Der Fiat 500e ist Europaweit ein riesiger Erfolg – und zwar nicht nur unter den Stadtflitzern. Mit der neuen Variante „la Prima“ by Bocelli wollen die Italiener die Konkurrenz noch weiter abhängen. Dazu setzen sie allerdings nicht auf Motor- oder Fahrwerks-Tuning. Sie verpassen vielmehr dem Audio-System eine Performance-Steigerung. Dazu holte Fiat die Kultmarke JBL an Bord, die kürzlich ihren 75. Geburtstag feierte. Die nach ihrem Gründer James B. Lansing benannte Firma gehört zum Harman Konzern. Die zum Samsung-Konzern gehörenden Amerikaner sind eine Macht im Automotive-Bereich mit Marken wie Harman/Kardon, Bang & Olufsen oder Bowers & Wilkins.
JBL hat eine ähnliche Zugkraft wie der Name Bocelli in der Musikwelt. Und Fiat spannte gleich Vater Andrea und Sohn Matteo vor seinen elektrischen Kraftkarren. Der Senior half bei der Abstimmung des Premium-Sound-Systems, der Junior lieferte den Soundtrack für die Werbekampagne des Fiat 500e La Prima by Bocelli.
Folgenreiche Begegnung
Wie beides zusammen kam, ist eine nette Anekdote. Es begab sich, dass Fiat CEO Olivier François während der Pandemie viel Zeit im Küstenort Forte del Marmi verbrachte und dabei mit der Familie des italienischen Star Tenors Andrea Bocelli im regen Austausch stand. Die Bocellis besitzen im Toskanischen Badeort nicht nur ein stattliches Anwesen. Ihnen gehört auch ein exklusiver Beach Club. Dort, im Alpemare fand schließlich die Premiere des Fiat Sondermodells statt – ein Auto, das so vermutlich nur von einem italienischen Hersteller kommen kann. Nicht, dass es den Deutschen an Technik mangelt. Doch die ganzen Gadgets mit einer solchen spielerischen, wenn nicht sogar verspielten Leichtigkeit auf die Straße zu bringen, macht unseren in Sachen Genuss zutiefst verehrten Nachbarn so schnell keiner nach.
Dabei sind die Zutaten auf den ersten Blick wenig speaktakulär. BMW hat gerade mit Bowers & Wilkins im ebenfalls elektrischen iX sage und schreibe 30 Lautsprecher, 1.615 Watt und sogenannten „4D-Klang“ mit Rückenmassage durch „Buttkicker“ in den Sitzen an den Start gebracht. Rivale Mercedes inszeniert mit Burmester und Dolby Atmos in der S-Klasse ein ähnlich aufwendiges immersives Erlebnis. Fiat bescheidet sich im Elektromobil 500e la Prima by Bocelli zwar mit vergleichsweise überaus bescheidenen sieben Lautsprechern inklusive Subwoofer im Kofferraum, einer ebenfalls dort verstauten 8-Kanal-Endstufe und einer Gesamtleistung von 320 Watt.
Doch abgesehen davon, dass es sich beim Fiat nicht um ein deutlich über 2 Tonnen schweres SUV, sondern um einen nur 3,63 Meter langen Stadtflitzer handelt: Diese üblichen, stammtisch-relevanten Eckdaten erzählen nicht die ganze Story dieser ungewöhnlichen HiFi-Anlage in einem nicht ganz alltäglichen Auto. Es sind die eigenwilligen, originellen Details und zwei neue Harman-Technologien, von denen man zumindest eine wohl kaum in einem Kleinstwagen erwartet hätte.
Live aus Las Vegas
Vor ein paar Jahren präsentierte Harman in Las Vegas auf der CES Messe seine Virtual Venues. Diese moderne Version der DSP-Effekte, wie man sie von Surround-Receivern der letzten 30 Jahre kennt, kann mit Unterstützung moderner Techniken vorhandenen Stereo-Aufnahmen den akustischen Fingerabdruck anderer Hörräume aufdrücken. Dabei gehen die Manipulationen mittlerweile tiefer als früher. Da entstand der Raumeffekt im wesentlichen durch Beimischen von Echo und Hall, ein paar Frequenzgangs-Manipulationen und einem aus vorhandenen Spuren zusammengemischtem Signal für die Center- und Surround-Kanäle.
Stichwort Center: Damit wären wir bei der zweiten Technologie-Prämiere neben den Virtual Venues. Im Fiat 500e la Prima by Bocelli debütiert der „virtual Center“. Sprich, ein echter Center Speaker auf der Mitte des Armaturenbretts fehlt. Zwar gibt es eine gelochte Abdeckung, unter der sich auch ein Lautsprecher verbirgt. Doch der kommt nur für Warntöne und Ansagen des Navigations-Systems zum Einsatz. Das eigentliche Center-Signal zur Stabilisierung der imaginären Hörbühne wird mit einer raffinierten Matrix unter Zuhilfenahme künstlicher Intelligenz erzeugt.
Erster Appetithappen
Leider liegen uns im Moment keine näheren informationen zu den detaillierten technischen Hintergründen der Neuerungen vor, deshalb wollen wir uns in diesem Bericht nur auf die ersten Höreindrücke konzentrieren. Leider konnten wir die italienischen Momente im neuen Fiat 500e la Prima by Bocelli auch nur im Stand erleben. Doch, die ersten Eindrücke lassen schon wirklich aufhorchen – zumal bei einem E-Auto kein brummiger Verbrenner den Tiefbass überlagern kann. Damit lässt sich der Höreindruck aus dem Beach Club der Familie Bocelli besser auf das finale Fahrerlebnis übertragen, als bei einem normalen PKW mit Diesel oder Benziner. Und spätestens an der Ladesäule, bietet sich exakt jenes im Anschluss geschilderte Erlebnis. Vor allem kann man es dann auch mit geschlossenen Augen viel intensiver genießen als während der Fahrt, wo auch bei einem Elektro-Auto noch Abroll- und Windgeräusche hinzukommen.
Fiat 500e la Prima by Bocelli: Auf den Spuren des Stars
Zunächst einmal empfängt einen der Fiat 500e la Prima by Bocelli mit einem dezent edlen Ambiente. Webeoptik am Armaturenbrett, Fiat-Logo-Prägungen auf den edel anmutenden Sitzbezügen. Das Auge hört ja bekanntlich mit. Es gibt fünf Klang-Presets, die auf dem 10,25 Zoll großen Touchscreen des nfotainment-System Uconnect 5 mit kleinen Bildchen visualisiert werden. Sie reichen vom Freilicht-Amphitheater über das Teatro Guiseppe Verdi in Pisa, das in der Karriere von Andrea Bocelli einen wichtigen Platz einnimmt bis zum eigenen Wohnzimmer und Tonstudio des Italienischen Superstars. Das Foto des nicht extra in Szene gesetzten Musikzimmers von Andrea Bocelli sorgt für Authentizität dieses erfrischend originellen Ausnahme-Autos. Ja, in diesem Moment, möchte man wirklich glauben, was der Fiat CEO zur Premiere auf der Bühne über die Anfänge des Projekts zum Besten gab, die demnach nicht auf eine findige Marketing-Abteilung, sondern auf persönliche Begnungen zurückgehen.
Neben dem erwähnten Touchscreen und dem integriertem Navigationssystem fährt der Fiat 500e la Prima by Bocelli serienmäßig mit LED-Scheinwerfern, 17-Zoll-Leichtmetallfelgen und einer Ladeschale für Smartphones vor. Obendrein gibt es im Handschuhfach eine UV-C-Leuchte zur Desinfektion von kleineren Gebrauchsgegenständen wie Handys. Zur Wahl steht die Bocelli-Komposition für die Karosserievarianten Limousine, Cabriolet und 3+1. Der Einstieg in den Fiat 500e la Prima by Bocelli liegt bei mindestens 38.490 Euro.
Bocelli Junior macht „Tempo“
Für die im vorangegangenen Absatz aufgezählten Gadgets hatte ich keine Zeit. Leider konnte ich den smarten elektrischen Kleinwagen keinen Meter fahren. Es gab auf dem Privatkonzert von Andrea und Matteo Bocelli nur zwei Exemplare. Das kleine schwarze stand auf der Bühne, während Bocelli-Junior unter anderem „Tempo“, seinen Song zur Werbekampagne seiner „Familien-Kutsche“ am Klavier vortrug. Der andere 500er stand als goldene Statue neben einigen Skulpturen (die stehen wohl immer da) im Eingangsbereich. Dort drängten sich internationale Journalisten, Blogger und Influencer, um ein paar Klänge zu erhaschen.
Ich überlegte mir erst mal bei einem Drink, zu welcher Gruppe ich am ehesten gehöre und lauschte anschließend mit etwas (die Betonung liegt auf etwas) Ruhe dem JBL-Sound-System. Zum Glück war die Perfomance über jeden Zweifel erhaben. Ja, man möchte fast sagen: Weniger ist mehr – zumindest manchmal und ganz sicher in diesem Fall. Während bei vielen größeren Fahrzeugen ein großer Teil der aufgefahrenen Car-Audio-Lautsprecher und Verstärker-Kanäle der Bespaßung von Fond-Insassen dienen, konzentriert sich in diesem für heutige Verhältnisse kompakten Kleinwagen alles auf die erste Reihe.
JBL meets Bocelli: Diese Zutaten machen den Sound
Die beiden 13-cm-Breitbänder im Fond dienen hauptsächlich der Erzeugung einer Raum-Illusion. Vorne gibt es zwei 2-Wege-Systeme mit JBL-belabelten 1,9-cm-Hochtönern in den A-Säulen und 16-cm-Tief-Mitteltöner in den Türen. Die Ankopplung an den im Kofferraum platzsparend integrierten Subwoofer mit seinem 20-cm-Tieftöner ist dem Anschein nach sehr gut gelungen. Die tonale Abstimmung des Car-HiFi-Systems von JBL besitzt jene Ausgewogenheit und Bandbreite, die man von der Marke gewohnt ist. Die 320 Watt Sinus haben auch zumindest nach dem Ständchen im Stand nicht die geringste Mühe, in der winzigen Druck-Kammer Punch, Dynamiksprünge und stattliche Maximalpegel zu erzeugen. Kein Wunder: Mit solchen Watt-Leistungen schmücken sich sogar nicht wenige Fahrzeuge der deutlich größeren Kompaktklasse.






Virtual Venus: Mittendrin, statt nur dabei
Die Klangeffekte der Virtual Venues gehen zwar nicht so weit wie in einer Konzeptpräsentation in Las Vegas. Dort wurden auf der CES in einem Oberklasse-Prototypen sogar die Stimmen der Passagiere mit Mikrofonen aufgenommen und mit Hall in Echtzeit aus den Boxen garniert. Das halte ich auch nicht unbedingt für einen Fehler. Solche Effekte nutzen sich nach der Demonstration im Autohaus erfahrungsgemäß schnell ab. So war mir auch das Opernhaus von Pisa etwas too much, gerade mit Gesang oder gar mit Pop-Musik, die überhaupt nicht dafür abgemischt wurde.
In Verbindung mit den anderen privaten Plätzen von Andrea Bocelli ist es aber ein nettes, überdies äußerst routiniert umgesetztes Gimmick. Schließlich kann ja jeder nach Herzenlust mit eignen Playlists experimentieren – wozu spätestens an der Ladesäule auch massig Zeit bleibt. Und mit dem Musikzimmer und dem Studio von Maestro Bocelli oder der offenen Arena gibt es ja auch deutlich trockenere Hörumgebungen.
Konzertkritik in Kurzform
Fazit unseres ersten Soundchecks: Der Fiat 500e la Prima by Bocelli bringt einen nicht nur für seine Klasse unvergleichlich komfortabel und stilsicher von A nach B. Mit dem musikalischsten Fiat aller Zeiten kann man auf den Spuren einer Legende wandeln. So das war’s. Erst mal „Time To Say Goodbye“. Doch ich hoffe, Bocellis Welthit, den ich in den 90ern im Open Air Konzert am Schloss live in Kassel hörte, demnächst in aller Ruhe quasi Live mit JBL Virtual Venues im offenen Fiat 500e Cabrio zu erleben. Dann gibt es auch einen richtigen Fahr- und Hörtest mit Einstufung des äußerst vielversprechenden Car-Audio-Systems von JBL.
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