STEREO GUIDE Testurteil
Der Dyson OnTrac ist der zweite Kopfhörer der Kultmarke. Der Verzicht auf den Luftreiniger bringt einige Vorteile und macht den Over-Ear auch deutlich günstiger. Seinen immer noch stattlichen Preis, rechtfertigt der OnTrac durch solide Verarbeitung mit vielen hochwertigen Metallteilen und vor allem auch tadellosem Klang sowie ein gutes Active Noise-Cancelling.
Vorteile
- Ausgewogne Klangabstimmung
- Sehr solide Verarbeitung
- Gutes Active Noise-Cancelling
- Sehr gute App mit Individualisierung durch Zubehör-Bestellung
- Lange Batterielaufzeit
Nachteile
- ANC rauscht etwas
- Relativ groß und schwer für einen Mobilhörer
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Natürlichkeit / Transparenz9.1
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Bass / Dynamik9.1
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Praxis / Conncetivity9.2
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Preis/Leistung9
Als ich im letzten Jahr den ersten Dyson-Kopfhörer, den Zone, einem ausgiebigen Test unterzogen hatte, fragte ich in meinem Fazit: Warum baut Dyson nicht einfach so einen guten Kopfhörer ohne technische Gimmicks wie Luftreiniger? Mit der Überlegung lag ich offenbar richtig. Kürzlich stellte der Hausgeräte-Spezialist mit dem Dyson OnTrac seinen ersten reinen Kopfhörer vor. Der ist mit einem empfohlenen Verkaufspreis von 500 Euro zwar immer noch kein Sonderangebot. Doch er ist leichter, kompakter und der Verzicht auf Luftreinhaltung sorgt für höhere Klangreinheit. Schließlich störte das Surren der Kompressoren in den beiden Hörkapseln speziell in leisen Passagen und den Pausen zwischen den einzelnen Tracks die Ruhe. Gerade für Klassik-Liebhaber war das ein Hindernis.
Der Dyson OnTrac fährt ein hochwertiges Active Noise Cancelling (ANC) mit einem neuen Algorithmus auf. Und er verspricht bis zu 55 Stunden Akkulaufzeit. Wenn seine beiden 2.500-mAh-Akkus leer sind, lassen sie sich in etwa 10 Minuten für rund zweieinhalb Stunden weitere Spielzeit aufladen. Eine volle Akkuladung benötigt etwa 3 Stunden. Dabei dient das mitgelieferte, von Stoff umhüllte USB-C-Kabel nur der Aufladung an einem Netzteil, einer Powerbank oder einem Computer. Die Musikwiedergabe ist darüber im Gegensatz zum Dyson Zone nicht möglich, außer mit dem optionalen Airline-Adapter, auf den wir weiter hinten im Testbericht noch näher eingehen.
Dysons eigene Technologie zur Geräuschunterdrückung, die acht Mikrofone nutzt, verarbeitet Umgebungsgeräusche 384.000-mal pro Sekunde, um Lärm effektiv um bis zu 40 dB zu reduzieren. Die Kombination aus aktivem Noise-Cancelling und hochwertigen Materialien sorgt für eine gute Geräuschdämpfung.
Niedrige Impedanz für kräftige Mobil-Performance
Die 40-mm-Neodym-Treiber platzierte Dyson nicht einfach direkt über den Gehörgängen. Die um 13 Grad nach vorne geneigte Geometrie der Lautsprecher soll natürlicheres Hören durch Einbeziehung der sogenannten Außenohr-Übertragungsfunktion ermöglichen. Zur Verbindung mit dem Laptop oder Smart Device steht Bluetooth 5.0 bereit, allerdings ohne aptX-Unterstützung. Das kann Apple-User egal sein, denn für sie steht AAC-Unterstützung bereit, während andere ihre Klänge mit dem LHDC- oder dem SBC-Standard-Codec übertragen müssen.
Das mitgelieferte USB-C-Kabel ist mit seiner Stoffummantelung und soliden Steckern hochwertig ausgeführt und in der Länge großzügig bemessen. Allerdings ist im Gegensatz zum Dyson Zone mit dem OnTrac keine Wiedergabe über die USB-Schnittstelle möglich. Man bekommt von Dyson für 19 Euro allerdings einen Airline-Adapter für die doppelten Klinkenbuchsen in Flugzeugen. Damit ist es dann möglich Ton via Kabel über den USB-Anschluss in den Bluetooth-Hörer einzuspeisen. Dazu gilt es zu bemerken, dass zusätzlich zu der Tonverbindung über das USB-Ladekabel Strom zugeführt werden muss.
Damit wäre auch die Frage nach der großzügigen Länge und der außergewöhnlich edlen Ausführung des mitgelieferten Kabels geklärt. Eher simpel, aber dafür sehr platzsparend ist das ebenfalls beigelegte Hardcase ausgeführt, in dem sich der mit seinen soliden Metallaufhängungen faltbare Mobild-Kopfhörer sicher transportieren lässt.
Praxisgerecht und individuell anpassbar in der Gestaltung
Auch in puncto Tragekomfort setzt Dyson auf durchdachte Details: Eine ergonomische Konstruktion, zertifiziert von US Ergonomics, sowie weiche, entfernt an Wildleder erinnernde Mikrofaser-Polster und ein Kopfbügel mit integrierten Lithium-Ionen-Akkus sorgen für gleichmäßige Gewichtsverteilung. Das doppelte Tippen auf die Ohrmuscheln aktiviert oder deaktiviert die ANC-Funktion ohne Umweg über die App. Vorbildlich ist die nicht zu übersehende Kennzeichnung von links und rechts im Innern der Ohrmuscheln – ein Punkt, mit dem viele Kopfhörer-Hersteller unverständlicherweise gewisse Schwierigkeiten haben.
Es gibt den Over-Ear in vier Farbvarianten – Gelb/Aluminium, Nachtblau/Kupfer, Schwarz/Nickel und Schwarz/Cinnabar. Jede Variante des Dyson OnTrac ist mit widerstandsfähigen Beschichtungen versehen, die von Dysons hauseigenem Color, Materials & Finish (CMF) Team entwickelt wurden. Der OnTrac bietet zusätzlich individuelle Gestaltungsmöglichkeiten durch Wechseln der Polster oder der sehr edlen Metallkappen, die aus CNC-Keramik oder eloxiertem Aluminium bestehen.
App mit Zusatzfunktionen und Shop-Anbindung
Man kann, wie bei Dyson üblich, die Tausch-Teile zur Individualisierung direkt aus der App bestellen. Die Engländer fahren die Strategie, die My Dyson App nicht nur für die Kopfhörer des Hauses zu verwenden. Hier lassen sich auch andere Artikel aus dem Programm registrieren und auf dem neuesten Stand halten.
Doch nicht nur die Verbindung zu Staubsaugern und anderen Haushaltsgeräten macht die für iOS und Android angebotene Dyson App einzigartig. Sie ermöglicht es auch, die Schallemissionen im Auge zu behalten. Dazu misst sie den Schalldruck außerhalb des Kopfhörers und vergleicht ihn mit dem, was innen ankommt. Der Schalldruck durch die Musikwiedergabe wird dabei mit berücksichtigt. Somit lassen sich nicht nur wertvolle Rückschlüsse zur Belastung des Gehörs gewinnen.
Die Belastung des Ohres immer im Blick
Man kann sogar in Musikpausen sehen, was passive und aktive Geräuschunterdrückung des Dyson OnTrac zu Leisten vermögen. Im Test des Dyson Zone zeigte die App auch die Schadstoff-Belastung in der Umgebungsluft mit Stickoxyden an. Doch dieses eher für Pedanten interessante Feature blieb gemeinsam mit der Luftfilter-Funktion beim OnTrac auf der Strecke. Mit der App kann man das ANC an- oder ausschalten oder in den Transparenzmodus wechseln. Dann werden über die Außen-Mikrofone die Umgebungseräusche eingespielt, damit man beispielsweise am Bahnhof oder Flughafen Durchsagen hören kann. Über drei Sound-Presets („Optimiert“, „Bass Boost“ und „Neutral“) lässt sich mit der My Dyson App auch den Klang des OnTrac anpassen. Einen individuell einstellbaren Equalizer gibt es nicht.
Seit der zur Benutzung nötigen Registrierung mit E-Mailadresse in der App fluten übrigens gefühlt tonnenweise Werbemails für Staubsauger und Haarpflegeprodukte meine Mailbox. Das ist sozusagen ein Kollateralschaden der vielseitigen My Dyson App.
Puristischer Klang ohne Purifier: Der OnTrac im Hörtest
Schon der erste Streich der Staubsauger-, Haar- und Händetrockner-Spezialisten ließ wie erwähnt aufhorchen. Er überzeugte durch einen ausgewogenen Klang und eine hohe Auflösung. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an den Dyson OnTrac gesteckt. Und der vergleichsweise puristische Nachfolger lieferte auf ganzer Linie. Er verwöhnte die von den anschmiegsamen Polstern umschmeichelten Ohren mit ausgewogenen und sehr fein aufgelösten Klängen. Die kraftvollen, auch zünftig tiefreichenden Bässe waren wohl dosiert und passten zu jeder Musikrichtung.
Die Playlist mit den Test-Tracks aus unserem Hörtest
Das Klangbild bietet ein hohes Maß an Neutralität. Zudem wirkte die räumliche Abbildung für einen geschlossenen Over-Ear relativ offen und transparent. Bei Titeln wie Swimming Pool“ vom aktuellen Trevor-Horn-Album „Echoes“ überzeugte die nuancierte und natürliche Stimmwiedergabe von Tori Amos. Aber auch Stücke mit treibenden Percusion-Elementen wie etwa „Sing It Back“ von Moloko oder elektronischen Beats wie „Game Of Love“ von Daft Punk machten richtig Freude mit dem Dyson-Kopfhörer. Auch wenn es einem unter den fest anliegenden Polstern etwas warm auf den Ohren wird, möchte man damit stundenlang den wohldosierten, kraftvollen Klängen lauschen.
Erfahrungen aus der Testpraxis
Der Bass Boost fällt dabei nicht zu übertrieben aus, „Optimiert“ eignet sich sehr gut für alle möglichen Musikarten, während „Neutral“ genausogut „Nüchtern“ heißen könnte. Der Klangunterschied zwischen aktiviertem und deaktiviertem ANC fiel entgegen einigem, das ich über den Dyson OnTrac in früheren Berichten gelesen hatte, sehr gering aus (vielleicht eine Folge von Updates?). Viele ANC-Kopfhörer verwenden dann nämlich unterschiedliche Klangabstimmungen, die mit aktiviertem Noise-Cancelling im Bass noch eine Schippe drauf legen.
Allerdings kostet das ANC im Bassbereich mit hochwertiger Musik wie aus unserer Qobuz-Playlist ganz unten einen Hauch Präzision. Wenn man den Dyson in ruhiger Umgebung benutzt, sollte man das ANC auf jeden Fall deaktivieren. Das spart obendrein nicht nur Strom, sondern beseitigt auch das Grundrauschen, das den Noise-Cancelling- und den Transparenz-Modus begleitet. Im Vergleich zum gleich teuren Sonos Ace fällt nicht nur dessen niedrigerer Rauschpegel auf. Der geschlossene Over-Ear schirmt auch noch besser von Außengeräuschen ab.
Was die Steuerung im Sound-Test betrifft, musste man sich erst an die Handhabung von Touch-Befehlen und Joystick gewöhnen. Wenn ich beispielsweise mit einem Doppel-Click auf die linke Ohrkapsel zwischen ANC und dem Transparenzmodus zur besseren Wahrnehmung der Umwelt wechseln wollte, klappte das nicht immer gleich beim ersten Touch. Man muss feste drücken und auch die Mitte treffen. Beim Joytsick auf der rechten Seite klappte Start/Stopp durch Drücken reibungslos, aber die Schwenks nach links oder rechts für Titelsprünge respektive oben und unten zur Lautstärkeregelung führten teilweise zu unerwünschten Ergebnissen.
Dyson OnTrac: Test-Fazit und Alternativen
Eine Binsenweisheit kommt zu neuen Ehren: „Weniger ist mehr“ heißt es so schön. Und schon lange war diese Floskel nicht so treffend wie im Falle des Dyson OnTrac: Ohne die Ambition, sich ein technisches Denkmal setzen zu wollen, gelang den Engländern nicht nur ein sehr guter Over-Ear-Kopfhörer. Er ist auch praxisgerecht im Alltag ganz normaler Menschen, die er schmückt, statt sie wie Aliens aus einem Scienece-Fiction-Film daherkommen zu lassen. Und jetzt sieht es auch mit der Preis-Leistungsrelation deutlich besser aus, sofern man den OnTrac naheliegenderweise nur an anderen Kopfhörern und nicht auch noch mit Luftreinigern vergleicht.
Wer es edel mag und dafür auch mal tiefer in die Tasche greift, findet in der Anmutung im Bowers & Wilkins Px8 etwas, das von Anmutung und Funktion in die gleiche Richtung geht. Wer vor allem auf ein rauscharmes und hochwirksames Active Noise-Cancelling Wert legt, ist mit dem Sonos Ace gut bedient.
Dyson OnTrac: Technische Daten
- Preisempfehlung des Herstellers: 500 Euro
- Bauart: Over Ear
- Wandlerprinzip: Dynamisch
- Gewicht: 451 g
- Besonderheiten: Bluetooth 5.0, Active Noise-Cancelling, Headset-Funktion zum Telefonieren, App-Steuerung, Hardcase