STEREO GUIDE Testurteil
Der mobile Digital-Audiop-Player Cayin N3-Ultra bietet gute Unterhaltung in jeder Hinsicht: Man kann seine Songs mit Transistor- und Röhrentimbre immer wieder neu erleben und öfter mal die Digital-Filter-Charakteristik wechseln,
Vorteile
- Sehr ausgewogener und räumlicher Klang
- Röhren- und Transistor-Timbre wählbar
- Dreistufige Gain-Anpassung
Nachteile
- Die MicroSD-Karte lässt sich schlecht einführen und herausnehmen
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Klang9.8
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Praxis / Connectivity9.3
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Preis/Leistung9.5
Der neue Cayin N3-Ultra tritt die Nachfolge eines erfolgreichen Vorgängers an: Im Jahr 2020 setzte Cayin mit der Präsentation des N3-Pro DAP einen Meilenstein. Dieses Gerät war das erste in seiner Preisklasse, das die JAN 6418 NOS-Vakuumröhren vom US-Rüstungskonzern Raytheon verwendete – Komponenten, die ursprünglich für militärische Zwecke, etwa in mobilen Funkgeräten, entwickelt wurden. Diese einzigartige Bestückung mit dieser New-Old-Stock-Pentode ermöglichte es dem N3-Pro, ein ganz besonderes Klangerlebnis zu liefern. Er kombinierte die warmen, satten Töne von Dual-Röhren-Timbres (Triode und Ultra-Linear) mit der Klarheit von Solid-State-Audio. Der Benutzer konnte auf Knopfdruck seine bevorzugte Klangabstimmung wählen. Seine hohe Mobilität, die lange Batterielebensdauer, die geringe Wärmeentwicklung und der erschwingliche Preis machten den N3-Pro schnell zu einem der Bestseller von Cayin.
Dreieinhalb Jahre später möchte Cayin mit der Einführung seines neuesten hochauflösenden digitalen Audioplayers, dem N3-Ultra, tragbare Audiogeräte wieder einmal neu definieren. Der N3-Ultra baut auf dem robusten Fundament seines Vorgängers auf. Er verwendet wie erwähnt, weiterhin die JAN 6418 Röhren von Raytheon. Der Thronfolger profitiert aber von einer optimierten Schaltung und strukturellen Verbesserungen, die die Integration dieser Röhren in einen tragbaren Hi-Resolution-Audio-Player verbessern.
Technische Raffinesse trifft auf klanglichen Feinschliff
Die größte Herausforderung bei der Verwendung von Vakuumröhren in einem tragbaren Audio-Gerät liegt in der Beherrschung ihrer mikrofonischen Effekte und ihrer Anfälligkeit für Störungen. Cayin konnte jedoch die Stabilität des Betriebsstroms der Röhren-Schaltungen erheblich verbessern und sie durch spezielle Silikon-Lager für gesteigerte Klangqualität vor Mikrofonie schützen. Die mitgelieferte transparente Silikonhülle bewahrt den den N3-Ultra obendrein von Kratzern.
Der Cayin N3-Ultra bietet neben dem Transistor-Modus zwei verschiedene Röhren-Timbre (Classic und Modern ), die sowohl über den Kopfhörer- als auch über den Line-Pegel-Ausgang genutzt werden können. Das bedeutet einen Fortschritt gegenüber dem N3-Pro, der dieses Maß an Flexibilität nicht bieten konnte. Außerdem erreicht der N3-Ultra die gleiche Ausgangsleistung unabhängig davon, ob man seine Röhren- und Transistor-Ausgangstufen verwendet. Doch die Klang-Individualisierung erschöpft sich nicht in den verschiedenen Ausgangsstufen.
In den Einstellungen des dank Home-Button unter dem Touch Screen gut bedienbaren DAPs finden sich auch verschiedene Digital-Filter-Charakteristiken, zwischen denen der Benutzer wechseln kann. Allerdings fallen diese Unterschiede, die Flankensteilheit und Phasenverhalten betreffen, bekanntlich sehr subtil aus. Dadurch besteht immerhin keine Gefahr, sich aus Versehen den Klang zu verbiegen. Das könnte bei einem Laien in Verbindung mit dem anspruchvollen parametrischen Equalizer schon mal passieren. Deshalb integrierte Cayin für weniger versierte Anwender noch einen leicht beherrschbaren grafischen Equalizer.
Technische Ingredienzen der gehobenen Klasse
Das Herzstück des Cayin N3-Ultra sind zwei Asahi Kasei AKM 4493S DAC-Chips. Die beiden 32-Bit-D/A-Konverter mit einer maximalen Samplingfrequenz von 768 kHz für PCM-Ton und Unterstützung für DSD512 sind im MONO-Differential-Modus konfiguriert. Das Gerät verfügt über einen analogen Lautstärkeregler des Typs NJW1195A von JRC und liefert eine maximale Ausgangsleistung von 600 mW an seinem symmetrischen 4,4-mm-Kopfhörerausgang. Das Datenblatt weist einen Klirrfaktor von nur 0,008% und einen Rauschabstand von 120 dB aus. Eine bemerkenswerte Verbesserung ist die Möglichkeit, den symmetrischen 4,4-mm-Ausgang auch im Röhrenmodus zu benutzen. Diese Funktion war beim N3-Pro noch nicht verfügbar.
Die Benutzerfreundlichkeit wird durch ein Android-basiertes System mit einem 4,1-Zoll-HD-TFT-LCD-Touchscreen und einem neu gestalteten, audiozentrierten User User Interface weiter verbessert. Damit gewährleistet Cayin eine nahtlose Navigation über eine intuitive Benutzeroberfläche, die sowohl Audiophile als auch Gelegenheitshörer anspricht. Allerdings sind zahlreiche Ziele der Touch-Befehle recht winzig gestaltet und damit nicht ganz einfach mit dem Finger zu treffen. Sehr gut hat Cayin auf jeden Fall die Rückkehr zur obersten Menüebene mit dem beleuchteten Home Button gelöst.
Leistung und Mobilität in perfekter Harmonie
Eines der herausragenden Merkmale des N3-Ultra ist seine Akkulaufzeit. Ausgestattet mit einem 4500-mAh-Akku, der Schnellladung unterstützt, bietet das Gerät bis zu 12 Stunden Wiedergabezeit im 3,5-mm-Single-Ended-Transistor-Modus und über 8 Stunden im klassischen Röhrenmodus am symmetrischen 4,4-mm-Ausgang. Mit einem Gewicht von nur 200 Gramm und seinen kompakten Abmessungen ist der N3-Ultra ideal für den Einsatz unterwegs. Sein fortschrittliches Schaltungsdesign sorgt für eine zuverlässige Temperaturkontrolle und macht ihn zu einem alltagstauglichen Begleiter für lange Hörsessions.
Bleibt noch die Frage: Woher kommt die Musik? Auf der linken Seite, des hochwertig verarbeiteten Aluminium-Gehäuses gibt es einen kleinen Schlitz zum etwas umständlichen Einführen (Gefahr für Fingernägel) von MicroSD-Karten mit einer Speicherkapazität von 1 TB. Viele Digital-Audio-Player (DAP) brauchen heute eigentlich keinen Speicher mehr, denn sie besitzen WLAN und gewähren darüber Zugriff auf Online-Musik-Dienste wie Spotify oder Amazon Music. Darauf verzichtet der Cayin konsequent und weil bei seinen Ausgangsstufen hoher Aufwand betrieben wurde, gibt es bei diesem Konzept auch keinen Bedarf für eine Bluetooth-Schnittstelle, um drahtlose Kopfhörer zu verwenden. Nebenbei bemerkt drängt sich auch die Kombination von hochfrequenten Sendern/Empfängern wie WLAN oder Bluetooth in einem Gerät mit einstrahlungs-empfindlichen Röhren-Audio-Schaltungen nicht gerade auf.
Über den USB-A-Anschluss auf der Unterseite lässt sich die Musik nicht nur ausgeben. Man kann den Cayin N3-Ultra damit auch als externen DAC für einen Rechner oder ein Smart-Device verwenden. So kann man auch seine Streaming-Dienste auf diesem Umweg in Verbindung mit dem audiophilen Kopfhörer-Verstärker des mobilen DAPs verwenden. Allerdings muss man dafür in den Einstellungen aus drei Optionen (Aufladen, Dateiübertragung oder USB-DAC) den entsprechenden USB-Modus auswählen.
So klingt der Cayin N3-Ultra
Um die immensen Möglichkeiten der zwei verschiedenen Röhren-Modi und des Transistor-Timbres auszuloten, probierten wir verschiedene hochwertige Kopfhörer aus: Dazu zählte allen voran der hervorragende Beyerdynamic Xelento 2, den wir in der Wireless-Version getestet haben. Doch der Super-In-Ear aus Heilbronn lässt sich dank seiner ausgelagerten Aktiv-Elektronik auch wie ein passiver Ohrhörer am Kabel mit Klinkenstecker im 3,5-mm-Format betreiben.
Am Draht betreiben lässt sich auch der Teufel Real Blue Pro, den wir als Over-Ear der gehobenen Preisklasse mit sehr guter Klangbewertung ebenfalls zum Hörtest heranzogen. Dass der Cayin N3-Ultra an beiden eine äußerst starke Performance ablieferte, verwunderte mich nicht. Schließlich hatte ich schon mal vor Jahren für die Zeitschrift AUDIO 06/21 den Cayin C9 Kopfhörer-Verstärker mit Röhren getestet und für gut befunden. Der nutzte damals aber keine klassischen Militär-Röhren, sondern moderne Korg Nutube 6P1 (Direct Heated Trioden, kurz DHT).
Viel überraschender fand ich angesichts der verbreiteten Klischees nach der langen Zeit den geringen Unterschied zwischen der Transistor-Ausgangsstufe und den beiden Röhren-Modi. Ja, es tat sich etwas im Bass, der mit Transistor etwas straffer kickte, aber dabei im gleichen Maße weniger satt wirkte. Bei Stimmen gab es ebenfalls einen hörbaren Unterschied, der sich allerdings schlecht in Worte fassen lässt. Eher schon lässt sich sagen, dass das Messing von Becken mit beiden Röhren-Betriebsarten irgendwie prägnanter, feiner und einfach authentischer klang. Eben mehr nach Messing.
Klassik und Moderne prallen im Cayin N3-Ultra aufeinander
Noch feiner fielen freilich die Unterschiede zwischen dem Röhren-Betrieb im Modus „Classic“ gegenüber „Modern“ aus. Was schöner erscheint, ist nicht nur äußerst subjektiv und subtil, es hängt vor allem von der Aufnahme ab. Ich würde weder „Classic“, noch dem Röhren-Modus ansich das angestammte Prädikat „wärmer“ gegenüber der Transistor-Ausgangsstufe verleihen – auch wenn die Raytheon-Röhren des Cayin N3-Ultra nach jedem Umschalten erst mal einige Sekunden zum Aufwärmen brauchen. Es klingt mit der Old-School-Technologie eher glanzvoller, „goldener“ denn wärmer.
Gerade die Höhen kommen eindrucksvoller, aber ohne jegliche Schärfe aus den beiden verschiedenen Kopfhörern. In Verbindung mit dem exzellenten Beyerdynamic Xelento 2 entsteht so ein Klangebilde für Feingeister, die sich einer für In-Ears selten gehörten Weite und Räumlichkeit erfreuen dürfen. Hier entsteht Präzision ohne jegliche Penetranz oder Härte. Der Schmelz ist einmalig und lässt Klassik zum Erlebnis werden, das gerade unter Ohrkanal-Hörern seines Gleichen sucht. Auch Jazz und Singer/Songwriter wie Tori Amos klingen gerade mit Live-Aufnahmen extrem filigran, homogen und räumlich.
Für elektronische Musik, Hip Hop und alles, was im Bass nicht nur ultra-präzise wie mit dem Xelento-In-Ear, sondern auch besonders voluminös, druckvoll klingen soll, empfiehlt sich die Kombination aus Transistor-Timbre und einem guten Over-Ear wie dem Teufel, den wir aus klanglichen Gründen zum Hörtest heranzogen, den wir aber konzeptionell nicht unbedingt für den Cayin N3-Ultra empfehlen würden – es sei denn, es geht darum, ihn auch hin und wieder via Bluetooth mit dem Smartphone zu verwenden. Die beste Kombination in Sachen Punch und Speed war dabei zwar der Transistor-Modus, doch auch die Performance im Röhren-Modus hatte jede Menge Drive und Charme.
Cayin N3-Ultra Fazit und Alternativen
Mit dem Cayin N3-Ultra macht der Röhrenspezialist aus China wieder einen Schritt nach vorne, was seine von Audiophilen geschätzten HR-Player für die Westentasche betrifft. Der Vorgänger sorgte für Furore, doch die kleinen Verbesserungen zeigen, dass die Marke die Wünsche der User aufgreift und trotz hohem Aufwands und gediegener Verarbeitung zu einem erschwinglichen Preis umsetzt. Durch die verschiedenen Ausgangsstufen mit unterschiedlichen Timbres und die dreistufige Gain-Anpassung lässt sich der DAP perfekt auf den jeweiligen Kopfhörer abstimmen. Zu dem in Verbindung mit dem Austrian Audio „The Composer“ getesteten High-Resoltion-Player Astell&Kern KANN Ultra hält der Cayin preislich einen so großen Abstand, dass wir hier keine Alternative präsentieren.
Cayin N3-Ultra: Technische Daten
- Preisempfehlung des Herstellers: 650 Euro
- Bauart: Hi-Res-Digital-Audio-Player mit Röhrenschaltung
- Abmessungen (B x H x T): 6,6 x 12,5 x 1,95 cm
- Gewicht: 204 g
- Besonderheiten: Transistor- und Röhren-Timbre, Line-Ausgang, USB-Ein/Ausgang; Temper Glas-Schutz-Folie, Silkon-Case und USB-C-Kabel im Lieferumfang
- Digitale Audio-Formate: DSF, DFF, SACD-ISO, WAV, AIF/AIFF, FLAC, ALAC, AFF, APE, WMA Lossless, WMA, MP3, AAC, OGG, OPUS
- Mehr unter: cayin.com