Gute Musik und gute Stimmung gab es auf der HIGH END 2024. Die Messe war noch ein bißchen voller und vielfältiger als im letzten Jahr. Ein klarer Trend war nicht auszumachen. Natürlich gab es wieder schweres High End mit immer ausgefalleren Kombinationen von Gerätschaften, deren Sinn sich nicht immer erschloss und deren Preisschild zuweilen im siebenstelligen Bereich lag.
Als Testseite für smartes HiFi, Kopfhörer und Bluetooth können wir das größtenteils ignorieren. Denn auch in diesen Bereichen gab es sehr viel Neues zu vermelden. Besonders die größere und vielfältigere „World of Headphones“ in Halle 1 war ein Anziehungspunkt, für den zwei Besuchertage gar nicht genügt hätten. Bei den Kopfhörern fanden wir nicht nur viele spannende neue Modelle, sondern auch eine wachsende Vielfalt von Zuspiel- und Vergleichsmöglichkeiten.
Auch technisch kamen wir in München heuer voll auf unsere Kosten: Aktivlautsprecher werden immer ausgefeilter und zugleich kompakter. Ein Feuerwerk von Neuigkeiten schossen die Hersteller von Digitalquellen ab: Mit welcher Quellenvielfalt, Klangqualität und Bedienungskomfort man heute digital Musik hören kann, überrascht uns immer wieder.
Die letztes Jahr anrollende Retro-Welle beim Design ebbte auch 2024 nicht ab. Erfreulich dabei: Immer mehr Hersteller setzen auf kompakte Formate bei ihren Geräten und reizen das Thema wohnraumfreundliche Form und Qualität so weit aus, wie wir es bisher nur von echten High End Komponenten kennen.
Retro-HiFi und Design-HiFi – aber modern!
Ruark Audio mit „Back to the future“!
Eine Retro-Kompakt-Anlage wie aus dem Bilderbuch gab es beim Vertrieb TAD zu sehen: Ruark bietet die Dreierkombination aus Streaming-Receiver und zwei Kompakten im stilechten 1960er-Gehäuse an. Der Bildschirm mit erstaundlich vielen modernen Funktionen integriert sich nahtlos. Das Steuerrad oben ist auf moderne Lowboards oder Regale zugeschnitten.
Sound mit Köpfchen: Moral
Studiomonitor, mobiler Bluetooth-Speaker, Kofferradio, Design-Objekt – die neue Serie von Morel ist irgendwie alles auf einmal. Im Colour-Blocking-Stil der 1990er Jahre zeigte der israelische Hersteller die ganze, mit der Ausnahme Signalrot eher pastellige Farbpalette auf goldenen Schaufensterpuppen. Den Namen werden wir uns merken, hat doch die Firma für Selbstbauchassis und Einbaulautsprecher bereits einen guten Ruf.
Vintage-HiFi der besonderen Art
Revox restaurierte zehn seiner legendären Bandmaschinen B77 MK II und gab ihnen in einer exklusiven „Yello Edition“ neuen Star-Glanz. Die streng limitierte Kleinserie kostet 13.500 Euro und trägt von Frontman Dieter Meier und Keyboarder Boris Blank handsignierte, nummerierte Plakette als Stilelement der individualisierten Ikone und als Siegel der Echtheit. Auf der Münchner HIGH END war Boris Blank am Samstag am Messestand, Autogramme zu geben und damit neben Leslie Mandoki einer der Stars, die der Messe zusätzlichen Glanz verliehen.
Retro & Ultra High End: Der Klassiker Wilson Watt/Puppy!
Eine High-End-Lautsprechermanufaktur, die ihr 50jähriges Jubiläum feiern kann, darf sich schon glücklich schätzen. Bei Wilson Audio aus den USA waren die Gesichter umso freudiger, als dass sich die Firma nach dem Tod des Gründers immer noch in Familienhand befindet. Zur Feier gibt es eine komplett neuentwickelte Version des Klassikers Watt/Puppy. Mansour Mamaghani vom deutschen Vertrieb Audio Reference zeigte Alt und Neu direkt nebeneinander – ein zeitloser Klassiker!
Rostiger Look außen, perfekte Technik innen: AVM
In der Tunerszene für Autos gibt es den Begriff des „Rat Look“ – Karossen ohne schützende Lackschicht, bei denen der Rost zum unverwechselbaren Look wird. Diese Idee des Unikats im „Mad-Max-Design“ kam auch dem Zulieferer Schmid Frontplatten mit einem Gerät der deutschen Elektronik-Marke AVM. Damit demonstrierte die High End Manufaktur des in Sinzheim bei Baden-Baden beheimateten Unternehmens augenzwinkernd seine Fertigkeiten.
Dirigent mit Retro-Boxen: Audio Vector
Zur Retro-Idee gehört es auch, nicht nur Design-Visionen, sondern technische Konzepte in die Moderne zu übertragen. Nirgendwo gelang das glaubwürdiger als bei Audio Vector. Die dänische Manufaktur feiert heuer das 45-jährige Jubiläum. Dazu stellte Firmengründer und Chefentwickler Ole Kliffoth eine komplett neu entwickelte Variante seines „Trapeze“ Lautsprechers vor. Mit schräger Schallwand für Zeitrichtigkeit war er 1979 seiner Zeit voraus. Und auch heute führt er mit erlebnisbetonter Abstimmung einen Trend innerhalb der Retro-Welle an.
High End Zigarre und Aktiv-Skulpturen – Meridian
Moderne Zeiten erfassen inzwischen selbst britische Traditionsschmieden. John Buchenan, Chief Executive Officer von Meridian Audio präsentierte persönlich den ersten leistungsstarken All-in-One-Streaming-Lautsprecher der Marke aus Huntingdon. Der Meridian Ellipse vereint die technologischen, konstruktiven und fertigungstechnischen Fortschritte des Meridian DSP8000 XE und des DSP9 in einem kompakten und dennoch leistungsstarken Design. Er verfügt über ein außergewöhnlich steifes und perfekt abgedichtetes Gehäuse, in dem leistungsstarke Treiber und DSP-Technologien zur Signalverbesserung untergebracht sind. Neue Steuerungsoptionen, darunter die Image Elevation-Technologie und die innovative Bass and Space-Funktion, ermöglichen es dem Hörer, den Klang an seine Vorlieben, Hintergrundgeräusche, Raumgröße und Lautsprecheraufstellung anzupassen.
Günstiger Röhrenklang: Feliks Audio mit A&K
Kopfhörerverstärker im Retro-Look hatten wir noch nicht als expliziten Trend ausgemacht. Die neue Verstärkerserie von Feliks Audio macht aber fürs Auge dank der Massivholz-Elemente mit schwarzem Alu so richtig was her. Fürs Ohr auch, denn hier kommen die Kult-Röhren des Typs 300B zum Einsatz. Der Name Envy Performance passt auf jeden Fall!
Aktiv, smart, mit Breitbänder: Audium
Das sympathische Team von Audium/Visonik hatten wir nicht in der Halle erwartet, sondern unter dem Dach. Frank Urban präsentierte die komplettierte Audium Comp Air Serie. Die vollaktiven Lautsprechersäulen mit eingebauten Verstärkern und Streamern besitzen eine technische Besonderheit, die man eigentlich aus der Vintage-HiFi und Röhrenszene kennt: Breitbänder. Mit Bassunterstützung im Sockel spielen die besonders homogen, räumlich und ortungsgenau.
Streaming, Aktivboxen und Schwergewichte
Backes&Müller mit Zeilenstrahlern in den Kompaktboxen
Moderne Wohnräume seien für kompakte Boxen normalerweise akustisch tabu, erklärte man uns bei B&M. Allein schon, weil solche Räume viel zu stark hallen. Einen kompakten Lautsprecher, der solche mühelos mit direktem Sound füllt – das verspricht die neue Backes&Müller Jubilé IO mit speziellem Zeilenstrahler. Der satte, aber trockene Tiefbass und die anspringende Dynamik haben uns so begeistert, dass wir noch einmal die größeren Modelle hören wollten. Die riesige BMLine 60 (im Hintergrund außen) war dann auch die Erfüllung aller Aktivlautsprecherträume: Druckvoll wie eine PA, sauber wie ein Studiomonitor, ein satter, knalliger Bass und eine Schnelligkeit, wie wir sie noch nie gehört hatten. Nach dem Preis getrauten wir uns nicht zu fragen, aber dieser Eindruck wird unvergesslich bleiben.
Kii Audio Seven – die Mini-Aktivbox mit dem Schallwandtrick
Noch ein Aktivlautsprecher, der im Abstrahlverhalten vieles anders und offensichtlich alles richtig macht: Die neue Kii Seven besitzt dank modernster Technik mit seitlichen Bässen eine nierenförmige Abstrahlung in Oberbass und Grundton und trickst damit die Raumakustik aus. Der erstaunlich kompakte Monitor setzte sich bei der Präsentation im großen Loft der gegenüber des MOC liegenden Motorworld erstaunlich souverän, dynamisch und sauber durch. Wir warten schon auf ein Testmuster.
Klangüberraschung: Perlisten Lautsprecher
Lautsprecher mit akustischen Kniffen für eine bessere Anpassung an die Raumakustik sind im Aktivboxenbereich üblich. Bei den Passiven zieht jetzt Perlisten nach und präsentierte diese bildschönen Säulen. Dank dreier Hochtöner und mehrerer Mitteltöner wird das Klangbild fokussiert und soll damit am Hörplatz viel sauberer ankommen.
Schönheit auf schweizer und koreanische Art: PIEGA x Rose
Die Schweizer Traditionsmanufaktur Piega und die südkoreanischen Streaming- und Verstärker-Spezialisten von Hifi-Rose haben auf den ersten Blick nur wenig gemein. Trotzdem kündigten die beiden Firmen eine enge Kooperation an, Piega wird unter anderem in Deutschland auch Hifi-Rose vertreiben. Wer die Anlage aber im etwas versteckten und damit ruhigen Raum von Piega gesehen und gehört hat, kann sich der Faszination des Trios aus Alu-Lautsprecher, Streamer mit großem Display und Verstärker mit Retro-Elementen nur schwerlich entziehen. Besonders die neuen matten Aluminiumfarben von Piega sind ein Designertraum. So etwas will man wirklich im Wohnzimmer haben!
Vier Alpha-Türme bei Canton
Wenn eine Referenz nicht genügt, kommen die Hessen von Canton eben gleich mit zweien! Die limitierte GS Reference war letztes Jahr so erfolgreich, dass man die Gehäusekonstruktion für die neue Reference Alpha gleich übernahm und zwei Modelle auf den Markt brachte. Obwohl es sich bei den vorgeführten Modellen um klassische, passive Boxen handelte, waren wir von Timing, trockenem Bass und Swing begeistert.
High-End-Träume mit Farbenvielfalt: Burmester
Bei Burmester gab es auf der HIGH END 2024 im MOC ein Vorserienmodell des neuen BX100-Lautsprechers zu bestaunen und zu hören. Das demnächst für knapp unter 80.000 Euro erhältliche 4-Wege-System fällt durch seine freistehenden Air-Motion-Transformer (AMT) technisch und visuell aus dem üblichen Rahmen. Das soll die freie Klangentfaltung fördern und sieht auch noch verdammt gut aus. Dass der neue Ansatz auch noch verdammt gut klingt, bewies Burmester mit einer ausgesprochen beeindruckenden Demonstration in einem stylischen Hörraum. Ein weiteres Thema im Fokus war bei den Berlinern diesmal auch die Bespoke-Option, mit der man wie beim Maßschneider gestalterischen Einfluss auf die Farbgebung seiner Lautsprecher nehmen kann. Extreme Beispiele waren handbemalte „Art-Speaker“-Kunstwerke mit bunten Farbmustern im Stil abstrakter Gemälde.
Wir haben den Größten bei Lyravox!
Aktivboxen sind klein und leicht und fürs Studio gedacht – Ja, ja, ja, wie man sich irren kann. Eine der ultimativen XXL-Präsentationen gab es bei Lyravox. Die mannshohen Türme nennen sich Karlemagne, nach Karl dem Großen. Das Erlebnis? Unbeschreiblich, und zugleich bei Dreidimensionalität und Bass ein wahres Manifest für die Aktivtechnik. Da mussten etliche noch größere Hörner klanglich zurückstehen.
Der Norwegische Hersteller Electrocompaniet führte nicht nur die große Elektronik-Kette mit den neuen Mono-Endstufen AW 300 M an vergleichsweise erschwinglichen Boxen von Audio Physic vor. Die Skandinavier hatten auch ihren neuen, kompakten Streaming Amp Rena SA2, die 2. Generation der auch schon von uns getesteten EC-Living-Linie mit einem Paar Kompakt-Lautsprechern vorführbereit. Damit untermalten sie eindrucksvoll, dass Spitzenklang nicht unbezahlbar sein muss.
Kopfhörer und Kopfhöreramps der HIGH END 2024
Röhren-Wohklang für den Kopf: Cayin
Röhren, Röhren, Röhren – bei den hochwertigen stationären Kopfhörerverstärkern konnten wir das als klaren Trend ausmachen. Bei Cayin liegt es nahe, die neuen Modelle begeisterten mit feinsinnigem Klang, VU-Metern im Retro-Stil und hochwertiger Röhrenbestückung. Hier am Meze Elite Kopfhörer.
Günstiger Röhrenklang: Feliks Audio mit A&K
Nochmal Röhren, nochmal Feliks Audio: Die neue Version des Röhren-Headamps Echo soll mit rund 1000 Euro erstaunlich günstig bleiben. Er spielte am Stand von Headphone Shop am ebenfalls noch dreistellig gepreisten Meze Audio 109 Pro – sehr überzeugend!
Nochmal Cayin: Die seltenen Röhren KT-170
Alle Jahre wieder wird ein neuer Röhrentypus durch die Szene gehypt, wahlweise für besten Klang oder kräftige Leistung. Beim Kopfhörerverstärker von Cayin geht es natürlich um ersteresn: Die seltene Röhre vom Typ KT-170 sorgt hier für Wohlklang, egal ob symmetrisch oder asymmetrisch verkabelt.
High End für den Kopf: Weiss Audio
Schön, wenn auch die richtigen High End Companies an Kopfhörerfans mit begrenztem Platz denken. Der Weiss DAC 501 bringt alle üblichen Hires-Formate mit und beherrscht überdies noch ein paar Tricks, die einmalig auf dem Markt sind. So etwa einen „Vinylklang“-Filter, diverse digitale Klanganpassungen für verschiedene Kopfhörer und einen Crossfeed für weniger Inkopf-Lokalisation. Roon Ready, DSD-Fähigkeit und diskrete Class-A-Verstärker sind hier audiophile Pflicht.
Gipfel-Kreuz: Ertetich Planarmagnetostat
Eine achteckige Kopfhörerkapsel? Ja, das geht. Zumindest beim Planarmagnetostaten von Erzetich, der unter dem Namen Charybdis angeboten wird. Von weitem dachten wir ja, die kreuzförmige Schallöffnung sei ein Hinweis auf Schweizer Provenienz, aber es handelt sich natürlich um einen offenen Kopfhörer. Er trägt sich erstaunlich gut, obwohl das Gewicht wegen der gefrästen Aluschalen nicht von schlechten Eltern ist.
Selber vergleichen macht schlauer: Audio-Technica
Eine Zeitreise in die frühen Tage der Musikwiedergabe und des Reisens bot die Retro-Hörbar von Audio-Technica. Bis zu vier Kopfhörer lassen sich aus der mobilen Musiktruhe mit eingebautem Plattenspieler vergleichen. Wir verweilten gern – wegen der bequemen Sessel, natürlich aber auch wegen der hervorragenden Kopfhörer, die wir bei nächster Gelegenheit unbedingt testen wollen.
Macher und Ideen auf der HIGH END 2024
Die Virtualisierer: Der VSC-Player
Den Klang von Lautsprechern im Raum zuhause vortesten – diese Idee setzt der Virtual-Sound-Check, kurz VSC, um. Hinter dem Projekt steht technisch ein geschätzter Kollege von Lowbeats, nämlich Jürgen Schröder. Die Umsetzung stammt vom Start-Up Plus-AI, Geschäftsführer Marco Albert hatte sichtlich gute Laune. Auch wir hatten im letzten Frühjahr bereits eine Kostprobe des VSC mit einem Vergleich von Masrhall-Bluetooth-Speakern in die Website von STEREO GUIDE integriert, die sich großer Beliebtheit erfreut.
Klassischer geht´s nicht: Transrotor
Die Spieler: Konsolenfan mit Sound zum Zocken
Guter Sound beim Musikhören, guter Sound zum Film – na klar! Doch auch beim Computerspielen macht guter Ton enorm viel Spaß. Eine ausgiebige Demo dazu mit mehreren Konsolen und PCs hätten wir auf der HIGH END nicht erwartet. Für die Spaßzone sorgte Michael Schulz, der sonst als „Mr. Konsolenfan“ Sound-Equipment aus Sicht der Zocker testet. Super Idee!