Im Hause Sennheiser hat sich die letzten Jahre hinter den Kulissen einiges getan. Der Consumer-Audio-Bereich mit HiFi-Kopfhörern wie dem von STEREO GUIDE getesteten Momentum True Wireless 3 wurde samt der Fabriken verkauft. Die Professional-Audio-Sparte mit den Mikrofonen bleibt am Standort Wedemark bei Hannover erhalten. Dort präsentierte Sennheiser Mobility einer kleinen Gruppe internationaler Fach-Journalisten auch gerade die ersten vierrädrigen Sennheiser-Sound-Systeme. Sie finden sich in einigen Autos von Cupra und Morgan. Doch die Besonderheit dahinter überrascht ebenso wie die Tatsache, dass die Auto-HiFi-Systeme nicht Consumer-Audio, sondern dem Profi-Bereich zugeordnet sind. Sennheiser liefert nicht die Hardware, sprich Lautsprecher oder Verstärker. Die Hannoveraner konzentrieren sich ganz auf die Software.
Das ist allerdings plausibel, wenn man bedenkt, dass auch die großen Marken von Burmester bis Bowers & Wilkins meist auf Lautsprecher-Chassis von Zulieferern zurückgreifen und sich auf die Abstimmung konzentrieren. Dafür hat beispielsweise Burmester in Berlin eigene Garagen mit allerlei Messequipment, um an geheimen Prototypen zu arbeiten. Harman hat in Garching bei München einen ganzen Garagenblock zur Arbeit an den Fahrzeugen von Audi und BMW. Was diese Abteilungen betrifft, gab es beim Besuch am Firmensitz in Wedemarrk bei Hannover nichts zu sehen. Dafür konnten wir uns ein Bild zur aufwendigen Produktion von Mikrofonen für Bühne, Rundfunk und TV machen.



Der Morgan stirbt nie – er wird immer lauter
Die Autos, an denen Sennheiser bei der Abstimmung der Anlage aktiv war sowie die Wagen, an denen Sennheiser neue Technologien ausprobiert, konnten wir in Ruhe unter Zeltdächern auf Probe hören. Das sagt eine Menge über das Car-Audio-Sound-System, aber leider nicht alles. Das wurde ganz schnell deutlich beim ersten Wagen, den ich mir anhörte: Ein Morgan Plus Four – ein klassisch anmutender zweisitziger Roadster mit dem aus der Nachkriegszeit stammenden Konzept und einem modernen 2-Liter-Vierzylinder-Turbo-Aggregat von BMW unter der zweiteiligen Haube.



Ein Bekannter besitzt einen in der korrekten Farbe British Racing Green und freut sich über das Fahrvergnügen. Doch weil er nicht happy mit der Anlage war, hatte ich mir das bisherige Sound-System einmal angehört. Das war wirklich nicht toll, auch schon, was die Art, Anzahl und Einbau-Positionen der einzelnen Lautsprecher betraf. Umso mehr interessierte es mich, was Sennheiser auf neuem Terrain aus dem, bis auf den Antriebsstrang mit hochmoderner ZF-8HP-Achtgang-Automatik, extrem puristischen Sportwägelchen aus England herauskitzeln konnte.
Das Ergebnis beeindruckte mich. Dabei kann ich wirklich nicht behaupten, dass ich noch keine besseren Anlagen im Auto gehört habe. Und auch die drei Cupras, die ich danach anhörte, spielten absolut auf einem höheren Level. Doch weshalb mich gerade das Sennheiser-Statement im Morgan Plus Four beeindruckte: Der nur knapp über einer Tonne leichte Wagen ist mit seiner mangelnden Dämmung und seiner auch nach gängigen Cabrio-Maßstäben sehr offenen Pilotenkanzel für HiFi-Musik-Wiedergabe etwa so gut geeignet wie ein Ferrari GTO für einen Familienausflug. Mein geschätzter Kollege von der Autoflotte hat auf deren Website übrigens einen treffenden Testbericht des Plus Four – allerdings damals noch ohne Sennheiser an Bord – geschrieben.
Vier gewinnt
Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis, fand ich das Ergebnis im Plus Four doch schon sehr beeindruckend. Erstens gelang es dem Sennheiser-System, eine breitbandige und ausgewogene Wiedergabe in den britischen Roadster zu bringen – mit einer vergleichsweise großen Bühne und immersivem Sound-Erlebnis. Sogar die Abbildung des Klanggeschehens vor den beiden Logenplätzen gelang relativ gut. Zweitens, und das dürften Roadster-Puristen fast noch mehr goutieren, blieb dabei der spartanische Look des Luxus-Spielzeugautos erhalten.
Das gelang den Sennheiser-Experten durch Verwendung von Excitern links und rechts im Armaturenbrett zur Unterstützung der beiden Breitbänder in den tief heruntergezogenen Türen. So sorgen insgesamt 8 Lautsprecher respektive Aktuatoren (sie stammen aus der Nachbarschaft von Continental und dienen zur Anregung der Cockpit-Verkleidungen und Sitze) für ein zünftiges Bad im Sound. Weil für einen Subwoofer in dem nach einem Jahrzehnte alten Konzept besonders eng geschnittenen Leichtbau-Karosserie kein Platz für einen Subwoofer blieb, griff Sennheiser zu einem Trick.

Der Bass basierte auf zwei Aktuatoren sowie zwei Tieftönern unter den beiden Sitzen. Der gefühlte Bass lag durch die Körperschall-Übertragung aufs Popometer, das in Sportwagen für das nötige Feingefühl in Kurven verantwortlich zeichnet und Otto-Normalverbraucher von Walter Röhrl unterscheidet, um einiges höher als das, was an tieffrequenten Luftschwingungen ans Ohr drang. Das war verbunden mit dem positiven Nebeneffekt, dass es außerhalb der Kabine nicht peinlich wummerte. Schließlich sorgt der Morgan selbst für genug Aufsehen.
Was den gefühlten Bass betraf, war sogar mehr als genug vorhanden. Mir war das eigentlich schon zu viel im Sinne einer Rücken- und Gesäß-Massage. Jetzt kommt das große Aber: Leider konnte ich den Morgan auch nur im Stand hören. Wer weiß, welches Spektakel solche prähistorischen Auto-Kreationen während der Fahrt veranstalten, kann allerdings ermessen, dass sich dann genau der gewünschte, wohldosierte Klang-Effekt einstellen dürfte.





Take your Seats, please
Doch kommen wir zu den Seats, sorry, Cupras, wie die sehr stylischen Produkte der spanischen Volkswagen-Tochter inzwischen über den Rallye-Sport hinaus heißen. Deren HiFi-Sound-Systeme nehmen sich neben der ebenso kreativen wie individuellen Lösung für den Morgan reichlich konventionell aus mit ihren Mitteltönern in den Türen und Hochton-Kalotten in den A-Säulen. Allerdings durfte sich hier Sennheiser softwareseitig auf den großen Zentral-Displays von Cupry Leon, Fermentor und Tavascan austoben. Look and Feel können überzeugen. Man kann intuitiv zum Beispiel den Grad der Immersion regeln und auch den Klang-Fokus entsprechend der Sitzbelegung beeinflussen.
Die Klangabstimmung folgt der schnittigen, frischen Linienführung der Cupras und passt besonders zu Pop und Hip-Hop, verträgt sich aber auch gut mit Rock-Musik. Bass gibt es entsprechend der jungen Zielgruppe üppig und auch der rundum in Klang einhüllende Surround-Effekt. Was den kräftigen, gerade im Tavascan sehr üppigen Bass betrifft, gilt das Gleiche wie für den Morgan: Im Stand, sprich ohne Abroll-, Wind- und Antriebs-Geräusche lässt sich der abschließende Klangeindruck nur schätzungsweise voraussagen. Erfahrungsgemäß leiden die Bässe während der Fahrt nämlich ganz besonders unter tieffrequenten Maskierungseffekten durch besagte Geräuschkulisse.

Apropos Geräuschkulisse: Auch hierzu gab es ein Versuchsfahrzeug auf Volvo-Basis, in dem durch simulierte Fahrgeräusche die Wirksamkeit einer auf Mikrofone gestützten Kommunikations-Technologie demonstriert wurde, mit der Sennheiser zukünftig Gespräche zwischen der Fahrzeug-Besatzung in der ersten und zweiten Sitzreihe verbessern will.
Cupra-auraler Sound
Ein besonderes Highlight war aber auf jeden Fall der elektrische Cupra Tavascan mit einem sehr futuristischen, die vorderen Insassen umhüllenden Cockpit-Design. Auf dem 15-Zoll-Zentralbildschirm bietet das Sennheiser-User-Interface eine umfassende Klang-Individualisierung mit Equalizer und feinfühlig dosierbarem Immersive-Effekt zum Eintauchen der Besatzung in Surround-Sound, der mit der Software AMBEO Concerto aus normalen 2-Kanal-Aufnahmen generiert und an die insgesamt 12 Lautsprecher verteilt wird. Der satte Bass dürfte den Geschmack der jungen Generation voll treffen.


Auch wenn es für konkrete Klangurteile nach diesem kurzen Preview im Stand noch viel zu früh ist, lässt sich soviel sagen: Mit Sennheiser kommt ein ernst zu nehmender neuer Player in den, von Ausnahmen wie Burmester (Mercedes, Porsche) und Canton (Skoda) von Harman und Bose beherrschten Markt für Car-HiFi-Systeme ab Werk.