STEREO GUIDE Praxistest-Urteil
Der Walkman hat einen Nachfolger: Der FiiO CP13 fordert als mobiler Cassetten-Spieler MP3-Player heraus. In praktischer Hinsicht kann der vergleichsweise schwere und sperrige Analog-Player dabei weniger mit MP3 mithalten als im Klang. Wer eine Cassetten-Sammlung besitzt, kann sie damit aber stilvoll zu neuem Leben erwecken.
Vorteile
- Verleiht alten und neuen Tapes Gehör
- Frischer, transparenter Klang
- Gute Räumlichkeit
Nachteile
- Passt nicht in die Jacken- oder Hosentasche
- Rauscht prinzipbedingt mehr als MP3 und Co.
- Bringt nicht nur Feelings, sondern auch Kabelsalat zurück
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Praxis / Connectivity7.5
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Preis/Leistung9.5
„Ich komme wieder“ versprach nicht nur der Terminator alias Arnold Schwarzenegger im 80er-Jahre-Action-Movie über einen Kampfroboter aus der Zukunft. Er kehrte in unzähligen Teilen tatsächlich auf die Leinwand zurück. Die Mutter aller Comebacks gelang auch allem voran Vinyl. Während die als Nachfolger geplante CD unterging, erfreut sich das „schwarze Gold“ bester Beliebtheit. Aber die von Philips 1963 erfundene Compact Cassette? Echt jetzt? Der für Kopfhörer bekannte Hersteller FiiO lässt mit dem CP13 die Idee des Walkmans (den Namen hat sich allerdings Sony schützen lassen) wiederauferstehen. Damit hat die junge Marke ein wirklich cooles Gadget im Programm. Doch macht es auch wirklich Sinn? Immerhin leben wir in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts und können MP3-Musik von jedem Smartphone wiedergeben.
MP3 oder die konkurrierenden Format wie AAC sind zwar platzsparend komprimiert, aber sie sind rauschfrei. Und wenn es neben Rauschen etwas gibt, was man bei aller Nostalgie an der Compact Cassette nicht vermisst, dann Bandsalat. Auch das ist inzwischen kein Thema mehr. Obendrein sind MP3-Dateien im Flash-Speicher resistent gegen Stöße oder Hitze und man braucht zur Wiedergabe keine stromzehrende Mechanik. Doch es scheint, die Jüngeren, die jetzt darauf abfahren, haben das gar nicht mitbekommen. Sie finden die Dinge aus dem Museum offenbar einfach cool.
Und wie sollte ich da als Oldtimer-Liebhaber widersprechen? Auch an meinem Baur Cabrio von 1982 stören mich weder die Abwesenheit spektakulärer Beschleunigung noch die heute übliche Klimaanlage. Und erst recht nicht fehlen mir irgendwelche elektronischen Fahrhilfen wie ESP, Traktionskontrolle oder Spurhalte-Assistent. Allerdings vermisse ich trotz ungefilterter Fahrfreude mit Handschaltung und Zahnstangenlenkung von ZF zumindest zwei Segnungen der Technik, namentlich Navigations-System und Stereo-Anlage mit Bluetooth-Schnittstelle.
Eine Frage der Zeit
Die Bluetooth-Schnittstelle fehlt übrigens auch dem CP13, denn FiiO setzt konsequenterweise durchgängig auf analoge Audio-Technik. Die große Frage vor diesem Test war also: Wie würde mein Fazit nach einiger Zeit mit dem FiiO CP13 ausfallen?. Natürlich war es spannend und weckte schon beim Auspacken des solide anmutenden Cassetten-Spielers jede Menge nostalgischer Gefühle. In besagtem Oldtimer gibt es auch noch ein Radio mit Cassetten-Teil. Doch ich kam seit bestimmt 20 Jahren nicht mehr auf die Idee, darin eine Musik-Cassette wiederzugeben.
Habe vor einigen Jahren – leider – ohnehin den größten Teil meiner Sammlung entsorgt. Manche waren gar nicht mehr zu verwenden, nachdem das Nakamichi-Tapedeck – der Traum der Baby-Boomer-Generation seinen Geist aufgab. Denn ich hatte sie damit mit halber Geschwindigkeit aufgenommen, um die doppelte Spielzeit aus den C90-Cassetten zu holen. Das läuft natürlich nicht auf einem normalen Cassetten-Recorder.
Doch ein Griff in die Schublade und ich hielt eine Hand voller selbst bespielter Leer-Cassetten in der Hand. Darunter ein rares, damals sehr begehrtes Metal Tape von TDK mit Eigenkompositionen von meinem Schulfreund Frank Wagner, mit dem ich auch einige Video-Beiträge für STEREO GUIDE produziert habe. Das steigerte natürlich die Nostalgiegefühle noch mal. Bevor ich allerdings loslegen konnte, musste ich noch einen Kabel-Kopfhörer suchen. Natürlich haben wir in der Redaktion auch einige Klassen-Referenzen für Hörvergleiche zur Bewertung der Testkandidaten. Aber die liegen alle feinsäuberlich in ihrer Originalverpackung im Lager, weil ich nur noch mit True Wireless In-Ears höre.
Wer hat heute noch einen mobilen Kabel-Kopfhörer?
Ich entschied mich für einen erschwinglichen Sennheiser IE 200 und den edlen Beyerdynamic Xelento Wireless 2. Richtig gelesen, letzterer lässt sich drahtlos betreiben, allerdings mit einer Art Halskrause für die Elektronik und die Akkus. Man kann jedoch dank Steckverbindungen auch ein Kabel mit 3,5-mm-Klinke passend zum Passiv-Betrieb am Kopfhörer-Ausgang des FiiO CP13 anschließen. Apropos Anschlüsse: Einen Unterschied zu den Sony Walkmans alter Schule stellt man gleich nach dem Auspacken des Retro-Musik-Players fest: Es gibt an dem Gerät kein Batteriefach, dafür aber einen USB-C-Anschluss zum Aufladen des eingebauten Akkus mit einer Kapazität von 1.800 mAh – ein durchaus lobenswerter Fortschritt. Das gilt auch für die Laufzeit, die bis zu 13 Stunden betragen kann. Leider fehlt eine Batterieanzeige. Doch es sollte jedem klar sein, dass exzessives Umspulen der Cassetten der Laufzeit nicht zuträglich ist.
Technisch ein Rückschritt, aber haptisch ein in Zeiten allgegenwärtiger Touchscreens rares Vergnügen, sind die vier mechanischen Laufwerkstasten für Start, Stop und Vor- oder Zurückspulen. Das satte Klacken hat was. Das gilt gerade auch, weil der aus Leichtmetall gefertigte mobile Cassetten-Spieler satt in der Hand liegt – viel satter als ein Handy. Allerdings hätte es dem Feeling keinen Abbbruch getan, wenn FiiO die schwarzen Tasten des CP13 durch einen Aufdruck und nicht durch kleine Einkerbungen gekennzeichnet hätte. Gerade in softem Licht lassen sie sich nicht auseinander halten. Allerdings löst sich das Problem ganz schnell von selbst, denn die Funktion von vier seitlich angeordneten Drückern können sich selbst Dummies beim ersten Gebrauch im nu merken.
Stunde der Wahrheit: Wie klingen alte Tapes im neuen Player?
Deutlich länger dauerte bei mir die Gewöhnung an Ohrhörer mit Kabeln, die man beim Sennheiser IE 200 und dem Beyerdynamik Xelento 2 nach dem trickreichen Einsetzen der In-Ears auch noch kunstvoll hinterm Ohr vorbeiführen muss. Dann aber zunächst eine positive Überraschung. Das uralte TDK-Tape aus den 80ern läuft sofort los. Wow, die Befürchtung, dass die einzelnen Lagen verklebt sind und es gleich mal Jaulen oder gar Bandsalat geben könnte, erweisen sich als falsch.
Auch das hochfrequente Rauschen hält sich in einem Rahmen, den man als Reminiszenz an die guten alten Zeiten akzeptieren kann. Schließlich wurde die Wiedergabe mit dem Siegeszug der CD in den 80ern so störungsarm, dass es nicht nur Audiophilen zu steril erschien. DJs unterlegten ihre auf CD veröffentlichten Mixes nur zu gerne mit künstlichem Plattenknistern. Die Klangqualität ist wirklich erstaunlich, zumal der FiiO CP13 keine Dolby-Rauschunterdrückung besitzt. Die galt in den 80ern als das probate Allheilmittel gegen Bandrauschen.
Allerdings sind meine Tapes mit Dolby C aufgenommen. Und das hört man, wie ich finde, etwas an der tonalen Balance. Schließlich hob die legendäre Rauschunterdrückung bei der Aufnahme die Höhen an, um sie bei der Wiedergabe gemeinsam mit dem Bandrauschen abzusenken. Dazu wurde noch eine andere Befürchtung wahr: Magnetisches Übersprechen zwischen den einzelnen Lagen des Metal-Tapes auf den Wickelspulen sorgt stellenweise für eine Pseudo-Räumlichkeit durch Echoeffekte.
Damit sich die magnetisch gespeicherten Informationen auf der Musik-Cassette nicht ungewollt durch Dauer-Kontakt mit der gleichen Bandstelle mit der Zeit überlagern, verwenden Tape-Freaks auch bei Tonband-Maschinen einen Trick. Sie spulen sämtliche Bänder in regelmäßigen Abständen um. Aber wenn man bedenkt, dass meine Cassetten Jahrzehnte lang in der Schublade herumlagen, kann man das durchaus als Luxus-Sorgen betrachten. Hurra, sie drehen sich noch, die Spulen!
Vintage Sci-Fi-Hörspiel auf dem Retro-Walkman
Schnell kramte ich eine ebenfalls bestens erhaltene Maxell UD II C60 (2 x 30 Minuten Spielzeit) heraus, also ein Tape der Kategorie IEC Type II, besser bekannt als Chromdioxyd-Band (CrO2). Darauf fand sich ein Mitschnitt der originalen Hörspielfassung von „Krieg der Welten“, einem Roman von Science-Fiction-Pionier H. G. Wells, den Schauspiel-Titan Orson Welles mit dem Mercury Theatre live im Radio 1938 im Stil einer Reportage so packend umsetzte, dass es in den USA Berichten zufolge eine Massenpanik auslöste. (Soll mal einer sagen, dass Fake News und Verschwörungstheorien erst mit dem Internet aufkamen).
Die Amis glaubten zum Teil wohl tatsächlich, die kleinen grünen Männchen und Weibchen vom Mars seien gelandet, um sich die Erde Untertan zu machen. Dabei machten sie nicht nur Fabriken und Kraftwerke, sondern auch ganze Armeen oder Flotten platt. Auf jeden Fall seiner Zeit weit voraus, ein Meilenstein, den ich dank FiiO nach Ewigkeiten noch einmal genießen konnte.
Was mir während des Praxistests auffiel: Umspulen, noch dazu auf gut Glück, erfordert Geduld im MP3-Zeitalter, wo man mit einem Click zum nächsten Titel oder zum Beginn des aktuellen Tracks springen kann. Vor allem hätte dem CP13 ein automatischer Stop der Rückspul-Funktion gut getan. Man hört statt dessen nur Geräusche des Motors, der vergeblich gegen den Anschlag ankämpft. Bei normaler Wiedergabe, gibt es allerdings eine Endabschaltung, die den Play-Button mit einem satten Klacken herausspringen lässt.
Achtung, Baby!
Auch das Format des FiiO CP13 hat seine zwei Seiten. Zwar bildet es in Verbindung mit dem Gewicht von 310 Gramm einen imposanten Kontrast zu Smartphones und MP3-Playern. Aber der Fiio CP13 lässt sich mal nicht so eben in die Jacken- und schon gar nicht in die Hosentasche stecken. Zwar bietet der Hersteller für 25 Euro eine schützende Lederhülle (FiiO SK-CP13) an, doch der fehlt eine Gürtelschlaufe oder eine andere sinnvolle Transporterleichterung. Außerdem gilt es zu verhindern, dass die Cassetten auf dem Transport dem Player in seiner Hülle zu nahe kommen, denn als Verschlüsse dienen nicht etwa Druckknöpfe oder Klettband. Nein, FiiO hat dafür an zwei Seiten des Etuis Magneten angebracht. Und die löschen, das weiß jedes Kind der 70er und 80er Jahre, die auf dem Magnetband gespeicherten Informationen schneller als manche Politiker*innen unliebsame E-Mails oder SMS.
Auch der Umgang mit kabelgebundenen In-Ears will wieder erlernt sein. Das Gefummel mit den Drähten, die oft hinterm Ohr vorbeigeführt werden wollen, fühlt sich nach der Eroberung der Kopfhörer-Welt durch König Blauzahn etwa so praktisch und zeitgemäß an, wie die Verwendung eines Faxgeräts. Fans des FiiO sollten also besser schnell zugreifen, bevor deutsche Behörden bundesweit eine Sammelbestellung für den CP13 aufgeben.
Kann sich der FiiO CP13 hören lassen?
Richtig gut, zumindest den Umständen entsprechend, mit uralten Band-Aufnahmen von Bands wie REO Speedwagon, die ich in den 80ern und 90ern vom UKW-Radio anfertigte, klang es mit dem Beyerdynamic Xelento 2. In dieser Verbindung ergab sich eine überraschend feine Hochtonwiedergabe mit guter Transparenz in den Mitten und ein brauchbarer Bass. Klar, dass man bei dieser Kombination mit einer Kanone auf Spatzen schießt, aber es zeigt, dass man mit dem verrückten. völlig aus der Zeit gefallenen FiiO durchaus Musik hören kann.
Immerhin gibt es auch wieder Neuproduktionen auf Cassette zu kaufen. Dem Testmuster lag sogar eine Hörbuch-Cassette bei: „Die drei ???“, ein Krimi-Hörspiel für Kinder, das zwar nicht gerade meinen Geschmack trifft, aber eindrucksvoll unterstreicht: Totgesagte leben länger. Und – Überraschung – sie förderte eine verblüffende Klangqualität mit wirklich exzellenter Räumlichkeit zutage. Da geht wirklich was in klanglicher Hinsicht, wenn die Cassetten respektive Kassetten, wie man heute sagt, samt der Aufnahmen nicht Jahrzehnte lang vor sich hin gammelten. Auch Rauschen ist kein Thema, denn bei der Demo-Cassette dominieren beigemischte Umgebungsgeräusche die Szene und kaschieren so auf natürlich elegante Weise das Bandrauschen.
Doch immer wieder erfordert das Retro-Konzept Kompromisse und Zugeständnisse – vom Transport über den Klang bis zur Handhabung. Aus praktischer Sicht braucht man keinen Gedanken an den CP13 zu verschwenden. Schließlich muss er zu allem Überfluss gegen Stöße, Nässe und Sand geschützt werden. Am Badestrand macht er sich deshalb in etwa so gut wie ein Smoking mit Budapester Schuhen. Doch mit all seinen Einschränkungen und Eigenheiten erweist sich der FiiO CP13 als stilsichere Hommage an vergangene Zeiten. Er verbindet alte und neue Technologien in gekonnter Manier, markiert in Sachen Akku und Nachladen über USB einen Fortschritt, bleibt aber trotzdem analog und authentisch.
Fazit unseres Praxistests mit dem FiiO CP13
Um es kurz zu machen: Der Retro-Cassettenplayer weckt wie kaum ein heutiges Gadget Erinnerungen und Emotionen. Doch praktisch geht irgendwie anders. Jetzt kommt sozusagen das zweite ABER: Praktische iPhones oder Google-Handys mit Integrierten MP3-Player hat inzwischen wirklich so ziemlich jeder. Und das macht eben Luxus und Vergnügen aus, dass man etwas nicht braucht, aber unbedingt haben will. Und das trifft auf den FiiO CP13 vollumfänglich zu. Immerhin ist der Preis trotz der solide anmutenden Mechanik so niedrig, dass man sich damit mal eine kleine Freude machen kann, ohne sich verschwenderisch zu fühlen. Auf eine Einstufung verzichten wir in diesem Fall. Zum einen würde sie ausgehend vom heutigen Stand der Audio-Technik der Faszination dieses coolen Männerspielzeugs kaum gerecht. Zum anderen stellt sich auch einfach die Frage: Vergleichen – womit?
Technische Daten FiiO CP13
- Preisempfehlung des Herstellers: 129 Euro
- Abmessungen (B x H x T): 12 x 3,1 x 8,83 cm
- Gewicht: 310 g
- Akkulaufzeit bis zu 13 Stunden
- Besonderheiten: 1.800-mAh-Akku, 3,5 mm Klinke für Kopfhörer
- Mehr unter: fiio-shop.de