Lästerliche Zungen behaupten, die auf HiFi-Messen gespielte Musik sei nicht immer ideal, um die Qualität der dort ausgestellten Anlagen zu demonstrieren. Da ist etwas dran, denn nicht selten werden Stücke gewählt, die schon seit Jahrzehnten als „Referenz“ dienen und auf jeder Anlage irgendwie gut klingen. Eine systematische Beurteilung der Klangqualität ist damit ebensowenig möglich wie eine Demonstration der Stärken einer Anlage. Die letzte HIGH END in München naht, bevor die Leitmesse 2026 nach Wien umzieht. In Kooperation mit dem für hohe Klangqualität bekannten Streamingdienst Qobuz haben wir von STEREO GUIDE eine Playlist an Referenz-, Test und Vorführstücken zur wichtigsten Messe für hochwertige Klangwiedergabe zusammengestellt.
Die 27 Titel stammen aus verschiedenen Genres von Folk bis Rock. Die Redaktion hat sie gezielt danach ausgesucht, eine Anlage in einzelnen Disziplinen auch wirklich zu fordern. Dabei ist es durchaus beabsichtigt, dass auch die eine oder andere Schwäche offengelegt wird, etwa wenn der elektronische Bassbeat nicht tief genug reicht oder ein Orchester nicht genug aufgelöst wird. Neuere Aufnahmen wurden dabei gegenüber den Klassikern gezielt bevorzugt. Die Markenbotschafterin der HIGH END 2025, Annette Askvik, ist natürlich auch dabei!

Um das Hörtesten oder Demonstrieren etwas systematischer zu gestalten, haben wir alle Titel jeweils nach der wichtigsten Klangdisziplin eingeordnet, die man damit testen kann. Anbei eine kleine Übersicht der sechs Hörtestkategorien – und welche Titel zu welcher gehören. Viel Spaß beim Entdecken und auf der HIGH END 2025!
Übersicht über alle Qualitätskategorien und Titelzuordnung
Stimmwiedergabe
Die Wiedergabe menschlicher Stimmen ist eigentlich keine eigene Kategorie zur Klangbewertung. Sie fordert verschiedene Qualitäten einer Anlage heraus. Etwa die Klangfarben-Neutralität. Das heißt: Musik klingt so, wie sie wirklich aufgenommen wurde – weder zu hell, noch zu dumpf oder verfärbt. Gerade Stimmen und Instrumente reagieren empfindlich auf klangliche Verzerrungen. Viele Hörer empfinden solche Verfärbungen sofort als unnatürlich. Deshalb gilt: Selbst wenn ein Lautsprecher in anderen Disziplinen überzeugt – ohne neutrale Wiedergabe verliert er an Glaubwürdigkeit. Um das zu testen, eignet sich Musik mit vielen verschiedenen Klangquellen – also Aufnahmen mit akustischen Instrumenten, Stimmen und Orchestern. Gute Systeme geben all das farbecht und unverfälscht wieder – so, wie es klingen soll.
- Anette Askvik – Kom te ro
- Carolyn Sampson – Ave Maria (Gounod)
- Dominique Fils-Aimé – Birds
- Mark Knopfler – One deep river
Neutralität/Instrumentenklangfarben
Klangneutralität bedeutet, dass Lautsprecher oder Kopfhörer die Klangfarben der Musik so wiedergeben, wie sie wirklich aufgenommen wurde – ohne Betonung oder Verfärbung einzelner Töne. Gerade wenn Stimmen oder Instrumente „komisch“ klingen, empfinden viele das als unnatürlich oder störend – auch wenn der Rest stimmt. Um die Klangfarben realistisch zu beurteilen, sollte man sich unterschiedliche Musik mit vielen verschiedenen Instrumenten anhören. Denn erst durch den Mix aus feinen Details und guter tonaler Abstimmung zeigt sich, ob ein System wirklich natürlich klingt – und genau das macht gutes HiFi aus.
- Quadro Nuevo – Rio Sunrise
- Neeme Järvi – Le Cid (Massenet)
- WDR Big Band – Blue in Green
- Jeff Beal – House of Cards Symphony
Auflösung/Transparenz
Viele verbinden audiophile Musikwiedergabe mit einem besonders fein aufgelösten Klang – also der Fähigkeit, selbst kleinste Details in der Musik hörbar zu machen: ein leises Atmen, das Streichen einer Saite oder das Klackern eines Pedals. Doch diese Feinauflösung lässt sich nicht einfach messen – sie entsteht durch eine Mischung aus guter Abstimmung, hochwertigen Materialien und cleverem Lautsprecherdesign. Manche Boxen setzen auf harte Membranen, andere auf feine Folientechnik. Und auch bei den Elektronik-Komponenten gibt es die unterschiedlichsten Philosophien, die bei fachgerechter Umsetzung zum Ziel führen. Wichtig ist, dass Stimmen und Instrumente plastisch und durchhörbar klingen, ohne hart oder überanalytisch zu wirken. Dann wird Musikhören zur Entdeckung – jedes Mal aufs Neue.
- Marek Janowski – Dvorak Stabat Mater
- Tsunoda Kenichi Big Band – Jumpin at the Woodside
- Envy of None – Under the stars
- Pure Reason Revolution – Lifeless Creature
Dynamik, Maximalpegel, Impulse
Wenn Musik plötzlich laut wird oder leise Stellen spannungsvoll Raum lassen, spricht man von „Dynamik“. Sie beschreibt den Unterschied zwischen leisesten und lautesten Tönen – technisch gemessen in Dezibel (dB). Gute Boxen oder Kopfhörer schaffen es, diesen Unterschied klar und ohne Verzerrung wiederzugeben. Wichtig ist dabei nicht nur, wie laut ein System werden kann, sondern auch, wie fein es kleine Lautstärkesprünge umsetzt – etwa bei einem gezupften Bass oder dem Anblasen eines Blasinstruments. Ist all das perfekt abgestimmt, sprechen Fachleute auch von gutem Timing – dann klingt Musik lebendig, impulsiv und einfach mitreißend.
- Yellowjackets & WDR Big Band – Dewey
- Azaleh – Mycelia
- Marcin – Kashmir
- Eva – Etincelle
- Haken – Because it´s there
- L´imperatrice – Dreaming of You
Bassqualität, Basstiefe
Bass umfasst die tiefsten hörbaren Töne – vom tiefen Grollen bei 20 Hz bis hinauf zum sogenannten Kickbass um 150 Hz. Er sorgt für Fundament, Groove und oft auch für Gänsehaut. Ob Subbass (sehr tief) oder Oberbass (spürbar und rhythmisch) – wie gut der Bass klingt, hängt stark vom Raum ab. Selbst im Konzert klingt der Bass je nach Sitzplatz unterschiedlich. Dazu kommt: Jeder hört ihn anders gern – trocken und präzise, weich und voll oder richtig druckvoll. Genau deshalb beurteilen wir bei STEREO GUIDE Basswiedergabe nicht nur nach Messwerten, sondern auch nach persönlichem Höreindruck – denn guter Bass ist Geschmackssache.
- Boris Blank – Vertigo Heroes 1
- Kraftwerk – The Man Machine (Catalogue 3-D version)
- Blank & Jones – not the end
- Wolfgang Haffner – Full Circle
- Malia – Wandrín´ Star
- Chiara – I wanna Love you
Räumlichkeit und Ortbarkeit
Gute Boxen können mehr als nur laut und klar spielen. Sie lassen Musik im Raum „stehen“. Man hört, wo Instrumente platziert sind, ob etwas von links, rechts oder weiter hinten kommt. Diese Räumlichkeit hängt stark vom Raum selbst ab, aber auch davon, wie präzise ein Lautsprecher arbeitet. Besonders hilfreich sind gut aufgenommene Stücke, die man kennt. So merkt man am besten, wie genau Klänge im Raum abgebildet werden. Ob ein System echte Bühne zaubern kann, zeigt sich also nicht durch Lautstärke, sondern durch Ortbarkeit und Tiefe im Klangbild.
- Antony Hermus – Concierto de Aranjuez (Rodrigo)
- Alexandre Kantorov – Sonate No. 1 Satz 4 (Brahms)
- Flora Purim – Newspaper Girl