STEREO GUIDE Testurteil
+ enorm tiefe und differenzierte Basswiedergabe
+ gerade für einen geschlossenen Kopfhörer sehr gute Transparenz
+ exzellentes Finish, hochwertiges Anschlusskabel
+ Ständer im Lieferumfang enthalten
+ niedrige Impedanz für hohen Wirkungsgrad
– trotz niedriger Impedanz nicht für Mobil-Nutzung geeignet
– nur mit 6,35-mm-Klinke ausgestattet
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Klang: Natürlichkeit / Transparenz9.3
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Klang: Bass / Dynamik9.8
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Praxis / Connectivity8.3
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Preis/Leistung9.2
Eine der wenigen Marken, die mühelos – und erfolgreich – zwischen den Welten der einzelnen Märkte wandeln, gehört Fostex. Kennt man in HiFi-Kreisen vor allem die Breitbänder und Lautsprecherchassis, sind unter Studioprofis die Abhörlautsprecher und Kopfhörer eine Bank. Mit dem neuen Fostex TH 900 Mk2 bringen die Japaner ein Produkt auf den Markt, das ebenso mühelos zwischen den beiden Welten wandelt: Der geschlossene Hörer mit den großen, in Metallic-Rot lackierten Muscheln eignet sich sowohl als High End Wandler wie auch als Studiostandard – sofern denn die Profis bereit sind, für edle Zutaten auch etwas mehr zu bezahlen.
Die Gehäuse werden aus japanischer Zierkirschen-Birke gefertigt. Und das geschieht sogar aus akustischen Gründen, denn diese Holz bietet bestmögliche Steifigkeit und homogene Dichte. Und beim TH900Mk2 handelt es sich ja wie bei dem zum Vergleich herangezogenen Fostex TH 900 Mk2 Pearl White Limited Edition um ein geschlossenes Modell, bei dem die Membran rückwärtig auf ein entsprechendes Volumen in der Gehäuseschale spielt. Die geschlossene Bauweise des Over-Ears sorgte dann auch im Test für beste Bass-Wiedergabe.
Der glitternde Lack außen entspringt einer alten japanischen Lackiertechnik namens „Urushi“. Das muss man sich vorstellen wie eine auf Naturharzen basierende, vom japanischen Perfektionismus inspirierte Variante des Klavierlacks. Beim Fostex TH900Mk2 wird das Reflexions- und Farberlebnis durch das Einarbeiten von Silberfolien im laufenden Lackier- und Polierprozess verstärkt.
Natur-Wunder im rotem Lack
Bei den funktional entscheidenden Teilen des Schallwandlers setzt Fostex ebenfalls auf die Natur: Die Membran des 50-mm-Treibers besteht aus einer Biozellulose. Und doch unterscheidet sie sich stark von üblichen Papp- oder Holzfasermembranen, die wir aus Lautsprechern kennen. Der Hersteller optimierte seine „Biodynamic“-Mischung mit hohem Elastizitätsmodul bei geringem spezifischen Gewicht auf eine hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen und zugleich viel höherer Steifigkeit als sonst üblich.
Um den Gewichtsvorteil nicht wieder durch eine massige Schwingspule verschenken zu müssen, wurde dieser dünner als üblich gewickelt. Für Ausgleich in der Krafterzeugung sorgt ein mit 1,5 Tesla (nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls nach Nicola Tesla benannten Auto!) besonders starker Neodym-Magnet.
Beim Ohrpolster griff man absichtlich nicht auf Naturprodukte zurück: Es fühlt sich zwar annähernd so an wie Leder, besteht aber aus Proteinleder auf Basis von Eierschalenmembranen. Damit ist dem Tierschutz gedient, vegane Hörer bleiben trotzdem außen vor.
Kabel-Wahl
Das abnehmbare Kabel besteht aus hochreinstem Kupfer der 7N OFC Klasse, also mit einer Reinheit auf sieben Stellen hinter dem Komma. Aus Wunsch gibt es als Zubehör ein symmetrisches Kabel von identischer Reinheit, dass aber die Befeuerung mit entsprechend ausgerüsteten Vorverstärkern ermöglicht.
So klingt der edle Japaner
Die geringste Überraschung bei einem derart aufwendigen geschlossenen Over-Ear ist die Basswiedergabe. Hier erfüllte der Fostex die Erwartungen nicht nur, er übererfüllte sie sogar. Er produzierte ein sehr tiefreichendes, dabei konturiertes Bass-Fundament. Mit Titeln wie „Africa“ vom Live-Album „XX“ der Band Toto oder „Unputdownable“ von Roisin Murphy konnte man den Spaß am Bass mit Schlagzeug respektive elektronischen Beats auskosten wie es nur mit wenigen Kopfhörern möglich ist.
Für eine äußerst positive Überraschung sorgten dagegen die sehr gute Transparenz und das Gefühl einer räumlichen Tiefe. Diese beiden Kriterien stehen bei geschlossenen Hörern gewöhnlich in reziproker Relation zum Vermögen, tiefe Bässe wiederzugeben. Das sind die beiden Seiten der Medaille, wenn es um die geschlossene Bauweise geht. Wenn es trotzdem einer derartigen Konstruktion gelingt, den für natürliches Hörempfinden wichtigen Mitteltonbereich so fein aufzulösen wie im Fall des TH900 MK2, dann spricht das für entsprechend hohen Aufwand bei der Auslegung von Gehäuse, Polstern und Treibern. Hier ließen die Entwickler von Fostex ihren riesigen Erfahrungsschatz aufblitzen. Und auch die Höhenwiedergabe wirkte sehr frisch und für ein geschlossenes Gehäuse auch sehr offen.
Fostex TH900 MK2 vs Fostex TH900 MK2 Pearl White Limited Edition
Allerdings gibt es neben dem TH900 MK2 noch die Pearl White Limited Edition des Fostex-Hörers. Die unterscheidet sich von der Standard-Version nicht nur im frischen, perlweißen Look. Laut Hersteller verfügt sie auch über eine etwas andere Abstimmung. Von dieser Ankündigung konnte sich STEREO GUIDE im Hörtest selbst ein Bild machen, denn der Fostex TH900 MK2 Pearl White Limited Edition stand unserem HiFi-Magazin ebenfalls zur Verfügung. Zunächst stach eine äußerst praxistaugliche Gemeinsamkeit mit der Basis-Version hervor. Die beiden Fostex-Over-Ears sind zwar auf Grund ihrer großen Abmessungen, des vergleichsweise hohen Gewichts und wegen der Empfindlichkeit der edlen Holzoberflächen typische Produkte für zu Hause. Doch mit ihrer hohen Empfindlichkeit dank niedriger Anschluss-Impedanz stellen sie grundsätzlich keine hohen Anforderungen an den Kopfhörer-Ausgang des Verstärkers.
Spielfreude als verbindendes Element
Um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich sollte man am besten einen hochwertigen Kopfhörer-Verstärker verwenden, um alle Feinheiten der Edel-Over-Ears zu erhaschen. Doch selbst am per Verstärker-IC umgesetzten Kopfhörer-Ausgang eines durchschnittlichen HiFi-Vollverstärkers erzeugten sowohl der Fostex TH900 MK2 als auch der TH900 MK2 Limited Edition einen stattlichen Pegel bei ordentlicher Spritzigkeit. Dabei bekam dem Letztgenannten im Test der Umstieg auf einen dezidierten Kopfhörer-Amp wie den Aune BU2 besonders gut, weil sein kräftiger abgestimmter Bass in den untersten Oktaven gegenüber der geringfügig schlanker und dafür in den Höhen feiner abgestimmten Special Edition noch an Kontur gewann. Leider braucht man zum Betrieb an dem mobilen Kopfhörer-DAC von Aune einen Adapter für die Full-Size-Klinke, sofern man nicht das ganze teuere Kabel tauschen möchte.
Abhängig vom verwendeten Antrieb ließen die beiden feinen Zwillinge einen Hang zur hellen Seite dessen, was man als neutrale Abstimmung bezeichnen würde, erkennen. Das kann bei weniger gelungenen Aufnahmen schon mal wenig schmeichelhaft für die entsprechende Musikproduktion wirken, aber gerade bei Klassik-Affinen mit audiophilen Aufnahmen für Verzückung sorgen.
Test-Fazit und Alternativen zum Fostex TH900 Mk2
Geschlossene, passive Over-Ears sind in der High End Klasse nicht so verbreitet wie offene Modelle. Wir empfehlen aber unabhängig von der Test-Bewertung grundsätzlich ein Probehören, denn das individuelle Klangempfinden bei Over-Ears ist sehr unterschiedlich. Unserer Erfahrung nach empfehlenswerte Modelle dieser Klasse sind der Beyerdynamic T5 (Mk2), der Focal Celestee und der Sennheiser HD 820.
Was die Wahl zwischen dem normalen Fostex TH900 MK2 und der Pearl White Limited Edition betrifft, wird es ungeachtet der eher subtilen Unterschiede im Bass und den Höhen eine Entscheidung des persönlichen Geschmacks: Wer von satten Beats nicht genug bekommen kann, dem legen wir die rotglänzende Standard-Version nahe. Und wer es ganz untern etwas knackiger und ganz oben etwas filigraner mag, für den empfiehlt sich eher die glänzend weiße Variante. Aber unterm Strich spielen beide auf einem vergleichbarem Niveau und die Geschmacksfrage erinnert somit an die Wahl zwischen Rot- oder Weißwein.
Technische Daten Fostex TH900 Mk2
- Preisempfehlung des Herstellers: 1.940/1.990 Euro (Pearl White Limited Edition)
- Bauart: Over-Ear, geschlossen
- Wandlerprinzip: Dynamisch
- Gewicht: 390 g
- Besonderheiten:
- Mehr unter: www.megaaudio.de
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