsener Over-Ear-Hörer mit relativ dicken Kapseln kaum Platz im Reisegepäck weg. Zum Schutz legt Marshall einen Transportbeutel bei. Wer sich ein Exemplar der Diamond Jubilee Edition zum 60. Jubiläum der Kultmarke sichern konnte, darf sich gar über ein stylisches Hardcase mit Kunstlederbezug und Plüsch-Futter freuen.
Bedienung: Volle Punktzahl
Doch wie gehen Retro-Design und Bedienung zusammen? Marshall verzichtet auf berührungsempfindliche Touchflächen an den Kapseln. Auf den ersten Blick sieht man zudem nur einen Knopf auf der rechten Seite. Wie soll man damit einen komplexen ANC-Hörer steuern?
Man kann! Denn zum einen ist der sichtbare Knopf in Wahrheit eine Art Joystick, mit dem man Lautstärke, Titelsprung und diverse Steuerkommandos durch Druck geben kann. Zum anderen hat der Marshall Monitor II zwei weitere Buttons, die geschickt in den Drehgelenken der Bügel versteckt sind: Einer fürs Umschalten des Noise-Cancelling- beziehungsweise Transparenz-Modus´, der andere frei belegbar.
In der Praxis ergibt das eine traumhaft intuitive, fehlerfreie und vielseitige Bedienung. So gut, dass wir uns fragen, warum nicht mehr Hersteller diesem Beispiel folgen. Auch die Möglichkeit zum passiv-Betrieb über das mitgelieferte 3,5-mm-Klinkenkabel erweist sich als sehr praxisgerecht.
App in der Praxis
Beim Versuch, den Marshall Kopfhörer direkt mit einem Bluetooth Gerät zu verbinden, wird man mit dem Hinweis „Verbindung nur über die App“ freundlich, aber bestimmt auf selbige hingewiesen. Hat man die aus dem Google Playstore oder Apple Appstore heruntergeladen, klappt die Einrichtung wie am Schnürchen.
Die Marshall Bluetooth App erweist sich als gut und sinnvoll ausgestattete Steuerzentrale, die auf Mätzchen verzichtet. Dafür kann man die verborgene Taste der rechten Kapsel individuell mit einer Funktion wie dem Sprachassistenten – Google Assistant oder Apple Siri – belegen.
Relativ tiefe Einstellmöglichkeiten hat man beim Noise-Cancelling: Das lässt sich wahlweise deaktiveren, in 10 Stufen in der Intensität regeln, oder es kann auch einem Transparenzmodus, etwa für Durchsagen im Zug, weichen.
Genauso durchdacht erschien uns die EQ-Funktion: Die Marshall Bluetooth App bringt nicht nur einen 5-Band-Equalizer und diverse voreingestellte Presets mit. Man kann sich auch drei verschiedene Kurven als eigene Favoriten hinterlegen und zum Beispiel je nach Musikmaterial umschalten.
Praxistest: Aufsetzen und Noise-Cancelling
Der Marshall Monitor II A.N.C. ist als Over-Ear konzipiert. Seine Kunstlederringe sitzen also am Kopf auf. Da das Material ziemlich hochwertig ist, machen wir uns wegen Schwitzen oder Hitzeentwicklung darunter keine Gedanken. Das Innere der Kapseln fällt allerdings für sehr große Ohrmuscheln minimal zu klein aus, so dass sie seitlich die Dichtungen berühren.
Ansonsten saß der Monitor II A.N.C. bei allen Testpersonen hervorragend und vermittelte ein Gefühl von Abdichtung, ohne auf den Kopf zu drücken. Im Zweifelsfall sollte man den Bügel eher etwas enger als zu weit stellen, denn sonst rutschen die Kapseln bei Berührung relativ leicht wieder von den Ohren.
Bei aktiviertem Noise-Cancelling machte der Marshall durch ein gewisses Grundgeräusch auf sich aufmerksam. Kein typisches Rauschen in den obersten Höhen, sondern eher ein mittenlastiges Geräusch ähnlich dem „Meeresrauschen“ aus einer großen Muschel. Beim Betrieb unterwegs ist das hinreichend leise, um nicht wahrgenommen zu werden, zuhause haben wir dagegen das ANC lieber deaktiviert.
In der Praxis bewährte sich sowohl das Noise Cancelling als auch die eingebauten Mikrofone für Telefongespräche. Mit einer Einschränkung: Beide mögen seitlich einfallende, stärkere Winde nicht und reagieren dann zuweilen mit etwas merkwürdigen Störgeräuschen. Ansonsten erwies sich das ANC aber als effektiv und angenehm zugleich.
So klingt der Marshall Monitor II A.N.C.
Der erste Eindruck der Klangqualität bildet sich nach wenigen Takten: Der Marshall Monitor II A.N.C. im Test gibt dem Träger sowohl in der Präsenz als auch im Tiefbass ganz schön auf die Zwölf. Ganz so, als stünde man im Club oder beim Rockkonzert ganz nah an den Boxen. Besonders der Bass gefiel uns auf Anhieb: Abgrundtief, satt, aber gut im Timing und impulsschnell. Egal ob wir Hip Hop, Rock oder elektronische Beats hörten, einen solchen Spaßbass ohne Aufdicken und ohne Dominanz gegenüber dem Mittelhochton haben wir selten gehört.
Obenherum dürfte es den meisten Hörern etwas zu viel des Guten sein. Die tonale Grundabstimmung ist präsenzstark bis aufdringlich. Also sofort den Equalizer in der App bemühen und insbesondere die Frequenzen oberhalb von 1 kHz zurücknehmen und Grundton um 400Hz hinzugeben.
Damit lässt sich der Monitor II A.N.C. ganz gut auf ein tonal ausgewogenes Level bringen. Auch wuchs der ohnehin schon gute Raum noch einmal in die Tiefe. Seinen Grundcharakter ändert er dabei aber nicht: schnell, rockig, spielfreudig und manchmal ein wenig rotzig. Wer gern feine Stimmen oder akustische Instrumente hört, dürfte damit nicht wirklich glücklich werden. Neben einem leichten Hang zur Färbung von Obertönen nahm er es auch mit einer seidigen Hochtonauflösung nicht so genau und präsentierte beinahe jede Aufnahme als Adrenalinfest.
Obwohl der Monitor II A.N.C. für praktisch alle Musikrichtungen außer sehr komplexer Klassik geeignet schien, macht er mit elektronischen Beats am meisten Spaß. So viel, dass wir uns fast noch ein bißchen mehr Pegel gewünscht hätten.
Marshall Monitor II A.N.C. – Test-Fazit und Alternativen
Wer einen Hörer mag, der einem permanent volle Dynamik und Adrenalin auf die Zwölf gibt – der hat im Marshall Monitor II A.N.C. schon seinen Lieblingshörer gefunden. Und wird den Aufpreis gegenüber einem schnöder designten Modell auch gern zahlen.
Wem das Design zweitrangig ist, der bekommt mit dem Teufel Real Blue NC einen ähnlich dynamischen Hörer zum günstigeren Preis, der sogar in punkto Ausgewogenheit und Maximalpegel noch etwas mehr abliefert als der Marshall.
Technische Daten: Marshall Monitor II A.N.C.
- Preisempfehlung des Herstellers: 300 Euro
- Bauart: Over-Ear, geschlossen
- Wandlerprinzip: Dynamisch
- Gewicht: 320 g
- Besonderheiten: 40-mm-Treiber, Marshall Bluetooth App. Transporttasche, 3,5-Millimeter-Klinkenkabel, USB-C-Ladekabel
- Akkulaufzeit bis zu 30/45 Stunden (mit/ohne ANC)
- Mehr unter: www.marshallheadphones.com