Mit dem Dyson Zone wagt sich der Staubsauger-Spezialist aus Großbritannien erstmals in die Unterhaltungselektronik vor – mit einer kuriosen Mischung aus Kopfhörer und Luftreiniger. Der Over-Ear verbindet Active Noise Cancelling, Bluetooth-Übertragung und Purifier-Funktion mit einem spacigen Design, das geradezu aus „The Mandalorian“ vom Streaming-Kanal Disney+ stammen könnte. Und wir konnten schon ausprobieren, ob diese kuriose Mischung funktioniert.
Es war einmal in einer Welt, in der Händetrockner zwar viel Wind und vor allem Krach machten, aber ihren Zweck nicht erfüllten. Die meisten Hersteller bekamen nicht mal einen vernünftigen Sensor zur Aktivierung hin. Dann kam James Dyson 2008 mit seinem revolutionären Airblade. Der Rest ist Geschichte. Genauso Geschichte waren da schon Saugbeutel – für klassische Staubsauger-Hersteller einst ein lukratives Geschäft – und nachlassende Saugkraft bei vollem Staubbehälter. Mit seiner von Absaug-Anlagen aus Sägewerken abgeleiteten Cyclone-Technologie revolutionierte der Engländer bereits sechs Jahre zuvor die Art, wie Staubsauger heute arbeiten. Er machte seinen Namen damit zum Synonym, für unglaubliche Gadgets, die wirklich perfekt funktionieren. Wer dachte, der Lockenstab Dyson Airwrap mit Coanda-Effekt wie beim Avrocar, einer fliegenden Untertasse aus den späten 1940er-Jahren. sei der neueste Schrei, der hat wohl noch nicht vom Dyson Zone gehört.
Schon wieder Erster
Der erste Kopfhörer der Marke macht nicht nur einfach Musik. Das können bereits unzählige Produkte anderer Hersteller. Der Over-Ear von Dyson wartet mit den Sekundärtugenden eines Luftreinigers auf. Klingt abgefahren, nicht wahr? Ist es auch. Wer sich nach dem ersten, ungläubigen Stirnrunzeln überlegt, wie sich dieses Vorhaben überhaupt marktgerecht umsetzen lässt, kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Schließlich gilt es, einige keinesfalls triviale Fragen zu Größe, Gewicht und Geräuschentwicklung des Lüfters zu klären. Man kann sich noch so beeindruckt, von den Händetrocknern oder Akkusaugern der Erfindermarke zeigen, die zu einer Art Apple unter den Haushaltsgeräten avancierte. Aber wie das jüngste, ehrgeizige Vorhaben von Dyson gelingen soll, weckte beim Autor zunächst irgendwie das Gefühl eines Marketing-Gags. Oder handelte es sich gar um einen Aprilscherz?
Aber sehen wir uns mal die Lösungen auf die im vorangegangenen Abschnitt erwähnten Zielkonflikte genauer betrachten.
Size ist geil
Größe: Ja, es gibt deutlich kleinere und leichtere Kopfhörer, auch im Bereich der Over Ears. Man nehme nur den kürzlich getesteten Valco VMK 25. Der Finne hat zudem noch einen Falt-Mechanismus, der den Transport im Rucksack oder der Reisetasche erleichtert. Doch es gibt auch Kolosse wie den Sennheiser HD 800 oder dem elektrostatischen Stax SR-09. Allerdings, und das macht einen wesentlichen Unterschied, sind sie für den Hausgebrauch von HiFi-Fans in ihrer stillen Kammer gemacht.
Den Dyson Zone zieht es dagegen mit seinem Active Noise Cancelling (ANC) und seinem Luftreiniger förmlich auf die Straße oder eine Etage tiefer in die durch Feinstaub belasteten U-Bahnschächte der Metropolen. Da muss man schauen, wie sich der Zone in der Praxis schlägt und wie er bei seiner Zielgruppe der jungen, modebewussten und betuchten U-Bahn-Pendler aufgenommen wird. (Wir sehen jetzt einmal ab von häuslichen Szenarien zum Selbstschutz gegen Kettenraucher, die den Fernseher bei peinlichen C-Promi-Kuppel-Shows besonders laut aufdrehen).
Schweres Gerät – leichter Sitz
Gewicht: Für eine Praxis-Betrachtung im Alltag ist es noch zu früh. Und durch die Kombination aus Diesel-Fahrverboten und Feinstaub-Filtern von Mann und Hummel beiderseits der fünfspurigen B 14 wird inzwischen das Stuttgarter Neckarktor seinem bundesweiten Ruf als Feinstaubhölle auch nicht mehr gerecht. Doch nach der ersten Begegnung mit dem neuen König der Kopfhörer können wir zumindest attestieren: Mit seinen soften Polstern aus Veloursstoff an den Ohrmuscheln und dem Kopfbügel sitzt der Zone wie angegossen und vermittelt einen angenehmen Tragekomfort.
Dabei wirkt der Dyson-Hörer auf dem Haupt lange nicht so schwer, wie sein massiges Erscheinungsbild vermuten lässt. Gar nicht ins Gewicht fällt das Visier, das die durch beide Hörkapseln angesaugte Luft ohne Körperkontakt zu Mund und Nase transportiert. Zudem lässt sich das Kunststoffteil im Handumdrehen abnehmen. Es wird allein durch Magnete automatisch an der richtigen Stelle platziert und lässt sich ohne Spiegel auf Anhieb auch wieder befestigen. Nach dem Einrasten in der richtigen Position schaltet sich von allein die Reinluftzufuhr an. Allein der Transport des Halbmondförmigen Kunststoffteils nach der Abnahme dürfte eine Problemzone für Zonen-Nutzer darstellen. Wenn das Kalkül von Dyson aufgeht und sich urbane Normaden auf dem Weg zu ihrem klimaneutralen Co-Working-Space wie Clone-Krieger vermummen, sollte sich die Frage aber gar nicht stellen.
Abschirmdienst auf Antippen
Zwischenfrage: Wie, bitte schön, soll ich denn mit dem, schon mit abgeschalteter aktiver Geräuschunterdrückung stark von der Außenwelt abgeschirmten Over Ear im Falle eines Falles mit anderen kommunizieren? Dafür musste Dyson ausnahmsweise das Rad nicht neu erfinden. Sein erster Kopfhörer besitzt wie die meisten anderen Noise-Cancelling-Hörer einen Transparenz-Modus, der Umweltgeräusche und Sprache über Außenmikrofone aufnimmt und wohldosiert in die geschlossenen Ohrkapseln einstreut. Der entsprechende Transparenz-Modus wird beim Aufsetzen automatisch aktiviert. Wer sich mit sagenhaften knapp 40 dB Bedämpfung durch 180 Grad in der Signalphase gedrehten Antischall nicht passend zur eigenen, hochreinen Luftzufuhr hermetisch von seiner Umwelt abschirmen möchte, der muss das ANC durch Tippen auf die Touch-Fläche der linken Ohrmuschel aktivieren. Klingt simpel, klappte aber auch bei zahlreichen Tester-Kollegen meistens erst nach mehrmaligem Tippen. Mal sehen, ob Dyson auch für dieses triviale, aber für Nutzer entscheidende Problem bis zum Verkaufsstart im Juni noch eine Lösung findet?
Großer Rauschangriff
Kommen wir zur dritten Grundsatzfrage: Wie hältst du es mit den Geräuschen, Dyson? Dazu muss man bedenken, dass der Zone zwangsläufig durch kleine, elektrische Turbinen Luft ansaugen und durch Kanäle über das abnehmbare Visier zu Mund und Nase leiten muss. Die Lösung mit einem, an alte Vergasermotoren erinnerndem, kreisförmigem Partikelfilter und einer zweiten Stufe mit elektrostatischem Karbon-Filter nötigt Respekt ab. Die Erfinder-Company brachte alles samt dem nötigen Kompressor hinter den Treibern in jeder der beiden XXL-Ohrkapseln unter.
Die damit verbundenen Fragen nach Akku-Ausdauer beziehungsweise Laufzeitverlängerung durch Beschränkung auf reines Musikhören ohne Gadgets Luftreinigung oder ANC, können wir erst nach dem ausführlichen Test beantworten. Was sich aber auch nach der kurzen ersten Begegnung über den Dyson Zone sagen lässt: Ja, man hört, dass man den ersten Turbo-Kopfhörer auf den Ohren hat, wenn die via MyDyson App dreistufig regelbare Luftzufuhr aktiviert ist. Mit den Hörbeispielen der im Kurzcheck von Dyson via Bluetooth mit der Zone gekoppelten Smartphones fiel es dann aber nicht störend auf. Die Pop- und Rock-Musikstücke kaschierten die Twin-Turbos. Was Klassik-Liebhaber darüber denken mögen, können wir erst in Kürze im ausführlichen Praxistest abschätzen.
Der Dyson Zone wirft viele Fragen auf
Bleiben nach dem kurzen Technik-Exkurs die beiden entscheidenden Nutzerfragen offen: Wie klingt der erste Over Ear von Dyson und wie fühlt sich die frische Brise an? Um den Spannungsbogen aufrecht zu halten, sei zunächst die zweite, einfachere Frage beantwortet: Ja, der frische Wind um die Nase hat was. Der Zone entfacht eine sanfte Brise, die weniger ablenkt oder artifiziell wirkt, als man glaubt. In Deutschland mag für viele Klima-Bewegte vielleicht dicke Luft herrschen. Aber wer schon mal den trüben, an einen Sandsturm erinnernden Smog in Peking erlebt hat, kann durchaus von Jammern auf hohem Niveau sprechen. So sieht Dyson selbst bei dem, während der Pandemie erdachten, höchst innovativen Lifestyle-Produkt die größten Märke in aufstrebenden Schwellenländern China und Indien. Plausibel, doch angesichts eines zu erwartenden Preises von knapp um voraussichtlich 900 Euro bleibt auch hier abzuwarten, wie das Produkt ankommt.
Hat Dyson einen Plan B? Es könnte ersten Höreindrücken zu folge durchaus so sein. Auch wenn es dem Meister der zweckentfremdeten, angewandten Aerodynamik fast wie eine Beleidigung erscheinen muss: Die Briten könnten auch als reiner Kopfhörer-Konstrukteur im trivialen Sinne etwas (Luft) bewegen. Sollte also der hochreine Over Ear nicht den gewünschten Effekt erzielen, könnte Dyson Sennheiser, Sony und so ähnlichen Herstellern von HiFi-Hörern Konkurrenz machen.
Höchste Reinheit für Klang und Atemluft
In jene Richtung zielt auch das Herausstellen des wissenschaftlichen Entwicklungsansatzes beim akustischen Tuning. Statt die Klangabstimmung den „goldenen Ohren“ eines Klang-Gurus zu überlassen, veranstaltete Dyson regelrechte Kopfhörer-Konzerte mit 500 Probehörern und sammelte so 5.400 Stunden an Hörreindrücken. Diese empirische Basis vor Augen und die physikalischen Rahmenbedingungen von der möglichst vollständigen Übertragung des hörbaren Frequenzbereichs zwischen 20 Hz und 20 kHz (Dyson gibt 6 Hz-21 kHz in seinen Daten an) im Sinn schneiderten sie ein Sound-Tuning, das ohne künstliche Effekte auskommen soll.
Ja, und das ist dem ersten Anschein nach ausgesprochen überzeugend gelungen. Auch wenn der Zone passend zur erhöhten Frischluftzufuhr gleichzeitig mit besonders frischen, aber klaren Höhen auftrumpft, spielt der erste Dyson seiner Art auf Anhieb in einem Zielkorridor, den man guten Gewissens als audiophil bezeichnen könnte. Besonders brillierte er mit diversen Pop- und Rock-Beispielen allerdings im Bass. Der Zone taucht zum einen ganz tief hinab in die untersten Oktaven. Zum anderen bleibt der Bass auf bei hohem Pegel sehr unverzerrt und knackig trocken. Apropos: Die Dyson App für den Zone zeichnet nicht nur die Schadstoffbelastung der Umgebungsluft auf, sondern auch die Gehörbelastung durch Abhörpegel. So kann der sicherlich gesündeste Kopfhörer der Welt seine Trägerinnen und Träger rundum umsorgen.
Dyson Zone: Fazit des Kurzchecks
Mit dem Zone kombiniert Dyson eines seiner Kerngebiete, die Luftreinigung, mit einem neuen Betätigungsfeld, der Akustik. Da es auch hier gilt, Luft kontrolliert zu bewegen, darf man von den erfinderischen Briten auch auf diesem Feld in Zukunft sicher noch einiges erwarten. Die ersten Eindrücke der Kreuzung aus Purifier und Over-Ear-Kopfhörer trägt sich besser als erwartet, klingt sehr eindrucksvoll und satt und weckt auch in unserer Redaktion Lust auf den ausgiebigen Test.
Weitere Infos: dyson.de