STEREO GUIDE Testurteil
Test: Der Bowers & Wilkins Px8 ist ein sehr edler Bluetooth-Kopfhörer und überzeugt durch Tragekomfort, Räumlichkeit und Langzeittauglichkeit
Vorteile
- exzellente Räumlichkeit
- facettenreiche, transparente Klangfarben
- hervorragende Langzeittauglichkeit
- sehr wertig, hervorragende Verarbeitung
Nachteile
- App auf Android zur Zeit des Test nicht immer stabil
- könnte in den Mitten etwas direkter spielen
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Klang: Natürlichkeit / Transparenz9.0
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Klang: Bass / Dynamik9.4
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Praxis / Connectivity9.5
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Preis / Leistung8.6
Teure passive Kopfhörer im Portfolio zu haben, gilt unter HiFi-Herstellern fast schon als Pflichtübung fürs Image. Ausgerechnet Bowers & Wilkins, bekannt für ihre highendigen Lautsprecher, machen bei diesem Trend nicht mit. Neben dem PX7 S2, den wir bereits im Test hatten, kommt das neue Spitzenmodell Bowers & Wilkins Px8 bewusst als aktives Modell mit Bluetooth und Active Noise-Cancelling (ANC).
Wir schreiben bewusst – aktiv – denn mit Bluetooth allein ist der Px8 nur in punkto mobilem Komfort, nicht aber beim Klang ausgereizt. Die digitale Anschlussvariante per USB-C-Kabel verspricht die Verarbeitung von lossless Hires-Datenströmen bis 24 Bit/48 kHz. Damit empfiehlt sich der neue, trendbewusst hochwertig gestaltete Kopfhörer auch durchaus für Highender, die ansonsten einen externen DAC und passive Hörer bevorzugt hätten. Und dann erscheint der aufgerufene Preis von 700 Euro in den Standardfarben schwarz und Beige fast als Schnäppchen. Wer noch mehr Exklusivität erwartet, bekommt für 100 Euro Aufpreis eine McLaren Edition in Anlehnung an die Kooperation mit dem Sportwagenbauer und eine 007 Edition des B&W Px8 mit entsprechenden Labels und besonderer Farbgebung.
Edles innen und außen
Damit aber auch genug der Anbiederung an den lifestyligen Zeitgeist. Bei der Materialwahl wurde ernsthaft High End Entwicklung betrieben: Die Schallwandlung besorgt eine 40-mm-Kapsel mit Kohlefaser-Membran, die in einem Gehäuse unter ordentlich Aluminium-Einsatz verbaut wird. Sie strahlt leicht von vorn angeschrägt, um dem natürlichen Schalleinfallswinkel zum Ohrkanal näherzukommen und den Klangveränderungen in Abhängigkeit vom Abstand zwischen Membran und Trommelfell zu umgehen.
Für einen edleren Eindruck und zugleich eine deutliche Absetzung vom niedriger positionierten, in der Formgebung sehr ähnlichen Px7 S2 sorgt eine Kombination aus Nappaleder-Applikationen an Bügel und Kapseln und Memoryfoam in den Polsterringen und dem Kopfbügel-Polster. Das bringt nicht nur ein Anfassgefühl, was bei den Noise-Cancelling-Hörern seinesgleichen sucht, sondern auch eine schon passiv sehr gute Abdichtung ohne erhöhten Druck auf den Kopf. Allerdings dauert es auch nach dem Aufsetzen ein wenig, bis sich der Px8 wirklich an die Kopfform angeschmiegt hat, und benötigt teilweise noch eine leichte Korrektur des perfekten Sitzes.
Zusätzlich lässt sich das aktive Noise-Cancelling aktivieren, was man allerdings wegen der sehr guten passiven Dämpfung nur bei nervigem Umgebungslärm wie im Flugzeug oder neben lauten Straßen wirklich braucht. Es analysiert den Störschall mithilfe von vier Mikrofonen, und errechnet entsprechenden Gegenschall zur Auslöschung innerhalb der Kapsel. Die Mikrofone arbeiten dabei getrennt von den beiden Mikrofonen für die Sprachaufnahme, was laut Hersteller die Sprachqualität verbessern soll.
Viele Funktionen, wenig Spielerei
Die meisten Musikliebhaber werden den Bowers vermutlich drahtlos benutzen. Bis zu 30 Stunden hält der Px8 mit einer Akkuladung und aktiviertem Noise-Cancelling durch. Mit Bluetooth 5.2 sowie den aus HiFi-Sicht wichtigsten Codecs AAC und aptX HD gibt es da auch keine Bedenken hinsichtlich der Klangqualität. Theoretisch besser geht es natürlich per USB-C, denn dann können unkomprimierte Datenströme bis 24 Bit/48 kHz zugespielt und im kopfhörereigenen D/A-Wandler in Musik verwandelt werden. Eine Adapterkabel auf analoge Klinkenanschlüsse von 3,5 mm liegt ebenfalls bei, sodass man auch im Flugzeug oder bei exotischeren Quellen nicht auf die Wandlung des Px8 verzichten muss.
Bedienung und Rückmeldungen durch den Hörer bleiben trotz dieser Einsatzvielfalt auf einem sehr intuitiven Niveau: Eine mehrfarbeige LED informiert über Bluetooth-, Batterie- und Ladestatus. Dasselbe gilt für die vorbildliche Anordnung des An/Aus-Schiebers sowie der Lautstärkeregel-Tasten.
Etwas komplizierter wird es dann, wenn alle Telefonie- und Playback-Funktionen über eine einzige Multifunktionstaste auf der rechten Kapsel gesteuert werden. An die Doppel-, Dreifach- und Langklicks muss man sich erst einmal gewöhnen. Die belegbare Taste auf der anderen Kapsel steuert voreingestellt das aktive Noise-Cancelling. Das ANC lässt sich zwischen Aus, An und Transparenzmodus für Durchsagen umschalten.
Steuern per App oder Webradio hören
Die Individualisierung und den Zugriff auf weitere Funktionen erledigt die bekannte Bowers & Wilkins Music App. Die gewährt Zugriff auf Webradio-Stationen und offeriert ein für drei Monate kostenloses Probeabo für den Online-Dienst Qobuz. Darüber hinaus hält sie wenige zusätzliche Funktionen bereit, die aber allesamt sehr sinnvoll sind. Neben einem Belegen der linken Taste mit dem Schnellaufruf des Sprachassistenten lässt sich noch definieren, welche Aktion der Over-Ear-Kopfhörer beim Abnehmen einer Kapsel oder des ganzen Hörers vollführen soll. Das Pausieren der Musik funktioniert dabei allerdings nur beim Bluetooth-Betrieb.
Unter dem Menüpunkt Equalizer verbirgt sich ein klassischer Klangregler mit Höhen- und Bassdosierung. Eine kleine, aber praktische Funktion in der App ermöglicht das Makeln zwischen zwei verbundenen Geräten, etwa wenn man den Px8 abwechselnd am Computer und Smartphone einsetzen will. Diese Funktion wussten wir im Praxistest besonders zu würdigen, wenn man am Smartphone die Klangregelung feintuned, während vom Computer die Musik zugespielt wird
App in der Praxis mitunter hakelig
Ansonsten sorgte die App in der Praxis anfangs für einige unruhige Momente. Das Verbinden gelang vom Android Smartphone erst nach mehrmaligem Versuchen und immer wieder wurde der Px8 von der App nicht erkannt, wenn er über Bluetooth gerade Musik spielte. Ein Update des Android-Systems schaffte Linderung, aber löste nicht alle Probleme. Am iPhone lief es dagegen völlig problemlos.
Noise-Cancelling und Klangqualität: NC überzeugt nur draußen
Das adaptive Noise Cancelling hinterließ in ruhiger Umgebung zuhause einen zwiespältigen Eindruck. Es agierte sehr effektiv und passte sich hörbar an verschiedene akustische Umgebungen an. Dafür war auch ein klar vernehmbares Rauschen zu bemerken. Die tonale Abstimmung in Bass und Höhen schien sich mit eingeschaltetem Noise Cancelling zudem hin zu einer leichten Loudness zu verschieben. Während wir unterwegs der Geräuschunterdrückung nur Bestnoten bescheinigen können, sollte das ANC daheim besser aus bleiben.
Klingt der Px8 wirklich so viel besser als der Px7 S2?
Die Gretchenfrage, ob der Px8 seinen „kleinen Bruder“ Px7 S2 in unserem Test klanglich so weit hinter sich lässt, dass der Mehrpreis gerechtfertigt ist, trieb uns natürlich im Hördurchgang an. Und sie ist nach einem kurzen Standard-Durchgang gar nicht so einfach zu beantworten. Denn die Unterschiede sind zunächst vor allem charakterlicher Natur: Wo der Px7 S2 auf maximale Dynamik, Detaildarstellung und eine gewisse audiophile Show getrimmt zu sein schien, agierte der Px8 etwas besonnener und legte den Fokus eher auf weite, natürliche Räume und Langzeitgenuss. Ja, der „Bowers-Sound“ mit perlig-transparenten Höhen und einem durchaus pfundigen Oberbass blieb erhalten, aber erschien hier dynamisch eine Spur gebremster.
Was den Bass betraf, legte der B&W Px8 mit aktivertem ANC noch eine Schippe drauf. Das drängte bei Musik mit starken Beats allerdings die recht zurückhaltenden, vornehm blassen Mitten noch mehr in den Hintergrund und wirkte sich daher mit manchen Aufnahmen eher kontraproduktiv aus. Absolut top war dagegen die Präzision im Mittel-/Hochtonbereich. Und auch der Bass bewegte sich auf der sauberen Seite. Für einen Over-Ear verdienten sich obendrein die Transparenz und das Raumgefühl viel Lob. Ebenfalls überzeugen konnten die sehr ordentlichen Dynamik-Reserven.
Eine interessante Entdeckung machten wir ganz unverhofft beim Durchstöbern der in die Bowers & Wilkins Music App integrierten Internet-Radio-Sender. Damit klang der Bluetooth-Over-Ear extrem stimmig und begeisterte mit nahtlosem Spielfluss. Zudem verlieh dem B&W Px8 diese bequem zugängliche Programmquelle etwas, das die ihre geringere Auflösung gegenüber Bluetooth-Streaming vom Smartphone aufwog: Der Hauch von Wärme besonders mit Gesangstimmen bekam dem von nobler Blässe geprägten Briten ganz ausgezeichnet. In Verbindung mit dem angenehmen Tragekomfort eine tolle Basis für entspanntes Langzeithören.
Testfazit, Alternativen und Marktumfeld zum B&W Px8
Das Segment der wirklich hochpreisigen Bluetooth-Over-Ears ist noch nicht so stark besetzt wie die mittleren Preisklassen. Ob man sich für einen Bowers & Wilkins Px8, die Apple Airpods Max oder einen Focal Bathys entscheidet, ist letztlich auch Stil- und Geschmacksfrage. Der Bowers punktet im Vergleich vor allem mit seiner sehr räumlichen Wiedergabe und unschlagblarer Langzeittauglichkeit. Wer auf maximalen Funktionsumfang Wert legt, greift wohl eher zum Apple – sofern er kein Android-Smartphone verwendet.
Doch letztlich kommt sein härtester Konkurrent aber aus dem eigenen Haus: Der Px8 ist zwar trotz unterschiedlichen Klangcharakters dem Bowers & Wilkins Px7 S2 leicht überlegen. Doch der saftige Aufpreis bei identischer Konnektivität und hauptsächlich durch die Napa-Leder-Applikationen aufgewertete Qualitätsanmutung führt in unserem Test durch geringere Punktzahl beim Preis/Leistungsverhältnis zu einer identischen Gesamtbewertung. Er ist zwar der bessere Over-Ear-Kopfhörer. Doch ob er unterm Strich damit auch der bessere Kauf ist, hängt sehr vom eigenen Budget und dem Willen ab, für feine Unterschiede in Klang und Finish fast 300 Euro mehr zu berappen.
Technische Daten Bowers & Wilkins Px8
- Preisempfehlung des Herstellers: 700 Euro
- Bauart: Over Ear
- Wandlerprinzip: Dynamisch
- Gewicht: 314 g
- Besonderheiten: Noise-Cancelling, App-Steuerung, Kohlefasermembran
- Mehr unter: bowerswilkins.com