STEREO GUIDE Testurteil
Der 2021 eingeführte Bowers & Wilkins Zeppelin hat wieder das Zeug zum Überflieger. Der Test der WLAN-Box mit Bluetooth dürfte Fans aber überraschen.
Vorteile
- vollwertiger, audiophiler Klang
- sehr gute Raumabbildung für einen Onebox-Speaker
- konturierter, satter Bass
Nachteile
- eingeschränkte Konnektivität, kein HDMI
- Bedienung ohne App sehr eingeschränkt
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Klang: Natürlichkeit / Transparenz9.5
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Klang: Bass / Dynamik8.8
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Praxis / Connectivity8.8
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Preis/Leistung9.5
Der Bowers & Wilkins Zeppelin ist inzwischen genauso Legende wie die gleichnamigen und gleichförmigen Luftschiffe des Grafen Zeppelin. Schon 2007 machte der britische Lautsprecherspezialist den Schritt in die digitale Musikwelt: Mit einem Lautsprechersystem in Form eines, nunja, Zeppelins. Die mittlerweile 4. Generation des B&W Zeppelins von 2021 bleibt der Idee treu, sich auf die aktuell gefragtesten drahtlosen Zuspiel-Möglichkeiten – Bluetooth und WLAN – zu beschränken. Während der erste als elitäres iPod-Dock mit USB-Eingang begann, hat er in der neuesten Auflage nicht einmal mehr irgendwelche Audio-Anschlüsse. Was sich sonst noch änderte, erläutert dieser Testbericht.
Die Zigarrenform blieb nicht ohne akustischen Grund ähnlich: Sie erlaubt eine breite Stereobasis zwischen den in den Spitzen platzierten Hochtönern und den Einsatz eines durchmesserstarken Basstöners in der Mitte. Damit nutzen die Briten das Volumen des 6,5 Kilo schweren WLAN- und Bluetooth-Lautsprechers perfekt und akustisch günstig aus. Das resultierende System erscheint weder unhandlich nocj klotzig. Die 65 Zentimeter Breite sieht man dem in hellgrau und fast schwarzem dunkelgrau erhältlichen, mit matten Stoff bezogenen Wireless-Komplettsystem jedenfalls nicht an. Das mag auch daran liegen, dass er auf seinem Alufuß mit Beleuchtung optisch schwebt.
Klassische HiFi-Technologie in der Zigarre
Während bei anderen Systemen die Frage diskutiert wird, ob hier Breitbänder oder 2-Wege-Systeme den besten Klang verheißen, protzt der Zeppelin mit High-End-Technik. Er ist nämlich ein vollwertiges 3-Wege-Vollaktiv-System. Alle Funktionen von Frequenzweichen, Equalizer und Dynamiksteuerung werden digital vorgenommen. Die Verstärkerleistung gibt der Hersteller mit stolzen 240 Watt an, ebenso soll die Zigarre bis in Tiefbassregionen von 35 Hertz hinunterkommen.
Außen in den verjüngenden Enden seiner Luftschiff-Form verstecken sich die Hochtöner, direkt daneben die 9 Zentimeter großen Mitteltöner. Während erstere mit ihrer Alu-Doppelkalottenform den bestens beleumundeten Boxenserien 600 und 700 der Briten ebenbürtig sind, folgen die sickenlosen Mitteltöner technisch sogar der ultrateuren 800 Serie. Die Hochtöner sollen im schmalen Außenteil möglichst schallwandlos und damit vertikal breit abstrahlen. Dagegen brachte B&W die beiden Mitteltöner in einer kleinen Schallführung zur Fokussierung unter. Beides soll helfen, ein möglichst weites Raumbild mit zusätzlichen Reflexionen in den Höhen zu erzeugen, ohne dass Fokus und Klarheit bei Stimmen verlorengehen.
Wer Bedenken hat, dass die breite Abstrahlung der Höhen und die kraftvolle Basswiedergabe bei typischer Positionierung des Bowers & Wilkins Zeppelins in Wandnähe oder auf dem Lowboard zu raumakustischen Problemen führen kann, möge beruhigt sein. Beides lässt sich in einer eigenen Klanganpassung in der Bowers & Wilkins Music App für iOS und Android feinfühlig korrigieren. Dröhnen oder zu spitze Wiedergabe durch Raumeinflüsse lassen sich damit schnell und vor allem bequem kompensieren.
Eigene Music App und sonstige Zuspielmöglichkeiten
Die drei wohl meistgenutzten Protokolle des drahtlosen Streamings hat der Bowers & Wilkins Zeppelin in seiner 4. Generation an Bord: Bluetooth, Airplay 2 und Spotify Connect. Damit ist der Fokus auch klar: So einfach wie möglich soll es sein.
Darüberhinaus kann die eigene Music App von Bowers & Wilkins via WLAN den Zugang zu Streamingdiensten wie Deezer, Qobuz und Tidal herstellen. Die vollwertige Einbindung des Zeppelin in eine Formation-Umgebung ist wegen neuer Hardware-Chips nicht möglich. Das dürfte B&W-Fans verwundern. Schließlich nutzen auch die Lautsprecher der Formation-Serie die gleiche App, doch nur der neue Soundbar Panorama 3 verwendet den gleichen Chip. Typische Multiroom-Funktionen wie das Gruppieren in Räumen mit Lautsprechern der Formation-Serie sind nicht möglich.
Das Ansprechen des Zeppelin via Roon geht nicht direkt, aber in eingeschränkter Datenraten via Airplay 2. Ob ein Roon Ready später nachgerüstet wird, steht aktuell (Mai 2022) noch nicht fest. Google Chromecast lässt sich mit dem B&W Zeppelin nicht nutzen. Das gilt auch für klassisches DLNA-Streaming oder das Einbinden von externen Analogquellen.
Werbe-Zeppelin: Alexa, kauf mal ein Bier
Der neue Zeppelin mutiert dank integriertem Mikrofon zum Smart Speaker, der Sprachbefehlen von Amazon Alexa folgt und auch weitere Alexa-Komponenten im heimischen Netzwerk steuern kann.
Zeppeline und die ihnen nachempfundenen „grätenfreien“ Blimps sind bekanntlich Senkrechtstarter. Nach Ballastabwurf steigen sie nach dem Prinzip „leichter als Luft“ geradewegs auch ohne Motorunterstützung steil in den Himmel. Den Trick beherrscht auch Bowers & Wilkins: Wer die auf der Rückseite versteckte Multi-Funktions-Taste drückt, bis sie blau leuchtet, kann auch ganz ohne App und Einrichtungsprozedur direkt von seinem Smart Device via Bluetooth 5.0 ansteuern.
Dafür stehen die klangstarken Codecs aptX Adaptive für Android respektive AAC für iDevices zur Auswahl. Damit kann der Nutzer dieses noblen Wireless-Sound-Systems sofort zur klanglichen Entdeckungsreise abheben. Ganz nebenbei spart er sich auch die Einrichtung des zur Verwendung der B&W App erforderlichen Nutzerkonto bei Bowers & Wilkins.
Bowers & Wilkins Zeppelin 2022 liefert echte HiFi-Qualität
Klanglich wächst der Bowers & Wilkins Zeppelin nicht nur in der Raumgröße über sich selbst hinaus. Er stiehlt auch so ziemlich allen anderen One-Box-Systemen die Schau. Seine Klangabstimmung geriet äußerst natürlich und verdient die Bezeichnung audiophil, die wir bisher nur Stereo-Boxensets in unseren Tests verleihen konnten.
Drei Dinge stechen dabei beonders heraus: Die feine Auflösung seiner Chassis, die Musik bei aller Neutralität durchhörbar, transparent und seidig klingen lassen. Das sorgt für detaillierte Stimmen und hat auch kein Problem mit einem vollwertigen Orchester, wo man wirklich erstaunlich viele Details mit erstaunlich entspannendem Charakter hören kann.
Von Zeppelinen lernen, heißt fliegen lernen
Eine weitere Stärke des Bowers & Wilkins Zeppelin ist der vollmundige, zwar nicht knochentrockene, aber doch konturierte, auch zeitlich differenzierte und dynamische Bass. Damit machen wie im Test auch Pop-Titel wie „Budapest By Blimp“ von Thomas Dolby in der Live-Version oder Rockstücke wie „Whole Lotta Love“ von Led Zeppelin Spaß. Sprich, jene Aufnahmen, die andere Onebox-Systeme gern mal überfordern. Besonders erfreulich: Seinen entspannten Charakter behält der Zeppelin auch bis in ziemlich hohe Lautstärkepegel bei. Der starre, ideal geformte Rumpf, der Zeppeline im Gegensatz zu Prall-Luftschiffen allwetterfähig machte, lässt den ikonischen Drahtlos-Lautsprecher auch musikalischen Stürmen ohne Dröhnen trotzen. Und das ohne klobiges Holzgehäuse.
Was aber wirklich eine Alleinstellung unter den Onebox-Systemen darstellt, ist die räumliche Stereo-Abbildung. In normal bedämpften Räumen stellt sich eine ordentliche Bühnenbreite und auch eine gute Ambience dar, in der mittige Stimmen stabil eingebunden sind. Nur bei Aufnahmen mit breit gefächerten Instrumenten bemerkt man, dass ein Stereo-Boxenpaar noch mehr Panorama und eine bessere Ortung hinbekommt. Der Zeppelin ist also auch in der 4. Generation wieder ein echter Überflieger. Dieses Prädikat unterscheidet ihn von seinen historischen Vorbildern. Bei Luftschiffen spricht man nämlich als Kenner von Fahren, nicht von Fliegen. So gesehen sollte ich als Autor einiger Zeppelin-Berichte dem Briten lieber attestieren, dass ich auf den satten, sauberen und hochauflösenden Klang total abfahre.
Test-Fazit und Alternativen zum Bowers & Wilkins Zeppelin
Das Design des Bowers & Wilkins Zeppelin liebt man, oder nicht. So zahlt man im Zweifelsfall gern etwas mehr als für eine beliebige Stereo-Onebox mit Bluetooth oder WLAN. Besonders flexibel zeigt sich der moderne Klassiker bei Eingängen und Zuspielmöglichkeiten nicht. Auch die Multiroom-Konnektivität selbst hinter seinem hausinternen Konkurrenten, dem Formation Wedge, zurück.
Was HiFi-Qualitäten angeht, setzt sich der Zeppelin sowohl vom Wedge als auch von den bekannten Mitbewerbern ab. Allenfalls der Bluesound Pulse 2i liefert eine ähnlich feine, natürliche und impulsive Vorstellung, aber Raumabbildung und Bass des Zeppelins sind ihm dennoch voraus.
Bowers & Wilkins Zeppelin 2021: Technische Daten
Preisempfehlung des Herstellers: 800 Euro
Abmessungen (B x H x T): 65 x 21 x 19,5 cm
Gewicht: 6,5 kg
Besonderheiten: Stereo, 3-Wege, WLAN, Bowers Formation App kompatibel
Mehr unter https://www.bowerswilkins.com