Es gibt viele gute Gründe, in die Schweiz zu fahren. Doch für echte HiFi-Fans, denen es auf das Klangerlebnis ankommt und nicht auf das Anbeten von technischen Gerätschaften, kenne ich jetzt noch einen mehr. Und das liegt an einem spontanen Besuch auf dem sogenannten Klangschloss in Greifensee bei Zürich (hier geht es zur Homepage). Dort gibt es an einem Wochenende im April nicht nur jede Menge Hörräume mit audiophiler Vollausstattung.
Es gibt auch etwas besonders Rares – nämlich Live-Musik! Doch es kommt noch besser. Der von außen unscheinbare, direkt neben dem malerischen Schloss gelegene Konzertsaal hat eine richtig tolle Akustik. Doch jetzt kommt der eigentlich Clou: Die Konzerte wurden aufgezeichnet und zu bestimmten Zeiten in die einzelnen Vorführräume übertragen, um die ultimativen Vergleichsbedingungen zu schaffen. Für mich kann man diese Schweizer Spezialität in eine Reihe mit Erfindungen wie Offiziersmesser, Kräuterbonbons oder Wäsche aus Swiss Cotton stellen. Eigentlich wollte ich auf Schloss Greifensee nur meine Kollegen Lothar Brandt von der AUDIO und Daniel Schmid vom avguide.ch treffen. Doch dann konnte ich nicht anders, als überall mal reinzuhören und von dem Event zu berichten.
Der musikalische Reiz einer Reise in die Schweiz
Die Atmosphäre in dem, aus dem 16. Jahrhundert stammenden Schloss Greifensee war ausgesprochen entspannt und ich auch, nachdem ich mich als schneller deutscher Sportwagenpilot an die beschaulichen Verhältnisse auf den eidgenössischen Autobahnen gewöhnt hatte. So konnte ich die musikalische Reise voll und ganz genießen. Wenn man sich richtig in die Musik, die Konterte und Vorträge wie vom Kollegen Brandt vertiefen möchte, kann man spielend zwei Tage auf dem Schloss verbringen.
Ein Traum vom Raum


Sehr spannend fand ich die Produkte und Vorführungen der einheimischen Hersteller, zumal sich vor meinem sonntäglichen Rundgang am Vorabend in der Hotelbar ein interessantes Gespräch mit Erich Meier und Christof Faller ergeben hatte. Meier war nur mit einen kleinen Stand an der Kopfhörerbar vertreten, doch der hatte es in sich. Seine für ein kleines Geld angebotene Software Amoenus Axternus ermöglicht räumliche Klänge mit gewöhnlichen Kopfhörern. Das klappte innerhalb der physikalischen Grenzen ausgesprochen gut, weshalb wir bei STEREO GUIDE die als Plugin (AU, VST3) oder eigenständige App für Mac und PC angebotene Software demnächst einem Test unterziehen wollen.
Start in eine neue Dimension


Was sein ebenfalls um Raumklang, allerdings aus eigenen Aktiv-Lautsprechern bemühter Kollege Faller mit seinem Illusonic Audio Prozessor im 3-Kanal-Betrieb mit Center ablieferte war ebenfalls sehr überzeugend. Ganz besonders in einem düsteren Raum mit einem tiefen, illuminiertem Loch im Boden, das sich unter einer Glasplatte verbarg. So stellt man sich das vor, wenn jemand das Tor zu einer neuen Klang-Dimension aufsperren will.
That’s live

Auf dem Klangschloss-Event in Greifensee gab es wieder zahlreiche Live-Auftritte. Sie machen den Reiz dieser nicht allein auf Technik fokussierten HiFi-Show aus und werden nicht nur aufgezeichnet, sondern auch in alle Hörräume übertragen. Dazu musste das ganze Schloss verkabelt werden.
Vinyl gibt den Ton an

Die spanische Sängerin Anastasia Panagiotou präsentierte gut gelaunt die audiophilen Vinylproduktionen von Ralf Zünd von 2-Inch-Records, die auch die puristischen 2-Mikrofon-Aufnahmen in Greifensee mit ihren Jecklin-Scheiben einfingen.
Chefsache

Ebenfalls aus der Schweiz kommen die Produkte von Flavio Selmoni. Die 2-Wege-Lautsprecher-Säulen Selmoni Lumina vertrauen auf einen AMT mit einem, an die Abstrahlcharakteristik des von Scanspeak stammenden Tief-Mitteltöners angepasstem Waveguide. Der Konstrukteur führte seine Werke mit einer Electrocomaniet-Kette aus Norwegen vor.
Auf den Punkt gebracht

Daniela Manger, Tochter des Firmengründers präsentierte den Manger P1 mit dem neuen W06-Schallwandler und der neuesten Merason-Verstärker-Elektronik im Klangschloss 2025 gemeinsam mit derem Schöpfer Daniel Frauchiger.
National-Helden

Vintage Revox-Geräte durften bei dieser audiophilen Party natürlich auch nicht fehlen.
Röhre und staune

Der EMT JPA 66 MK3 ist ein besonderes Highlight. Im Klangschloss präsentierte ihn Harry Pawel von Pawel Acoustics, der den Röhren-Vorverstärker gemeinsam mit seinem Bruder Markus unter Mitwerkung von Jules Limon entwickelte und in der Schweizer Manufaktur fertigt.
Auf Achse

Ralf Zeiler vor seinen SP-01-Boxen mit einem Touch klassischer Tannoy- und Altec-Heritage-Lautsprecher aus den 60er-Jahren. Mit ihren Koaxial-Chassis und hohem Wirkungsgrad erzeugten die modernen Klassiker einen anspringenden, direkten Sound.
Feinste Klänge

Der Röhrenverstärker EJ – ET2-300B EML trieb die Blumenhofer Genuin FS3 MK II in Schloss Greifensee zur Höchstform an.
Flotter Schleier

Weil Dartzeel seine neue HD 12 als Hommage an die Genfer Swissonor-Lautsprecher lediglich bis auf das Finish fertig bekam, spielte der Vintage-Sound unter luftigen Schleiern gemeinsam mit dem TD 124 DD, der Reinkarnation des aus Rundfunk-Studios bekannten Thorens 124 von 1957.
Zeitreise

High End Audio Zimmermann aus Schaffhausen präsentierte die Röhren-Endstufe ET6-PA-KT88 (links) und den Röhren-Vollverstärker ET3-KT88 von Eternity-Jo vor einer historischen Kulisse.
Dämpfer bekommen

Stefan Odermatt von Crazy Rabbit präsentierte ebenso funktionelle wie schicke Absorber und Diffusoren, die der Schweizer Studio-Ausrüster für die Hörzimmer ambitionierter Audiophiler maßschneidert.
Brandtaktuelle Musikstunde

Lothar Brandt, in der Schweiz bekannt durch AUDIO Swiss, in seinem Element – beim Fachvortrag über Rock-Klassiker aus den 70er-Jahren.
Platten geholt

Abgerundet wurde das Klangschloss durch die große Schallplattenbörse der Analogue Audio Association Switzerland.