STEREO GUIDE Testurteil
+ ausgewogene Klangabstimmung
+ satter, trockener und konturierter Bass
+ ANC wirkungsvoll bei tieffrequenten Umgebungsgeräuschen
+ Bluetooth- und Kabel-Betrieb mit ANC möglich
+ bequemer Sitz und gute Verarbeitung
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Klang: Natürlichkeit / Transparenz7.5
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Klang: Bass / Dynamik8.5
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Praxis / Connectivity8.5
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Preis/Leistung9
Auch wenn Finnland gerade einige Turbulenzen durchlebt: Den Humor lassen sich unsere skandinavischen Nachbarn nicht nehmen. Während die heutige Werbung ganz dem Trend folgend immer weiblicher, immer diverser und politisch korrekter wird, bleibt ein kleiner, cooler Hersteller seiner kantigen Linie treu: Mit dem brandneuen Valco VMK25 folgt die Marke auch beim Marketing dem Konzept des Valco VMK 20. Weil der Noise-Cancelling-Bluetooth-Hörer sich in unserem Test im Februar 2022 bestens bewährte, liegt der in der Redaktion als Klassenreferenz bereit und ermöglicht auch den direkten Vergleich beider Over-Ears. Die begleitende Werbung und Promotion von Valco (der Name spielt auf eine der größten Pleiten Finnlands an) setzt weiterhin auf Nonkonformismus, erhebt einen alten weißen Mann zur Galionsfigur, der vom Typ her kaum der Vorstellung vom idealen Schwiegersohn entspricht.
Der Valco VMK25 im Detail
Was das Design des neuen mobilen Over-Ear-Kopfhörers betrifft, hält Valco ebenfalls Kurs. In den Grundzügen orientiert sich der faltbare VMK25 am weiterhin erhältlichen VMK20. Zwar haben die Gestalter beim „Big Brother“ an allen Ecken und Enden ein wenig gefeilt – vor allem am Bügel – und die das Finish der schwarzen Kunststoffteile verändert. Beim Top-Over-Ear der Finnen entfällt die Varante mit hellen Akzenten und es gibt eine matte Beschichtung für die Kunststoff-Oberflächen. Doch das Bedienkonzept mit seinen vier Tasten wurde nicht angetastet. Das ist auch gut so, denn das Konzept hatte sich schon in unserem Test des VMK20 bestens bewährt.
Und welche andere Kopfhörer-Marke kann schon einen MFB-Knopf vorweisen? Das Kürzel steht für „Mudafukin Button„, was wir lieber nicht wörtlich übersetzen wollen, sondern bei der Funktion benennen: Es handelt sich um eine Mehrzweck-Taste. Durch 2 Sekunden langes Drücken, schaltet sie den Hörer an und durch viersekündigen Druck wieder aus.
Was ist MFB? RTFM!
Während des Betriebs übernimmt die MFB-Taste mehrere Funktionen: Sie dient dem Annehmen/Abweisen von Telefonanrufen und dem Aufrufen der ins Smartphone integrierten Sprach-Assistenten von Apple und Google. Um den genauen Trick – wie oft und wie lange drücken – zu lernen, lohnt sich der Blick in die Bedienungsanleitung. Und nicht nur dafür: Das Manual ist wie immer ein derber Schabernack. Wem die Schrift dieser kultverdächtigen Publikation zu klein zum lesen ist, der kann die Anleitung für den VMK25 hier direkt bei Valco herunterladen.
Die beiden Tasten, die den auf der Unterscheide der rechten Ohrmuschel angeordneten MFB flankieren, dienen der Lautstärke-Regelung (drücken und halten) und dem Titelsprung (kurz antippen). Auf der linken Gehäuseschale findet sich abgesehen von einem USB-C-Anschluss zum Aufladen des mit aktivem Noise-Canncelling (ANC) ausgestatteten Bluetooth-Kopfhörers nur eine Taste. Mit der steuert man durch wiederholten Druck das ANC-System. Wo beim VMK20 winzige LEDs unten an den Ohrmuscheln für visuelles Feedback sorgten, gibt es jetzt große Leuchtanzeigen hinter dem Stoffbezug im Inneren.
Die für Valco typische, leicht lüsterne Männerstimme sagt die Aktivierung des ANC und des Transparenz-Modus zur Wahrnehmung etwa von Durchsagen am Bahnhof oder Flughafen an. Sensible Ohren können, wenn keine Musik spielt, den Zustand aber auch am leichten Rauschen ausmachen. „ANC On“ rauscht ganz minimal, der Durchsage-Modus wie auch bei Mitbewerbern üblich, etwas stärker und bei deaktivierten Noise-Cancelling-Funktionen herrscht Stille – zumindest, was Rauschen betrifft.
Wirksames Active Noise-Cancelling
Wer mit dem Valco VMK25 die ruhige Stube verlässt, empfindet freilich die größte Ruhe mit aktiviertem ANC. Die aktive Geräuschunterdrückung des Over-Ear-Bluetooth-Hörers zeigt nicht nur in den Mitten, sondern gerade auch im tieffrequenten Bereich eine sehr gute Wirkung.
Für die Bluetooth-Übertragung vertraut Valco beim VMK25 zwar wie beim VMK20 auf den QCC3034-Chipsatz von Qualcom. Doch der neue drahtlose Over-Ear-Hörer unterstützt jetzt die Bluetooth-Version 5.1 (der VMK20 nur 5.0) – wie gehabt mit den Audio-Codecs aptX HD, SBC und AAC. Dank AAC-Unterstützung eignet sich der neue Valco auch gut für Apple-Afficionados. Deren iPhones und iPads können die üblicherweise mit dem Advanced Audio Codec (dafür stehen die drei Buchstaben nämlich) kodierte Musik dann nicht nur ohne Format-Umwandlung übertragen. Weil Apple mit aptX oder aptX HD nichts am Hut hat, müssten sie sonst auf den nicht gerade berauschenden Standard-Codec SBC ausweichen.
Assistenten auf Abruf
Apropos Apple: Mit der MFB-Taste lässt sich Siri aufrufen, an einem Android-Gerät der Google Assistant. Wie zum Telefonieren steht dafür ein Freisprechfunktion mit CVC8-Rauschunterdrückung zur Verfügung. Hier orientiert sich Valco am VMK20, der allerdings vom neuen Flaggschiff bei den Treibern abgehängt wird. Der neue VMK25 verwendet zwei 45-mm-Membranen, was 5 Millimeter mehr Durchmesser pro Schallwandler entspricht. Zugelegt hat der neue Over-Ear auch beim Gewicht: Mit 300 Gramm übertrifft er den kleinen Bruder um 50 Gramm. Gleichstand herrscht dagegen bei der Größe des Akkus, der mit einer Kapazität von 1050 mAh bis zu 45 Stunden Musikhören mit ANC(!) und immer noch stramme 40 Stunden beim Telefonieren verspricht.
Die Ausstattung des VMK25, den es im Gegensatz zum VMK20 nur in Schwarz zu einem Preis von 200 Euro laut Hersteller-Empfehlung zu kaufen gibt, lässt keine Wünsche offen. Im runden Hardcase finden sich ein USB-Kabel zum Aufladen des ohrumschließenden Falt-Kopfhörers, ein 3,5-mm-Mini-Klinken-Kabel zur Verwendung des VMK25 auch bei leerem Akku an einem analogen-Kopfhörer-Ausgang sowie ein sogenannter Airline-Adapter für die Bord-Infotainment-Systeme in Flugzeugen.
So klingt der Valco VMK25
Schon der kleinere Valco-Over-Ear hatte im Test vor über einem Jahr einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Für seinen moderaten Preis klang der sehr funktionale, gut ausgestattete Bluetooth-Kopfhörer sehr stimmig und präzise. Da in der Ausstattung kein Unterschied besteht, musste der VMK25 seinen höheren Preis allein durch den Klang rechtfertigen. Doch anders als mancher Mitbewerber setzte der Mobilhörer nicht auf vordergründige Effekte, um seinen Status zu manifestieren. Die größeren Treiber produzieren nicht mehr Bass-Fülle, sondern mehr Bass-Präzision. Damit ertönt Schlagzeug noch authentischer und bekommt mehr Substanz.
Bei Pop-Musik mit Elektro-Beats wirkt der VMK25 dadurch noch nicht einmal spektakulärer als der VMK20. Aber in den höheren Tonlagen gibt es keine zwei Meinungen: Das neue Valco-Flaggschiff überzeugt durch feinere, besser aufgelöstere und glanzvollere Höhenwiedergabe. Auch die Transparenz legte gegenüber dem angenehm rund abgestimmten, aber etwas kompakt wirkenden VMK20 mindestens so stark zu wie der Preisunterschied erwarten lässt. Damit klang der VMK25 audiophiler und ein ganzes Stück weiträumiger. Damit steigt auch seine Eignung für ernste Musik aus den Bereichen Jazz und Klassik.
Derbe Gags, geschliffene Klangabstimmung
Mit seiner gesteigerten Neutralität, Detailauflösung und Räumlichkeit dient sich der neue Valco damit erlauchten Kreisen an. Anspruchsvolle Zeitgenossen, die bei den weiterhin ungeschliffen derben Scherzen bestenfalls mit Augenrollen reagieren würden. Etwa die Warnung auf der Rückseite der Bedienungsanleitung, den Hörer nicht als Toilettenpapier zu verwenden. (Auf eine detailliertere Ausführung zu den möglichen Risiken und Nebenwirkungen verzichten wir an dieser Stelle, für den Fall, dass sich solche Woke*innen auf die Website unseres HiFi-Magazins verirren).
Testfazit und Alternativen zum Valco VMK25
Die spannendste Frage für Valco-Fans lautet selbstredend VMK25 vs VMK20. Sie lässt sich trotz der insgesamt feineren, räumlicheren und audiophileren Abstimmung des neuen Top-Kopfhörer-Modells gar nicht so leicht beantworten wie man denkt. Denn es gilt, den Mehrpreis des VMK25 bei grundsätzlich ähnlicher, natürlicher Abstimmung zu rechtfertigen. Und das setzt schon eine gewisse Hörerfahrung voraus und hängt auch mit der Qualität der abgespielten Aufnahmen zusammen. Je trainierter, anspruchsvoller das Hörvermögen und je komplexer die Musik, die man über den mobilen Over-Ear wiedergibt, desto mehr unterstreicht der neue Star im Valco-Programm seinen moderaten Aufpreis von 30 Euro zum Standard-Modell.
Wer Rock oder gar Jazz mit seinem Valco hören mag, der dürfte keinen Moment zögern, dem VMK25 den Vorzug zu geben. Er klingt dann auch gerade bei Live-Aufnahmen viel räumlicher, transparenter und feiner, detailreicher in den Höhen. Doch es gibt noch einen anderen Aspekt, der die Wahl beeinflussen dürfte: die Basswiedergabe. Für viele, vornehmlich auch jüngere Musikhörer bedeutet das Tiefton-Fundament ein wichtiges Argument – gerade, wenn man sich für einen ohrumschließenden Hörer mit prinzipbedingt größeren Treibern als bei In-Ears entscheidet. Und genau hier setzt der VMK25 mit seinen gegenüber dem VMK20 leistungsfähigeren Treibern nicht auf mehr Wumms, sondern auf mehr Präzision. Mit seiner leichten Oberbass-Betonung kann der günstigere Valco daher bei elektronischen Beats oftmals noch mehr Eindruck schinden als der VMK25 mit seinem tiefreichenden, aber trockenen Bass.
Valco VMK25: Technische Daten
- Preisempfehlung des Herstellers: 200 Euro
- Bauart: Over-Ear
- Wandlerprinzip: Dynamisch
- Gewicht: 300 g
- Besonderheiten: Hardcase, Faltbügel-Mechanismus, Active Noise Cancelling, Freisprech-Mikrofone, bis zu maximal 45 Stunden Akkulaufzeit beim Musikhören mit ANC, bis zu 40 h beim Telefonieren, Airline-Adapter, passiver Kabelbetrieb möglich (Anschlusskabel liegt bei)
- Mehr unter: valco.io